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Nachricht vom 30.09.2022    

Altenkirchener Menschenrechtstage: Organisator bemängelt „geringe Resonanz“

Die ersten Altenkirchener Menschenrechtstage, eine Veranstaltungsserie über fünf Tage, sind Geschichte. Organisator Jürgen Binder zog im Gespräch mit dem AK-Kurier eine Bilanz und bemängelte die „geringe Resonanz“ trotz eines hohen Werbeaufwandes und trotz grundsätzlich freien Eintritts.

Immer häufiger werden weltweit die Menschenrechte mit Füßen getreten. (Foto: Pixabay)

Altenkirchen. Bei einem knappen Dutzend Veranstaltungen waren in Altenkirchen die Menschenrechte das zentrale Thema. Sie wurden aus verschiedenen Blickwinkeln an fünf Tagen betrachtet. Organisator Jürgen Binder, Kopf der Gruppe „w40.global“, die aus der Ehrenamtsinitiative „Ich bin dabei!“ der Mainzer Staatskanzlei hervorgegangen ist, zog ein durchwachsenes Fazit. Für ihn persönlich war ganz wichtig festzustellen, dass die Menschenrechte untrennbar mit den Menschenpflichten verbunden seien, wie er in einem bilanzierenden Gespräch mit dem AK-Kurier über die ersten Altenkirchener Menschenrechtstage betonte. Auch die Präsentation der einzelnen Artikel der Menschenrechte auf grünen Tafeln mit weißer Schrift an diversen Stellen in der Kreisstadt geht auf das Engagement von „w40.global“ zurück. Das Gespräch im Wortlaut:

Herr Binder, wie lautet das Fazit nach den Veranstaltungen?
Dass die ersten Altenkirchener Menschenrechtstage stattgefunden haben, ist für sich schon eine enorme Sache. Wir haben einen ungeheuren Werbeaufwand betrieben: Wir haben Tausende Broschüren in der Region mithilfe der Kinos verteilt, wir haben seit Mitte Juli Standbilder in allen Kinos gehabt und waren auf weiteren Plattformen präsent. Das Thema als solches war ungeheuer präsent in den zurückliegenden Monaten. Ich glaube, dass niemand davon nicht Kenntnis genommen hat. Das finde ich selbst schon beachtenswert. Meine persönliche Frucht der Sache ist, dass ich gelernt habe, dass es ohne Menschenpflichten keine Menschenrechte gibt. Die Menschenrechte haben gar keinen Inhalt ohne Menschenpflichten. Und das war mir gar nicht so richtig im Bewusstsein. Beides ist unlösbar miteinander verknüpft.

Was sind die Menschenpflichten?
Es gibt ein ,InterAction Council’ von 1983, das eine allgemeine Erklärung der Menschenpflichten herausgegeben hat. Die Gruppe wollte gerne zum 50. Jahrestag der Publikation der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, dass die UNO eine allgemeine Erklärung der Menschenpflichten veröffentlicht. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt war der Vorsitzende des Council, zu dem weitere, viele damals bekannte Politiker wie Staatspräsidenten oder Außenminister, Experten und Ethiker gehörten. Im Internet kann das nachgelesen werden. Die allgemeine Erklärung der Menschenpflichten umfasst 19 Artikel. Was ich festgestellt habe, ist, dass niemand davon weiß. Ich wusste das ebenfalls nicht. Gleichzeitig habe ich für mich gelernt, dass die Menschenrechte ohne die Menschenpflichten gar keinen Inhalt haben. Es ist natürlich ungemein angenehm, sich auf seine Menschenrechte zu berufen, aber es geht nicht ohne die Menschenpflichten. Was ein wirkliches Ergebnis der Vorbereitung und dieser Menschenrechtstage selbst ist, ist, dass es ohne Menschenpflichten nicht geht. Das ist für mich das ganz große Fazit. Und das ist ein großartiges Fazit, weil diese Verknüpfung nicht im Bewusstsein ist. Es haben alle Veranstaltungen stattgefunden. Es ist trotz meiner Krankheit nicht eine einzige ausgefallen. Einige Veranstaltungen waren ganz hervorragend. Schon die Auftaktveranstaltung in der Aula der August-Sander-Schule war großartig.

Wie war die Resonanz auf die Veranstaltungen?
Das ist interessant. Die Beteiligung war gering. Wenn ich mir überlege, was ich an Werbung gemacht habe, wenn ich überlege, wie wichtig dieses Thema ist, wenn ich überlege, wie dieses Thema über Wochen ausgebreitet wurde, dann ist es schon erstaunlich, dass die Resonanz im Verhältnis gering war. Ich nehme zum Beispiel die Abschlussveranstaltung „Lange Nacht der Menschenrechte“ im Spiegelzelt bei freiem Eintritt. Da waren 70 bis 80 Leute. Man sagte mir, dass der September vollgestopft mit Veranstaltungen anderer Art war. Wenn ich mir überlege, wie präsent dieses Thema Menschenrechte in der Öffentlichkeit war und es dann bei freiem Eintritt ins Spiegelzelt mit Catering ging, muss ich schon sagen, dass die Resonanz mich schon verwundert. Bei dem Auftritt von Sträter war das Spiegelzelt zum Beispiel ausverkauft.

