Finger weg vom "Holiday Bag" - Chemiecocktail ist gesundheitsschädlich
Die Kreisverwaltung des Westerwaldkreises warnt vor dem Verzehr von Süßigkeiten, die unter dem Begriff "Holiday Bag" verkauft werden. Die Lebensmittelkontrolleure fanden einen gesundheitsschädlichen Chemiecocktail in den Süßwaren, die in China hergestellt werden. Viele Inhaltsstoffe sind zwar nicht verboten, aber der Warnhinweis ist seit 2010 Pflicht - und er fehlt auf den untersuchten Proben. Insbesondere auf Märkten findet sich das bunte Naschwerk.
Westerwaldkreis/Montabaur. "Holiday Bag" (zu deutsch: Ferienbeutel) lautete die Bezeichnung für ein farbenfrohes Sammelsurium von Süßigkeiten aus chinesischer Produktion, das ein Lebensmittelkontrolleur der Kreisverwaltung des Westerwaldkreises kürzlich als Probe entnahm. Was die Laboranalyse jetzt zutage förderte, klingt aber eher nach Chemielabor als nach unbeschwertem Urlaub.
In Übereinstimmung mit dem klein gedruckten Zutatenverzeichnis fanden sich in den bunten Fruchtgummis, Schaumzuckerwaren und Dextrosebonbons neben Säuerungs- und Aromastoffen gleich vier künstliche Farbstoffe: E 104 (Chinolingelb) sowie die Azofarbstoffe E 110 (Gelborange), E 124 (Cochenillerot) und E 129 (Allurarot), die allesamt in der EU-Verordnung 1333/2008 gelistet sind.
Dies, so erklärt Edgar Deichmann, Leiter des Referates Lebensmittelsicherheit bei der Kreisverwaltung, bedeutet aber nicht, dass diese Substanzen zur Herstellung von Lebensmitteln verboten sind. Vielmehr müssten die Hersteller, sofern ihre Produkte die umstrittenen Farbstoffe enthalten, seit dem 20. Juli 2010 einen Warnhinweis mit folgendem Wortlaut auf die Verpackung drucken: "E …: Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen".
Die synthetischen Farbstoffe stehen nämlich nicht nur im Verdacht, Allergien auszulösen, sondern auch an der Entstehung des Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) beteiligt zu sein, auch als Zappelphilipp-Syndrom bezeichnet, an dem nach Untersuchungen der Universität Bielefeld drei bis zehn Prozent der Kinder in Deutschland leiden.
Deichmann kritisiert, dass die Stoffe, die für den Verbraucher keinerlei Nutzen haben und lediglich dazu dienen, die Lebensmittel bunt und somit gerade für Kinder attraktiv zu machen, nicht gänzlich verboten worden sind. Den Warnhinweis hält er im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes für unzureichend, zumal – wie im vorliegenden Fall – der Aufdruck manchmal unterbleibt.
Den Marktbetreiber, der das farbenfrohe Lebensmittel ohne die vorgeschriebene Kennzeichnung in den Verkehr gebracht hat, erwartet ein Bußgeldverfahren. Das Ganze – so Deichmann – bleibt aber unbefriedigend. Er verweist darauf, dass die Verwendung von Azofarbstoffen in Tierfutter bereits seit Jahren generell verboten ist.
Dass es auch in Lebensmitteln ohne die umstrittenen Färbemittel geht, haben deutsche Hersteller wie zum Beispiel Haribo bewiesen. Die Rezepturen wurden kurzerhand umgestellt, so dass kein Warnhinweis aufgedruckt werden muss.
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