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Nachricht vom 03.01.2022    

Wälder retten durch naturgemäße Waldwirtschaft

Von Helmi Tischler-Venter

Die Forderung nach naturgemäßer Waldwirtschaft ist nicht neu: Seit Jahren weisen Naturschutzorganisationen auf die Notwendigkeit hin, den ökologischen Wert von Wald über seinen ökonomischen Wert, das heißt Holzgewinnung zu stellen.

Weg von Monokulturen zum Mischwald. Symbolfoto: Wolfgang Tischler

Region/Mainz. Der BUND Rheinland-Pfalz nimmt den aktuellen Waldzustandsbericht 2021 zum Anlass, um seiner Sorge um unseren Wald noch einmal Ausdruck zu verleihen, denn den heimischen Wäldern geht es alles andere als gut. Der Anteil geschädigter Waldbäume ist trotz des regenreichen Wetters und der pflanzenfreundlichen Witterungsbedingungen in diesem Jahr stabil geblieben. Durch die letzten Trockenjahre ist der Wald offenbar langfristig geschädigt.

Da selbst bei der Buche erste Schäden durch den Klimawandel zu beobachten sind und sie an einigen Stellen sogar abstirbt, zeige deutlich, dass mehr Klimaschutz betrieben werden muss zum Schutz des Waldes. Die großen Fichtenschäden - 35.000 Hektar Fichtenwald sind allein 2021 abgestorben - machten deutlich, dass Fichten für Rheinland-Pfalz keine geeignete Baumart sind, schon gar nicht in Monokulturen. Sorge bereitet der BUND-Landesvorsitzenden Sabine Yacoub die weitere Entwicklung auf den ehemaligen Fichtenstandorten: „Vielerorts sind die abgestorbenen Fichten flächig geräumt worden. Der Boden liegt frei und kann im Sommer stark austrocknen und sich erhitzen. Das sind keine guten Bedingungen für Keimlinge oder junge Bäume.“

Weil jetzt Entscheidungen für die nächsten Jahrzehnte getroffen werden müssen, plädiert der BUND für die konsequente Umsetzung einer naturgemäßen Waldwirtschaft nach dem Dauerwaldprinzip, die auf das natürliche Potenzial der Standorte und Naturverjüngung und eine angepasste Jagd setzt. Das Anpflanzen nichtheimischer Baumarten sieht der Umweltverband kritisch und begrüßt, dass auch Landesforsten offenbar auf heimische Baumarten und naturgemäße Waldwirtschaft setzt. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass – auch durch die hohe Geschwindigkeit der Klimaveränderung – natürliche Anpassungsfähigkeiten überschritten werden und Wälder verloren gehen.“

Diese Forderungen decken sich mit denen, die die Naturschutzinitiative (NI) seit Jahren postuliert. Deren Vorsitzender Harry Neumann sieht seit Jahren in der trockenheitsbedingten Umgestaltung des Waldes die Chance, naturnahe Laubmischwälder zu erzeugen und auf Naturverjüngung unter Totholz zu vertrauen, anstatt große Flächen freizuräumen.

„Besonders bedeutsam ist die Entwicklung weg von Holzplantagen hin zu einer ökologischen Waldwirtschaft, in der strukturreiche und gestufte Wälder mit hohem Alt- und Biotopbaumanteil gefördert werden. Daneben sind dringend schonende Erntemethoden mit der vorwiegenden Nutzung von Einzelbäumen oder Baumgruppen (Femeln) anzustreben. Von diesen Wäldern ist anzunehmen, dass sie auch eine besonders hohe Leistungsfähigkeit für die CO₂-Bindung haben. Insgesamt muss auch global gehandelt werden, wobei der weltweite Raubbau an Wäldern gestoppt werden muss. Denn ohne dieses sind sämtliche Anstrengungen zur CO₂-Reduktion in Deutschland Makulatur.“



Kurz zusammengefasst werden von der NI folgende Schritte gefordert:
1. Schutz und Optimierung naturnaher Wälder
2. Keine Aufforstung mit Fremdbaumarten, Vorrang für die natürliche Sukzession
3. Schutz des natürlichen Wald-Innenklimas, der Böden und der Wasserretention im Wald
4. Keine Windkraft im Wald
5. Wald als großflächiges Ökosystem für alle Wildtiere schützen

Genau wie der bekannte Förster Peter Wohlleben reden die Naturschützer der NI von „Plantagen“. Wohlleben formuliert in seiner Vita seine Vorstellung vom Waldbau: „Schon bald musste ich feststellen, dass die klassische Forstwirtschaft unsere Wälder nicht schützt, sondern ausbeutet. Das hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Gemeinsam mit den Waldbesitzern begann die Suche nach neuen, sanften Wegen. Auf Exkursionen im In- und Ausland lernte ich, dass es durchaus einige wenige Forstbetriebe gibt, die Ökologie und Ökonomie in Einklang bringen.“

Wie der BUND und die NI beklagt der NABU: „Die Forderungen des NABU und der anderen Umweltverbände hin zu einer ökologischen Waldwende wurden nur am Rande gehört. Es dominierte die Forstpartie und der Fokus lag auf den sogenannten Schadflächen. Diese machen immerhin 180.000 Hektar aus, das sind aber nur anderthalb Prozent der Gesamtwaldfläche – und damit nur ein Teil des Problems.“

Zu den Verbänden, die den Fokus nicht primär auf den wirtschaftlichen Nutzen legen, gehört in Deutschland die bereits 1950 gegründete „Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft e.V“ (ANW), die sich dem Ziel verpflichtet hat, Forstwirtschaft ökologisch und gleichzeitig ökonomisch zu optimieren: „Wir sind ein Zusammenschluss von Waldbesitzern, Forstleuten, Wissenschaftlern und Waldinteressierten. Schon seit 1950 verfolgen wir das Ziel, verantwortungsvoll mit unserem nicht vermehrbaren Produktionskapital Boden und seiner sich darauf entwickelnden Lebensgemeinschaft umzugehen.

Wir wollen nachhaltig mit seinem Produkt "Wald" Geld verdienen, im Einklang mit der ökologischen Wertigkeit und andere wichtige gesellschaftliche Ansprüche wie sauberes Trinkwasser oder gesundheitsfördernden Erholungsraum befriedigen.“

Zwei wichtige Aspekte bestimmen das Denken und Handeln der ANW-Mitglieder:
1. Arbeiten und lernen vorwiegend in der waldbaulichen/forstlichen Praxis, schauen also auch die Hilfe der Wissenschaft für flexibles Reagieren in Anspruch nehmen.
2. Bewährtes bewahren und vorsichtig mit viel Stetigkeit weiterentwickeln.

Da dieser Spagat zwischen Ökonomie und Ökologie offenbar machbar ist, könnte das Modell Vorbild sein für die Forstwirtschaft in unserer Region, damit es am Ende nicht nur Verlierer gibt. (htv)


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