Menschenrechte ist ein eher sperriges Thema …
Ja, das scheint so. Wenn man sich die Frage stellt, wo alles hinläuft, wenn man die Problematik sieht, in der wir gerade leben, dann sind die Menschenrechte das Thema schlechthin. Das bedeutet für mich, dass das Thema gar nicht richtig im Bewusstsein ist. Die geringe Resonanz zeigt, wie weit wir eigentlich von den wirklichen Problemen entfernt sind. Das ist auch ein Fazit, denn dieses zentrale Thema wurde von der Öffentlichkeit gar nicht angenommen. Wie weit sind wir eigentlich von dem entfernt, was wir eigentlich machen müssten? Das Thema Sträter ist wichtiger als das Thema ,Welche Menschenpflichten müssen wir unserem Planeten gegenüber erfüllen?‘. Das Thema Klima ist in der zurückliegenden Zeit wieder etwas deutlicher geworden neben all den Fragen der Energieproblematik. Wenn wir uns nicht mit dem Planeten und seinen Problemen beschäftigen, wird die Energiefrage auch uninteressant.



Wenn Sie entscheiden müssten, obwohl Sie bei allen Veranstaltungen nicht dabei sein konnten: Gibt es auch die zweiten Altenkirchener Menschenrechtstage?
Ob ich diese noch organisieren kann, da habe ich bei meinem Gesundheitszustand Zweifel.

Sind Sie denn null auf null aus der Veranstaltungsserie herausgekommen?
Es hat sich alles getragen. Die Finanzierung hat gestimmt. Es hat gepasst. Es ist alles bezahlt. Es sah zwischendurch mal so aus, dass ich ins Minus rutsche. Ich bin an diesem Punkt ein bisschen ein Künstler. Axel Karger vom Deutschen Gewerkschaftsbund hat mir signalisiert, dass wir die zweiten Altenkirchener Menschenrechtstage machen müssen. Ich habe diese Woche einfach terminlich angesetzt, weil ich Außenseiter war und nicht wusste, welche Veranstaltungen es sonst noch gab. In diesem September war offenbar ganz viel Sonstiges noch terminiert. Da habe ich mich nicht drum gekümmert. Wir hatten eine ganze Reihe von Partnern. Beim nächsten Mal würde man sicherlich genauer hinschauen, wohin man diese Veranstaltungen platziert. Ich hatte so überlegt: Sommerferien sind zu Ende, es gibt noch einen gewissen Vorlauf, das Wetter ist noch einigermaßen gut, und deswegen war diese Septemberwoche vom Zeitlichen gesehen eigentlich ideal. Zudem hatte ich keinen Veranstaltungsort für die „Lange Nacht der Menschenrechte“ und auch für das DGB-Programm. Und so bin an Helmut Nöllgen herangetreten und habe ihn gefragt, ob er das Spiegelzelt nicht zwei Tage länger stehen lassen könnte. Da die belgische Verleihfirma das Zelt zwei Tage länger stehen lassen musste, hatte ich diesen Veranstaltungsort sicher. Solche Sachen haben mich auch ermutigt, und ich hatte einen tollen Veranstaltungsort. Wenn im Hintergrund die Frage steht ,Sind Sie enttäuscht?‘, sage ich, Nein, überhaupt nicht. Denn das Entscheidende war, dass das Thema zweieinhalb Monate überall präsent war. Ich bin nicht unglücklich. Ich glaube, ich habe das Thema zumindest einmal intoniert. Was die Leute letztendlich mit dem Thema machen, ist deren Sache. In den Texten, die ich immer geschrieben habe, steht: Ohne inneren Wandel gibt es keinen äußeren Wandel! (vh)

Wen es interessiert ...
So lauten die ersten vier Artikel der Menschenpflichten:
Artikel 1: Jede Person, gleich welchen Geschlechts, welcher ethnischen Herkunft, welchen sozialen Status, welcher politischen Überzeugung, welcher Sprache, welchen Alters, welcher Nationalität oder Religion, hat die Pflicht, alle Menschen menschlich zu behandeln.
Artikel 2: Keine Person soll unmenschliches Verhalten, welcher Art auch immer, unterstützen, vielmehr haben alle Menschen die Pflicht, sich für die Würde und die Selbstachtung aller anderen Menschen einzusetzen.
Artikel 3: Keine Person, keine Gruppe oder Organisation, kein Staat, keine Armee oder Polizei steht jenseits von Gut und Böse; sie alle unterstehen moralischen Maßstäben. Jeder Mensch hat die Pflicht, unter allen Umständen Gutes zu fördern und Böses zu meiden.
Artikel 4: Alle Menschen, begabt mit Vernunft und Gewissen, müssen im Geist der Solidarität Verantwortung übernehmen gegenüber jeden und allen, Familien und Gemeinschaften, Rassen, Nationen und Religionen (Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu).



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