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Nachricht vom 10.05.2023    

Prozess: Mann soll seine Ex-Ehefrau mit Tretroller und Kofferraumdeckel verletzt haben

Von Wolfgang Rabsch

Ein geschiedenes Ehepaar, bei dem eine Alltagssituation eskaliert war, saß sich im Sitzungssaal des Amtsgerichts Altenkirchen direkt gegenüber. Die Beiden würdigten sich dabei keines Blickes.

Symbolfoto

Hamm. Bei dem Vorfall in der Verbandsgemeinde Hamm soll der Angeklagte seine Ex-Ehefrau bei einem Streit mit einem Kofferraumdeckel am Oberarm verletzt und zudem mit einem Aluminiumtretroller auf sie eingeschlagen haben. Die Frau, die als Zeugin geladen war, brach sich bei dem Sturz gegen einen Betonpfeiler zwei Rippen und hatte Hämatome an den Oberarmen. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hatte den Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung angeklagt. Nun kam es zur Hauptverhandlung, in der Licht vor dem Amtsgericht Altenkirchen, in den Tatablauf gebracht werden sollte. Die Sitzung wurde von Richterin Nadine Bonikowski geleitet.

Über seinen Verteidiger ließ der Angeklagte ausrichten, dass er die beiden ehelichen Kinder nach dem Wochenendbesuch damals wieder zurück zur Zeugin bringen wolle. Dabei kam es aus nichtigem Anlass zum Streit, der eskalierte. Das würde heute nicht mehr passieren, weil die Stimmung sich etwas gebessert habe und die Besuchsregelung der Kinder reibungslos vonstattengehe.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft signalisierte nach dieser Erklärung seine Zustimmung, das Verfahren eventuell einzustellen, mit der Auflage, dass der Angeklagte zur Schadenswiedergutmachung einen Betrag von 500 Euro an die geschädigte Frau zahle. Die Vorsitzende konnte diesem Vorschlag auch etwas abgewinnen, zumal dadurch der Streit endgültig beigelegt werden könne und das Verfahren nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen würde. Nach einer kurzen Besprechungspause erklärte der Anwalt des Angeklagten, dass der Angeklagte bereit sei, einen Betrag an eine gemeinnützige Institution zu zahlen, aber keinen Cent an seine Ex.

Nunmehr wurde in die Beweisaufnahme eingetreten und der Verteidiger gab eine Erklärung zu Protokoll: Die dem Mandanten gemachten Vorwürfe träfen so nicht zu. Er habe die Frau mit dem Kofferraumdeckel nicht verletzt, jedoch sei es wegen eines Tretrollers, den die Zeugin aus dem Auto des Angeklagten holen wollte, zu einem Gerangel gekommen, bei dem beide an dem Tretroller zogen. Die Zeugin habe den Tretroller losgelassen und sei dadurch rückwärts gegen einen Betonpfeiler gestürzt. Dabei habe er die Zeugin als "Schlampe" bezeichnet und sei dann weggefahren.

Zwei Polizeibeamte, die erst am Ort des Geschehens eintrafen, als die Geschädigte bereits im Rettungswagen lag und wegen großer Schmerzen nicht befragt werden konnte, sagten ebenfalls aus.

Riesenzoff aus nichtigem Anlass
Die Ex-Ehefrau des Angeklagten schilderte den Sachverhalt ganz anders: "Ich hatte meine kleine Tochter auf dem Arm, als ich aus dem Kofferraum des Autos meines Ex-Ehemannes eine Luftpumpe holen wollte, die mir gehörte. Beim Griff in den Kofferraum schlug mein Ex-Mann mir zwei- oder dreimal mit dem Kofferraumdeckel auf den Arm. Dann hatte er plötzlich den Tretroller in der Hand und ging damit auf mich los und schlug auf mich ein. Um mich zu schützen, bekam ich den Tretroller auch zu fassen und zog daran. Ich kam dann irgendwie zu Fall und prallte mit dem Rücken gegen einen Betonpfeiler, dabei brach ich mir zwei Rippen. Mein Ex setzte sich dann ins Auto und rief mir beim Losfahren zu: "Beim nächsten Mal schlage ich dich tot!". Vom Rettungsdienst wurde ich ins Krankenhaus gebracht, wo die Verletzungen an Rücken und Oberarm attestiert wurden. Wegen posttraumatischer Belastungsstörungen war ich sechs Monate in Behandlung bei der Diakonie, mein Sohn, der alles live miterlebt hatte, wurde längere Zeit beim Kinderbund betreut".



Die Zeugin beteuerte, dass sie mit dem heutigen Tag das Geschehen endgültig zu den Akten legen wolle, zumal das Verhältnis s zu ihrem Ex sich entspannt habe.

Von der Vernehmung des Sohnes der Angeklagten fertigte die Polizei eine Videoaufzeichnung, die von den Prozessbeteiligten auf einem Monitor angesehen wurde. Da der Verteidiger eine ordnungsgemäße Belehrung des Achtjährigen nicht feststellen konnte, stand die Vernehmung des Jungen vor Gericht im Raum.

Daraufhin unternahm die Vorsitzende einen letzten Versuch, das Verfahren ohne Urteil zu beenden, da praktisch Aussage gegen Aussage stände und es unvertretbar wäre, den Achtjährigen gegen seinen eigenen Vater aussagen zu lassen.

Nach nochmaliger Beratung mit seinem Verteidiger gab sich der Angeklagte einen Ruck und stimmte nunmehr doch einer Einstellung des Verfahrens zu. Als Auflage würde er auch die Zahlung eines Geldbetrages an seine Ex-Ehefrau akzeptieren.

Im Grunde genommen fiel allen Prozessbeteiligten ein Stein vom Herzen, als die Vorsitzende den Einstellungsbeschluss verkündete, um die Sache endgültig zu befrieden: Das Verfahren wird mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gemäß Paragraf 153a Strafprozessordnung vorläufig auf die Dauer von drei Monaten eingestellt. Der Angeklagte hat in dieser Frist 750 Euro als Schadenswiedergutmachung an die geschädigte Zeugin zu zahlen. Der Einstellungsbeschluss erfolgt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht auf eventuelle zivilprozessuale Ansprüche. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten. (Wolfgang Rabsch)


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