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Nachricht vom 15.12.2023    

Klinikreform: Das sind die Unterschiede zwischen „1n-“ und „1i-Hospitälern“

Das Unverständnis regiert in einem fort, das Unverständnis darüber, in welchem Ausmaß das DRK-Krankenhaus in Altenkirchen degradiert werden soll. Am Ende des Prozesses soll, so die DRK-Trägergesellschaft Süd-West als übergeordnete Instanz des Trägers, der in die Insolvenz abgerutschten DRK gemeinnützige Krankenhausgesellschaft mbH Rheinland-Pfalz, ein „Level-1i“-Hospital entstehen.

Das Altenkirchener Krankenhaus soll in eine „Level-1i“-Klinik umgewandelt werden. (Foto: Archiv vh)

Altenkirchen. Sie schütteln nach wie vor nur jeweils den Kopf, wenn sie sich die Situation vor Augen führen und sich vorstellen, was aus dem DRK-Krankenhaus Altenkirchen nach vollzogenen Umstrukturierungen geworden sein wird. „Es wird ein Zwischending zwischen Krankenhaus und Altenheim“, betonen unisono die beiden Spitzen des Betriebsrates der Altenkirchener Klinik, Vorsitzender Andrei Badiu und dessen neue Stellvertreterin Dr. Isabella Jung-Schwandt, die Anke Wengenroth-Wasem ablöste. Sie sprechen mit Blick auf die Zukunft von einem „pflegerisch geführten Haus, das keine Grundversorgung für die Bevölkerung bietet“. Der neue Ansatz widerspreche zudem der zeitlichen Vorgabe von 30 Minuten für eine Notfallversorgung. Darüber hinaus existiere dann kein erreichbares und zertifiziertes Traumazentrum mehr, so eins, wie es in Altenkirchen derzeit noch vorgehalten werde. „Mindestens einmal pro Woche haben wir es mit einem potenziell lebensbedrohlichen Fall zu tun“, berichtet Anästhesistin Jung-Schwandt aus dem Klinikalltag und beruft sich, gleichlautend mit Badiu, auf die „Dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung: Für die Einführung der Reform ist eine Konvergenzphase von fünf Jahren zum Erreichen eines Zielzustands vorzusehen, ausgehend vom Status quo im ersten Jahr, um Systeminstabilitäten zu vermeiden“.

Umsetzung auf Januar verschoben
„Inzwischen wurde hier die Umsetzung des von der Beraterfirma WMC entwickelten Konzeptes von Dezember auf Januar verschoben, dennoch sind die Mitarbeiter zermürbt“, sagt Jung-Schwandt. Und Badiu ergänzt: „Zurzeit sprechen wir auch über einen hohen Krankenstand.“ Verstärkt machten sich in diesen Tagen Corona-Erkrankungen bemerkbar. Mittlerweile habe der Betriebsrat Kenntnis von „um die zehn Kündigungen“. Viele Kollegen hätten sich bereits nach Alternativen umgeschaut. Die aktuelle Belegung beziffert Badiu für die 112 somatischen Betten mit zwischen „60 und 70 Prozent“. Pro Tag könnten aktuell zwei bis zweieinhalb OP-Säle (von den vier vorhandenen) mit Patienten belegt werden. Nach wie vor sind laut des Duos „sehr viele Fragen ungeklärt“, nach wie vor vermisse der Betriebsrat „Unterlagen“ von Seiten des DRK, das „das voll durchgezogen hat“. Jung-Schwandt mahnt beispielsweise die Beantwortung der Fragen nach der künftigen Mitarbeiter- und der Bettenzahl als auch die Klärung der späteren Nutzung der OP-Säle an. Wenigstens habe sich Christian Eckert als WMC-Geschäftsführer inzwischen im Hospital umgeschaut. Informationen, die dem Betriebsrat vorliegen, untermauern die Vermutung Jung-Schwandts und Badius, dass die Umstrukturierung von „langer Hand“ vorbereitet worden sei. Schon im Sommer sei ihnen zu Ohren gekommen, dass es in Hachenburg einen Neubau für einen weiteren OP-Saal (zurzeit sind zwei vorhanden) geben solle. „Es macht mich extrem traurig, dass politische Interessen durchgesetzt werden sollen“, resümiert Jung-Schwandt und betont in aller Deutlichkeit, dass „wir ein ,Level-1n’-Haus, also eines mit Notfallversorgung, hier in Altenkirchen ja schon haben.“ Diese Aussage adressiert sie auch Richtung Mainz und Gesundheitsminister Clemens Hoch und hofft, dass sich „Hoch über die Notfallversorgung äußern muss“. Gesundheitsversorgung sei schließlich Landessache. Jung-Schwandt nimmt Bezug auf die „Dritte Stellungnahme“: „Die Länder stellen Krankenhauspläne auf, um die genannten Ziele (,wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine qualitativ hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen’) zu verwirklichen.“

