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Nachricht vom 01.02.2022    

Busse im ÖPNV: Minus in Höhe von fast zehn Millionen Euro für 2022 vorausberechnet

Der Öffentliche Personennahverkehr auf Straße und Schiene ist seit Jahren ein Thema, an dem sich die Geister scheiden. Die Kritik ist allgegenwärtig, die Auslastung teils miserabel. Wenn Mädchen und Jungen ihn nicht zu den Schulen oder wieder Richtung Heimat nutzen würden, wäre er womöglich schon längst "auf dem flachen Land" abgeschafft.

Die Westerwaldbus GmbH fährt momentan drei Linienbündel im Kreis Altenkirchen. (Foto: Westerwaldbus)

Altenkirchen. Da staunten die Mitglieder des Ausschusses für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur in der Sitzung des Gremiums am späten Montagnachmittag (31. Januar) nicht schlecht. Der Deckungsgrad, der die Kosten für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) - in diesem Fall die Busverkehre mit dem Aufgabenträger Landkreis Altenkirchen - in Relation zu Zuschüssen und Einnahmen, die beiden Säulen der Finanzierung, stellt, ist weiterhin auf absteigendem Ast. Waren es im Jahr 2017 noch 81,70 Prozent, so beträgt die Prognose für 2022 nur noch 64,52 Prozent. Die Folge: Der Kreis ist verpflichtet, die Differenz auszugleichen. Im Jahr 2017 sprang er mit 1,698 Millionen Euro in die Bresche, fürs laufende Jahr werden 9,828 Millionen Euro erwartet. Hintergrund ist natürlich auch ein massiver Fahrgasteinbruch als Folge der Corona-Pandemie. Davon habe sich der Linienverkehr mit Bussen und Bahnen noch nicht erholt, hieß es in der Zusammenkunft, "wann das Niveau des Vorkrisenjahres 2019 wieder erreicht sein wird, ist auf längere Sicht nicht abzusehen." Der Anstieg komme nicht überraschend, da durch die Einführung der Linienbündel ein deutlich verbessertes Fahrangebot außerhalb der Schülerverkehre geschaffen worden sei. Aufgabenträger für das Geschehen auf der Schiene ist demgegenüber der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord.

Gespräche auf allen Ebenen
Peter Deipenbrock, Abteilungsleiter Ordnung und Verkehr der Kreisverwaltung, berichtete, dass nach dem Inkrafttreten des neuen Nahverkehrsgesetzes in Rheinland-Pfalz zu Beginn des zurückliegenden Jahres auf "allen Ebenen des Verkehrsverbundes Rhein-Mosel und des Ministeriums" diskutiert und auf eine "auskömmliche Förderung des ÖPNV" gedrängt worden sei, denn "die Landkreise schießen immer mehr dazu". Um Kosten zu senken, müssten womöglich Linien eingestellt werden, wenn der Deckungsgrad weiterhin sinke. Albert Hüsch (CDU) vertrat die Auffassung, dass die Kosten nicht immer weiter auf die Landkreise abgewälzt werden dürften. Erster Kreisbeigeordneter Tobias Gerhardus versprach, bis Anfang März die nächste Auswertung der Fahrgastzahlen vorzulegen. Er betonte, dass der Aufgabenträger natürlich auf die Entwicklung der Kosten achte und sich stetig die Fragen nach Einsparungen bei allen Linienbündel und nach der Gestaltung des ÖPNV auf dem Land stelle. Jan Hellinghausen (SPD) erwähnte als Alternative die zum Beispiel aus Nordrhein-Westfalen bekannten "Luftlinientarife" (direkte Entfernung zwischen zwei Fahrtzielen), die den ÖPNV auf der Straße kostentechnisch gesehen günstiger machen könnten. Deipenbrock entgegnete, dass "günstigere Tarife nicht unbedingt mehr Nutzer bedeuten". Udo Piske (FDP) regte an zu ermitteln, welchen Anteil nur die Schülerbeförderung an den Gesamtkosten habe.

