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Nachricht vom 06.03.2024    

Flammersfelder Luftfahrtexperte Heermann: MH370-Rätsel nach Entführung für Suizid?

"Warum sie oben bleiben" lautet der Titel seines Standardwerks, das eine allgemeinverständliche Beschreibung der Fliegerei zum Inhalt hat. Warum sie nicht oben bleibt, also auch nicht am Ziel ankommt, ist für den Flammersfelder Luftfahrtexperten Jürgen Heermann, wie für viele andere auch, ein Rätsel. Das Verschwinden von Malaysia-Airlines-Flug (MH) 370 jährt sich am 8. März zum zehnten Mal.

Jürgen Heermann hat seine eigene Theorie vom Verschwinden des Fluges MH370. (Foto: vh)

Flammersfeld. „Good Night Malaysian 370“ sind die letzten Worte aus dem Cockpit des Fluges, der am 8. März 2014 in Kuala Lumpur kurz nach Tageswechsel (Ortszeit) startet und nie an seinem Ziel in Peking ankommt. Seit 1:19:30 Uhr in jener Nacht herrscht fortan Funkstille. Es baut sich in den folgenden Tagen und Monaten eines der größten (wenn nicht sogar das größte) Rätsel der Luftfahrtgeschichte auf. Das Schicksal von „MH370“ ist bis heute ungeklärt. Über viele Jahre hinweg werden Erklärungen für den inzwischen bestätigten Tod von 239 Menschen, die an Bord sind, gesucht, beschäftigen sich viele Theorien mit dem Verbleib dieser Boeing 777-200, der „Triple Seven“. Fest steht, dass die Maschine beim Übergang von der malaysischen zur vietnamesischen Luftraumüberwachung - von wessen Hand auch immer eingeleitet - ihre Flugrichtung ändert. Transponder werden ausgeschaltet. MH370 wird zum Geisterflug, der, als der Treibstoff für weitere rund sieben Stunden aufgebraucht ist, offenbar irgendwo im südlichen Indischen Ozean und irgendwo vor der Westküste von Australien in welcher Art und Weise auch immer niedergeht. Umfangreiche Suchaktionen bleiben erfolglos, hin und wieder werden an entfernten Küsten Trümmerteile angespült, die eindeutig der Maschine mit der Kennung 9M-MRO zugeordnet werden können. Was an Bord geschehen ist, wird bislang nur vermutet. Ob Sabotage, Entführung, Defekt oder Selbstmord eines Mitgliedes der Kanzelcrew den Flieger ins Unglück stürzt, vermag niemand zu sagen. Die Erklärungsversuche schießen bis heute ins Kraut. „Es ist kein Defekt gewesen. Das passt nicht“, ist sich Jürgen Heermann absolut sicher. Der Flammersfelder, jahrzehntelang Flugingenieur auf verschiedenen Mustern der Lufthansa wie B727, B707, DC-8, DC-10 als auch B747, somit Experte der gesamten Materie „Luftfahrt“ und dazu noch Autor des in hoher Auflage verkauften Sachbuchs „Warum sie oben bleiben“, vermutet, dass es sich um den Beginn einer Selbstmordattacke – aber nicht von einem der beiden Piloten initiiert – gehandelt haben könnte.

