Wissen: Videoüberwachung bei immer mehr gesamtgesellschaftlichen Problemen gefordert
Von Katharina Behner
Glaubt man den Statistiken, gibt es in Wissen keinen Grund für die Bevölkerung, sich unsicher zu fühlen. Doch gefühlt ist das manchmal anders. Zur Sicherheitslage tagte der Wissener Stadtrat und sprach sich für eine Videoüberwachung im Bereich der Kirche Kreuzerhöhung aus. Das Motiv für den Brandanschlag ist nach wie vor ungeklärt.
Wissen. Zur Sondersitzung traf sich der Wissener Stadtrat am Montag (27. Januar). Der Grund: Jüngste Geschehnisse mit kriminellem Hintergrund. Der Brand in der Kirche Kreuzerhöhung ließ wieder Fragen zur Sicherheitslage aufkommen und drängt zum Handeln. Einen Gesamt-Lagebericht zur Situation hatte Bürgermeister Berno Neuhoff im Vorfeld weiterer Beratungen gegeben.
Doch nicht nur der Bürgermeister gab sein Statement. Geladen waren neben Vertretern des OT (Haus der Offenen Tür) und der Polizei Betzdorf und Neuwied/Koblenz auch der Leiter des Wissener Ordnungsamtes.
Jugendliche als Gefährdung?
Leider werde Jugend oft als Gefährdung gesehen - die Erfahrung zeige, dass solche Straftaten wie der Brand in Wissen leider oft negativ auf die Jugend abstrahle. Das, obwohl der Täter nicht jugendlich war, berichtet Stefan Bönninghausen (OT). Bönninghausen und Jennifer Czambor (OT) zeichnen dennoch eine gewisse Perspektivlosigkeit in der Jugend, die durch Corona verstärkt wurde. Unrealistisch von Medien vorgelebte Vorstellungen, wenig Angebote im Rahmen finanzieller Möglichkeiten, fehlende Lebensinhalte, Verrohung und das Desinteresse an der Gesellschaft teilzunehmen, stelle sich bei der Jugend immer häufiger ein. Dabei suchen die jungen Menschen nicht selten Ablenkung bei Alkohol und Drogen, besonders in vorangegangenen Lockdown-Zeiten. Schlafprobleme und psychische Probleme gehen einher, schildert Czambor. Auch würden steigende Sprachbarrieren immer prägnanter. Das alles brauche Perspektiven. Im geschützten Raum der OT werde viel geleistet. Als Chance sieht die Leiterin der OT, dass "alle die, die da sind, freiwillig kommen". Doch tatsächlich sei der Bedarf an Jugendarbeit viel höher. Mit mehr Öffnungszeiten und Personal könne noch mehr geleistet werden.
Hohe Aufklärungsquote - Motiv zum Brandanschlag bleibt ungeklärt
Seitens Mattias Päselt, Leiter der Polizeidirektion Neuwied, der auch den Bereich Prävention im Polizeipräsidium Koblenz vertritt, liegen die Straftaten im Bereich Wissen vergleichsweise niedrig. Dagegen seien die Aufklärungsquoten sehr hoch. Es werde eine hervorragende Ermittlungsarbeit geleistet, so auch Markus Sander, Leiter der Kriminalinspektion Betzdorf. Im Hinblick auf den Brandanschlag Kreuzerhöhung habe nicht zuletzt die Videoüberwachung in der Kirche zur schnellen Aufklärung geführt. Das Motiv des 39-jährigen Straftäters sei allerdings nach wie vor nicht bekannt.
Auch Marco De Nichilo, Leiter des Wissener Ordnungsamtes bestätigt, dass die objektive Sicherheitslage in Wissen gut sei. Die Stärkung des Ordnungsamtes durch Bürgermeister Neuhoff sei einwandfrei. Hinzu komme eine gut funktionierende Sozialkontrolle in der Bevölkerung. Doch das Gefühl der Sicherheit müsse wieder gesteigert werden. Mario Sedello, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Betzdorf, sieht wie vorangegangene Redner eine gewisse eingetretene Verrohung in der Gesellschaft - einhergehend mit einem "Scheiß-egal-Gefühl". Leider sei das gesamtgesellschaftlich zu erkennen und damit nicht nur in Wissen zu beobachten.
Bündel an Maßnahmen beschlossen
Katrin Salveter (CDU) legte als Folge der auch bereits von Berno Neuhoff in seinem Statement genannten Aspekte dar, dass die Wissener Bevölkerung jetzt eine deutliche Reaktion und mehr Polizeipräsenz erwarte. Andreas Winters (CDU) gab zu bedenken, dass das Präsenzgefühl der Polizei nicht so hoch sei. Aus taktischen Gründen gab es hierzu seitens der Polizei keine Auskünfte. Die Abschaffung der nächtlichen Besetzung der Polizeiwache in Wissen wurde mit einer politischen Entscheidung begründet. Doch Präsenz und Schnelligkeit seien gegeben, wenngleich wie überall keine 100-prozentige Abdeckung sichergestellt werden könne.
Jürgen Linke (SPD) forderte die Wiederbelebung des Kriminalpräventiven Rates. Martin Walter (Grüne) sprach sich dafür aus, sich in den Entscheidungen nicht von Gefühlen leiten zu lassen und insbesondere die professionelle Unterstützung zu nutzen. Der Beigeordnete Wolf-Rüdiger Bieschke (FWG) regte an, die Augen aufzuhalten, nicht wegzublicken und anzusprechen. Der Ursprung von Jugendstraftaten liege vielmals in den Elternhäusern.
Nach hinreichendem Austausch wurde seitens des Stadtrates zur Steigerung der Sicherheit folgendes einstimmig beschlossen:
Es soll eine Prüfung von Standorten für eine Videoüberwachung im Stadtgebiet erfolgen. Konkret soll dies für eine Videoüberwachung für den städtischen Teil des Kirchplatzes und der Kirchtreppe erfolgen. Der Antrag hierfür ist bei der ADD Trier und dem Landesdatenschutzbeauftragten zu stellen.
Zudem werden "Runde Tische" seitens der Verwaltung mit externen Gruppen und Fachleuten zu folgenden Themen durchgeführt werden: Psychiatrie und Situation Jugend und Soziales. Der Migrationsbeirat soll ebenfalls hierbei einbezogen werden. Des Weiteren werden die Themen "Streetwork" und "Kriminalpräventiver Rat" im Haupt- und Finanzausschuss der Verbandsgemeinde Mitte März beraten.
Mit Polizei und Ordnungsamt sollen weitere Maßnahmen besprochen und festgelegt werden, wie die Sicherheit in Wissen noch verbessert werden kann.
"Wissen steht zusammen"
Am Samstag, 4. März, findet eine Kundgebung, organisiert vom Jahrmarktsgremium, statt. Treffpunkt: 13.30 Uhr am Regiobahnhof. Unter anderem wird Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil mit dabei sein. Es sei gut, dass die Menschen zu den aktuellen Themen auf die Straße gehen, so Bürgermeister Berno Neuhoff. Die Kundgebung steht unter dem Motto "Wissen steht zusammen". (KathaBe)
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