Manchmal keinen Einfluss
Oliver Schrei, Geschäftsführer der kreiseigenen Westerwaldbus (Webu) GmbH, verdeutlichte, dass es "Kostenfaktoren gibt, auf die wir keinen Einfluss nehmen können". Bei allen Spardiskussionen müsse also genauer hingeschaut werden. Als Beispiel erwähnte er das Plus in Höhe von 28 Prozent bei den Lohnkosten für Busfahrer. Und natürlich stellt auch die Explosion der Preise auf dem Spritmarkt eine Komponente für den Anstieg dar, die sich nicht beeinflussen lässt. Dass der Schülerverkehr grundsätzlich den ÖPNV komplett finanziere, darauf wies Landrat Dr. Peter Enders noch einmal hin. Für ihn ist dieser ein Thema, das "uns noch Jahre beschäftigen wird".



Webu fährt drei Linienbündel
Seit dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember des vergangenen Jahres ist Westerwaldbus auch im Linienbündel Altenkirchen-Wissen mit elf Strecken unterwegs. Das Unternehmen übernahm die Aufgabe für zehn Jahre, nachdem der ursprüngliche Betreiber, die Firma Martin Becker (Altenkirchen), nach deren Antrag von der Bedienung entbunden worden und kein Angebot eines privaten Busunternehmens für die Nachfolge eingegangen war. Die Webu ist bereits seit 2018 Betreiber auf den Routen der Linienbündel Daaden-Gebhardshain und Betzdorf-Kirchen, wie Schrei darstellte. Zudem seien zehn Fahrer vom Altbetreiber übernommen worden. Zu den Linienbündel, die die Webu fährt, kommen im AK-Land noch weitere Betreiber, die auf anderen Abschnitten unterwegs sind. Allein in den beiden Linienbündeln im Oberkreis summieren sich die Fahrleistungen auf 2,5 Millionen Kilometer pro Jahr, von denen 70 Prozent auf die Webu entfallen und 30 Prozent an Unternehmen der Region weitergegeben wurden.

Nicht von jetzt auf gleich
Nicht von jetzt auf gleich wird die Webu auf E-Mobilität umsteigen, wie Gerhardus erläuterte und gab den Planungszeitraum mit "vier bis fünf Jahren" an. Allein die Investition in die Ladeinfrastruktur auf der Bindweide bei Steinebach, dem Sitz der Firma und "Heimat" von derzeit 29 Bussen, werde rund 1,4 Millionen Euro betragen. "In unserer Region vor dem Hintergrund der Topografie und den durchschnittlichen Temperaturen hätte ein Solobus der Webu eine Reichweite von rund 235 Kilometern", berichtete er und nannte 600.000 Euro als Anschaffungskosten für ein solches Gefährt. Gelenkvarianten seien wesentlich teurer. Zudem müsse ein Abstellplatz für die Fahrzeuge gebaut werden, der in Planung sei und rund 120.000 Euro koste. Bei den Betriebskosten ergebe sich eine Differenz von rund 200.000 Euro pro Jahr und pro Bus zugunsten der E-Variante. Fix ist bereits jetzt, dass Gebäudedächer auf der Bindweide Fotovoltaikanlagen erhalten sollen.

Richtlinien überarbeiten
"Es ist ein sehr komplexes Thema, das praktikable und rechtsichere Lösungen braucht", fasste Enders die anstehende Überarbeitung der Richtlinien zur Kinderkartenbeförderung zusammen, mit der die Zusammenkunft einstimmig die Verwaltung beauftragte und denen dann im Kreistag zugestimmt werden soll. Zuvor hatte Holger Telke, Sachbearbeiter Schülerbeförderung ÖPNV, über eine "Gemengelage" informiert, zu der besorgte Eltern, Vorgaben wie ein Sitzplatz für jedes Kind, die Aufsichtspflicht bei den Aufgabenträgern, Beaufsichtigungen im Bus oder das Verbot für Kita-Mitarbeiter, die Kinder zum Bus zu bringen oder sie von ihm abzuholen, gehörten. (vh)


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