Das sind die drei Stufen
So definieren sich die drei Stufen der Hospitaluntergliederung nach den Vorstellungen der "Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung" - „Level 3“: Das sind die riesigen High-Tech-Unikliniken; „Level 2“: Auf den Intensivstationen sind jeweils zehn High- und zehn Low-Care-Betten vorgeschrieben. Diese unterscheiden sich beim Personalaufwand und vor allem bei der technischen Ausstattung. Zudem sind drei internistische, chefarztgeführte Abteilungen vorgeschrieben wie auch eine Notaufnahme der Stufe 2, was mit immensen Anforderungen verbunden ist. Es muss eine Aufnahmestation nachgewiesen werden, brauchen Ärzte und Pfleger das vorgeschriebene Ausbildungsniveau, muss es einen umfangreichen, fachärztlich bestückten Hintergrunddienst geben. Nicht verhandelbar ist auch eine zertifizierte Stroke-Unit für Schlaganfallpatienten; „Level 1n“ (laut „Dritte Stellungnahme ...“): Basisbehandlung Innere Medizin und Chirurgie und nach lokalem Umfeld weitere Fachgruppen mit Sicherstellung der Basis-Notfallversorgung. Eine fachärztliche Versorgung muss rund um die Uhr das ganze Jahr über nachgewiesen werden. Weitere Abteilungen sind nach dem Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, nicht zulässig und werden deswegen auch nicht finanziert; „Level 1i“ (laut „Dritte Stellungnahme ...“): In der öffentlichen Debatte übernimmt laut „Münchner Merkur“ das „Level 1i“ die Rolle des „hässlichen Entleins“. Das liegt daran, dass sich viele die Frage stellen, ob ein Haus ohne Notaufnahme, ohne Chirurgie und ohne Ärzte, die rund um die Uhr da sind, überhaupt noch ein Krankenhaus ist. Schwerpunkt sind ambulante medizinische Leistungen, weitere Fachdisziplinen möglich. Zwingend vorgeschrieben sind Akutpflegebetten für regionale Grundversorgung ohne Fachabteilungszuordnung, eine sektorübergreifende Integration mit niedergelassenen Ärzten ist erwünscht, keine Notaufnahme und keine Intensivmedizin.



Unterscheidung zwischen „1i“ und „1n“
So definiert die „Dritte Stellungnahme …“ die Mindestvoraussetzungen für die beiden „Level-1“-Varianten – „1i“: Akutpflegebetten ohne feste Fachabteilungszuordnung mit der Möglichkeit zur Einbeziehung der Angehörigenpflege. Leitung durch entsprechend qualifizierte Pflegefachpersonen. Innere Medizin und/oder Chirurgie, daneben je nach lokalem Umfeld allgemeine fachärztliche Versorgung und Allgemeinmedizin möglich. Mindestvoraussetzung: Labor, Ultraschall, Röntgen. Tagdienst: ärztliche Anwesenheit, Nacht- und Wochenenddienst: fachärztlicher Rufdienst. Sozialdienst. Vergütung erfolgt im Gegensatz zu den nachfolgenden Leveln durch sachgerecht kalkulierte, degressive Tagespauschalen (Tagessätze) für die Akutpflege. Abrechnung der ärztlichen Leistungen nach einheitlichem Bewertungsmaßstab für Ärzte mit KV-Zulassung und um ärztlichen Anteil erhöhte Tagespauschale für fest am Krankenhaus angestellte Ärzte mit Budgetdeckelung. Damit erhalten „Level-1i“-Kliniken keine Vorhaltung und auch kein Pflegebudget. Beides wird durch die Tagespauschalen ersetzt, innerhalb derer ein erheblicher Teil auf die Pflegekosten entfällt; „1n“: Leistungsgruppen Basisbehandlung Innere Medizin und Basisbehandlung Chirurgie mit Facharzt-Standard 24/7 für die jeweilige Leistungsgruppe. Vorhaltung stationärer Betten, LG Basisbehandlung Intensivmedizin (mit mindestens sechs täglich betreibbaren Intensivbetten), Notaufnahme mit LG Basishandlung Notfallmedizin, telemedizinische Verknüpfung mit Kliniken der Stufe II oder III oder Fachkliniken in der jeweiligen Leistungsgruppe (mit telemedizinischer Entscheidungsfindung), CT, Labor, feste Kooperation mit übergeordneten Klinken (auch im Hinblick auf Austausch ärztlichen Personals), Hubschrauberlandeplatz falls Distanz zur nächsten „Level-3“-Klinik mehr als 30 Kilometer. Sozialdienst. (vh)


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