Wenn an einem Rädchen gedreht werden muss
Dafür spreche, so Heermann, eben jener Zeitpunkt, als die Kommunikation an jener „Grenze“ zwangsläufig unterbrochen werden müsse, da eine neue Funkfrequenz einzustellen sei. „Man dreht an einem Rädchen diese ein, die von Vietnam eben“, startet Heermann seine Argumentation. Dieser Zeitraum des Wechsels könne 30 bis 60 Sekunden dauern. Und in dieser Spanne müsse ein Ereignis eingetreten sein, dass den Dialog zwischen Luftraumüberwachung und Jet unmöglich gemacht habe. „Zu jedem Cockpit gehört ein Raum, in dem die ganzen elektronischen Geräte untergebracht sind. In jedem Cockpit sind aus Platzgründen nur die Anzeigeinstrumente und Schalter“, fährt er fort, „bei der Boeing 777 gibt es einen Zugang vom Unterflurbereich direkt ins Cockpit, der mit einem Deckel versehen ist. Und jetzt rein von der Fantasie her: Da ist einer mit Kenntnis des Bereichs mitgeflogen. Denn es ist auch möglich, durch eine Klappe vom Airport-Boden aus diesen Raum zu erreichen.“ Ein blinder Passagier, der nachts vor dem Start dort hinein eingedrungen sei, könne per Kopfhörer genau mithören, was im Cockpit gesprochen werde. Er hätte warten können, bis sich die Piloten von Kuala Lumpur verabschieden und dann den Deckel aufgestoßen können. In einem weiteren Schritt hätte er die beiden Flugzeugführer kampfunfähig gemacht und die Maschine übernommen. „Zugegeben“, so Heermann, „ist das alles ziemlich dünn.“

Umprogrammieren des Autopiloten
Sollte dieser Denkansatz zutreffen, müsse der Luftpirat sehr gute Kenntnisse über das Handling einer Boeing 777 gehabt haben. „Wenn das Flugzeug im Reiseflug ist, können solche Fähigkeiten hilfreich sein“, vertieft Heermann seine Überlegung. Das Umprogrammieren des Autopiloten sei möglich, „siehe die New Yorker World-Trade-Center-Attentäter vom 11. September 2001, die die Flugzeuge auch in der Luft übernommen haben“. Das erfordere zwar einiges an Kenntnis, „die man sich aber aneignen kann. Und jetzt kommt meine Fantasie ins Spiel. Nach 20 Minuten lassen Sie die Luft raus aus der Kabine, und keiner sagt mehr einen Ton. Sie hingegen haben per Maske einen Sauerstoffvorrat, der sehr lange hält, und das war es, was natürlich ein fürchterlicher Gedanke ist. Ist das, was der eine Pilot von Germanwings in den Alpen gemacht hat, nicht genau das Gleiche? Das war ein und derselbe Gedanke, nämlich: Ich will spektakulär untergehen! Der oder die das an Bord von MH 370 gemacht hat, wusste genau, dass das einen fürchterlichen Radau gibt“.



Bei Sabotage Landung versucht
Auch dem Kapitän sei ein solcher Suizid-Schritt bereits unterstellt worden, nur, weil er zuhause einen Simulator hatte, „aber wer zuhause einen Simulator hat, ist nicht unbedingt ein Selbstmörder“, relativiert Heermann eine der viele Thesen über den Grund des Verschwindens, „ich würde das insgesamt Entführung nennen“ und schließt noch einmal einen technischen Defekt aus: „Das wäre so unwahrscheinlich, dass genau in dieser Zeit, nämlich in weniger als einer Minute, das Flugzeug kommunikationsunfähig wird. Und wenn es das wird, fliegt es ja weiterhin. Und man hätte, wenn es explodiert wäre, gewiss Einzelteile in diesem Bereich gefunden“. Bei einer Sabotage hätten die Piloten natürlich versucht, damit fertig zu werden und wären nicht weiter geflogen, „bis der Tank leer ist. Zudem kann ich auch ohne Kommunikation wieder landen. Das ist zwar keine einfache Sache, aber der nächste Flughafen ist meiner. Platz da!“ Heermann kann sich nicht vorstellen, dass sich eine Reparatur nach einem Unfall, in den die Maschine gut anderthalb Jahre zuvor verwickelt gewesen ist, auf das Geschehen ausgewirkt habe. Das sei ja wieder die Frage nach einem technischen Fehler in einer kurzen Zeit, „und das geht nicht, dass sich das Flugzeug so schnell in Luft aufgelöst hat“.

