Altenkirchen: Tibetfreunde erinnern mit Flaggentag an Volksaufstand und Unterdrückung
Es gibt so viele Dinge, die in Tibet nicht selbstverständlich sind. Zwölf Begriffe wie Demokratie, Pressefreiheit oder Meinung, auf weiße Leinwände geschrieben, verdeutlichten in der Altenkirchener Fußgängerzone und vor dem Kreishaus die Situation im Land im Himalaya.
Altenkirchen. Längst bestimmen andere Schlagzeilen die Nachrichten aus der weiten Welt: der Krieg in der Ukraine, das Atomprogramm im Iran oder die sich rund um den Globus ziehende Corona-Pandemie. Da ist kein Platz mehr für die Situation in Tibet, jenem Land im Himalaya, das seit mehreren Jahrzehnten von China okkupiert wird, das seinerseits die Bevölkerung systematisch unterdrückt und auch vor Folter nicht zurückschreckt. Rund 20 Sympathisanten der Tibetfreunde Westerwald, eines losen Zusammenschlusses ohne Vereinscharakter, haben am Donnerstagmorgen (10. März) in der Altenkirchener Innenstadt und am Kreishaus, wo die Flagge des malträtierten Landes gehisst wurde, auf die Situation aufmerksam gemacht. 12 Teilnehmer hatten sich Leinwände umgehängt, auf denen Begriffe wie Demokratie, Pressefreiheit oder Meinung geschrieben waren, die für eine Demokratie selbstverständlich, in Tibet jedoch aufgrund der völkerrechtlich rechtswidrig regierenden Chinesen tabu sind. Die Plakate hatte Sabine Bätzing-Lichtenthäler flugs beschriftet, der ehemalige Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hachenburg Peter Klöckner steuerte etwas mehr als einen Quadratmeter große Drahtgitter bei, mit denen das Volk der Tibeter als im Gefängnis einsitzend dargestellt wurde. Eine mehrere Meter lange Gebetsfahne und einige Flaggen rundeten die Ausrüstung ab. Dank des Wochenmarktes und der damit erhöhten Zahl Kaufwilliger ergab sich hin und wieder sogar ein Austausch über die Lage in der so weit entfernten Region Asiens.
Gegründet 2008
Seit 2008 machen sich die Tibetfreunde Westerwald für die Befreiung Tibets von der chinesischen Willkürherrschaft stark. Von Sabine Bätzing, damals noch Mitglied des Bundestages gegründet, dienten die Olympischen Sommerspiele in Peking im gleichen Jahr als Hintergrund für die „Geburt“. Es sollte ein Gegenpol gegen die heile Welt geschaffen werden, in der rund um die fünf Ringe niemand an die Menschenrechtsverletzungen in Tibet gedacht habe, erklärte Bätzing-Lichtenthäler, nunmehr schließe sich der Kreis, da die Winterspiele ebenfalls in Peking stattfanden. Inzwischen trifft sich die Gemeinschaft regelmäßig. Alle vier Wochen erfolgt ein Austausch - entweder übers weltweite Netz oder bei Präsenzmeetings (derzeit im Café Hehl in Altenkirchen). Darüber hinaus gibt es weitere sporadisch anberaumte Veranstaltungen wie Mahnwachen oder Filmvorführungen. Auch an Großdemonstrationen wie zum Beispiel in Frankfurt nahm die heimische Gruppe bereits teil. Während eines Spendenlaufs unter dem Motto „Fit für Tibet“ wurde Geld gesammelt. „Auf einen Autokorso haben wir diesmal auch aus Umweltschutzgründen verzichtet“, beschrieb Bätzing-Lichtenthäler das Abrücken vom eigentlichen Ablaufplan. In den beiden zurückliegenden Jahren konnte coronabedingt jeweils kein Zeichen gegen die Missstände gesetzt werden.
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Flagge Tibets gehisst
Den Abschluss der Gedankenauffrischung bildete - schon traditionell - das Hissen der Flagge Tibets vor dem Kreishaus. Landrat Dr. Peter Enders legte gemeinsam mit Bätzing-Lichtenthäler Hand an die Zugseile an, so dass die Fahne für wenige Stunden anstelle der sonst üblichen deutschen oder rheinland-pfälzischen die Szene vor dem Verwaltungssitz prägen konnte. Die aktuelle Politik gebe Anlass zur Sorge, meinte Enders, „in dieser Situation zeigen wir Flagge.“ Er selbst sei 2014 in Tibet gewesen, wobei bis einen Tag vor der Einreise nicht klar gewesen sei, ob das Land überhaupt betreten werden durfte, „zwei Tage später wurde wieder alles dicht gemacht.“ Was ihm sehr stark in Erinnerung geblieben sei, „war die massive Polizeipräsenz in der Hauptstadt Lhasa.“
Aufstand vor 63 Jahren
Der 10. März ist nicht ohne Grund als Flaggentag gewählt. Genau an diesem Datum vor nunmehr 63 Jahren (1959) wurde ein Volksaufstand von den chinesischen Besatzern blutig niedergeschlagen. Es gab rund 80.000 Tote, der Dalai Lama, das weltliche und geistliche Oberhaupt, floh unter Lebensgefahr und ist bis heute im Exil. Chinesische Truppen hatten das Land bereits im Jahr 1950 besetzt. Inzwischen leben mehr als 120.000 Tibeter im Exil. Der Konflikt besteht laut Web-Präsenz abipur.de vereinfacht darin, dass China möchte, dass Tibet eine Provinz des chinesischen Reichs wird. Jedoch will Tibet als ein autonomer Staat existieren und sich nicht von China unterdrücken lassen. Durch die Übermacht der Armee Chinas war Widerstand jedoch zwecklos und sinnlos. Im Laufe der Zeit gab es immer wieder Versuche von Tibet, wieder ein eigenständiger Staat zu werden. Jedoch waren meist die Aufstände nicht erfolgreich oder die Erfolge waren nicht von langer Dauer.
Konflikt reicht weit zurück
Tibet steht heute, so die Homepage abipur.de weiter, unter chinesischer Verwaltung, jedoch hat es das Bestreben nach einem eigenen Staat noch nicht aufgegeben. Es finden ständig Verhandlungen zwischen China und dem Dalai Lama und anderen Vertreter Tibets statt. Jedoch sind durch Maßnahmen Chinas, wie die Völkermischung (Chinesen werden in Tibet und Tibetaner werden in China angesiedelt), die Chancen Tibets auf einen eigenen Staat (bzw. die Unabhängigkeit) in weite Ferne gerückt. Inzwischen leben mehr Chinesen (sieben Millionen) in Tibet als Tibeter (sechs Millionen). Der Konflikt hat seine Ursprünge schon circa im siebten Jahrhundert. (vh)
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