Stimmen Angaben des Militärs?
Ob in den richtigen Regionen gesucht wurde und möglicherweise noch einmal wird, kann Heermann nicht dick unterstreichen. Den Indischen Ozean habe man ausgeguckt, weil die Information von Malaysias Militär, die Maschine sei noch über den Norden des Landes geflogen, gekommen sei. Man könne nun die Frage stellen, ob das überhaupt stimme und die Maschine nicht geradeaus nach Westen geflogen sei, „aber das würde auf das Gleiche herauskommen. Es ist verschwunden, also kann es doch nur untergetaucht sein und zwar an einer Stelle, wo es tief ist“. Es deute, so Heermann, ein wenig drauf hin, dass MH370 ein Stück nach Westen abgedriftet sei. Natürlich könne man sich fragen, warum der Weg nach Osten in Richtung des großen Pazifik nicht als weitere mögliche Route zur Disposition gestellt worden sei. „Das hat niemand richtig geprüft“, meint er, „auch eine zunächst angenommene Landung auf einem Flughafen auf einem Flecken im Norden des Indischen Ozeans ist Kokolores.“ Nach wie vor landen nur wenige Bruchstücke der Unglücksmaschine an fremden Gestaden an und werden zufällig gefunden. „Es kommt drauf an, wie gründlich es aufs Wasser fällt“, erklärt Heermann. Wenn es ähnlich einer geplanten Wasserlandung wie auf dem Hudson River in New York im Januar 2009 aufkomme, könne fast alles an einem Stück bleiben. Wenn es aber fast senkrecht die Wasseroberfläche erreiche, gebe es viele Millionen Einzelteile, die teilweise natürlich schwimmfähig seien. Dass die Reste der großen und als ausgesprochen sicher und robust geltenden 777 irgendwann doch gefunden werden, nennt Heermann lapidar „Zufall und gewollt auf keinen Fall. Mir ist überhaupt nicht bekannt, dass noch irgendeiner danach sucht. Die Fläche des Indischen Ozeans ist einfach so groß, dass man sich das nicht vorstellen kann, an vielen Stellen 6000 Meter tief, am Grund wahnsinnig gebirgig und nicht einfach nur flach“.

Das ist Jürgen Heermann
Heermann, Jahrgang 1944 und in Finsterwalde (Niederlausitz) geboren, lernt laut eigener Homepage sprechen in Essen und Gelsenkirchen, wohnt vor seinem beruflich bedingten Wechsel nach Hessen im Siegerland und in Hannover, absolviert eine Werkzeugmacherlehre, wird Diplom-Ingenieur (FH), hängt nach seinem Maschinenbaustudium noch eine zweijährige Ausbildung bei der Deutschen Lufthansa zum Flugingenieur an, ist neben dieser Tätigkeit viele Jahre Lehrer für Flugingenieure und Piloten, fliegt als Flugingenieur auf vielen Boeing- und McDonnell-Douglas-Mustern. Auf der DC-10 ist er als Sachverständiger des Luftfahrtbundesamtes tätig, verfasst mehrere innerbetriebliche Publikationen, gibt Technikunterricht für Flugbegleiter, hält Vorträge an der Universität Enschede über die technisch sozialen Zusammenhänge der Automatisation im Cockpit, dreht zwei Kurzfilme für das Fernsehen über Drachenbau und Fotografieren vom Drachen und ist bis zum Jahr 2000 Flugingenieur auf der Boeing B747-200 (Jumbo), kommt auf 15.000 Flustunden. In seinem Buch „Warum sie oben bleiben" (Auflage mit verschiedenen Ergänzungen und Überarbeitungen rund 26.000 Exemplare) widmet er sich der allgemeinverständlichen Beschreibung der Fliegerei und wird oft von Print-, Radio- und TV-Medien zu Ereignissen der Luftfahrt befragt. (vh)


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