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Nachricht vom 21.03.2024    

Klinikreform: 2000 Unterschriften ebnen Weg für Thema „Heimfall“ im Kreistag

Ist der Strohhalm auch noch so klein, er wird gerne ergriffen, um die Situation rund um das DRK-Krankenhaus in Altenkirchen, das die meiste Last der Klinikreform im nördlichen Rheinland-Pfalz zu tragen, nicht in der Versenkung verschwinden zu lassen. Mindestens 2000 Unterschriften sind gefordert, um das Thema auf die Tagesordnung einer Sitzung des Kreistages setzen zu lassen.

Auf Unterschriftenfang in der Altenkirchener Fußgängerzone (von links): Monika Käppele, Dr. Isabella Jung-Schwandt und Ralf Käppele. (Foto: vh)

Altenkirchen. Der Frühling, der in den zurückliegenden zwei Tagen seine ersten Fühler auch nach Altenkirchen ausstreckte, hat sich am Donnerstagmorgen (21. März) nicht mehr blicken lassen. Es riecht nach Kaltlufteinbruch, ein unangenehmer Wind lässt nackte Hände nicht gerade in schreibfähigem Zustand zurück. Warm eingepackt werden Dr. Isabella Jung-Schwandt, Monika und Ralf Käppele nicht müde, Passanten rund um den Marktplatz anzusprechen und diese um ihre Unterschriften für einen Einwohnerantrag gemäß Paragraf 11d der Landkreisordnung von Rheinland-Pfalz zu bitten. Initiator ist die Bürgerinitiative (BI) „Gute Gesundheitsversorgung im Raiffeisenland“. Mindestens 2000 Namenszüge, die natürlich von der Kreisverwaltung nach der Abgabe geprüft werden, sind erforderlich, um das Thema „Heimfallrecht“ in Verbindung mit dem DRK-Krankenhaus Altenkirchen im Kreistag zu erörtern. Der einführende Text auf den Listen, die auch in vielen Altenkirchener Geschäften in der Fußgängerzone ausliegen, erklärt das Anliegen: „Die Bürger und Einwohner des Landkreises Altenkirchen beantragen mit ihren nachfolgenden Unterschriften, dass sich der Kreistag des Landkreises Altenkirchen mit dem Recht, die Übertragung des Erbbaurechts auf sich (gem. C. Paragraph 2 Ziffer 5a des notariellen Vertrages vom 30. Juli 2003) zu verlangen, beschäftigt und der Kreistag beschließt, das zuvor bezeichnete Recht (Heimfall) gegenüber der DRK Rheinland-Pfalz gGmbH geltend zu machen. Wie bekannt, wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 1. November 2023 das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung über das Vermögen der DRK Rheinland-Pfalz gGmbH eröffnet. Gemäß C. Paragraph 2 Ziffer 5a des notariellen Vertrages vom 30. Juli 2003 hat der Landkreis Altenkirchen das Recht, im Falle der Insolvenz des Vertragspartners von seinem sogenannten Heimfallrecht Gebrauch zu machen. Die DRK Rheinland-Pfalz gGmbH hat über Jahre hinweg durch ,unternehmerische Entscheidungen’ einen massiven Abbau an Versorgungsleistungen zu Lasten des Krankenhausstandortes Altenkirchen betrieben. Durch das jetzige Sanierungskonzept im Rahmen der Insolvenz wird in Zukunft am Standort Altenkirchen kein Krankenhaus mehr im Sinne des geschlossenen Vertrages vom 30. Juli 2003 betrieben. Dies stellt eine elementare Verschlechterung der Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern dar, so dass der Kreistag gefordert ist, sich mit diesem Thema zu beschäftigen und wie beantragt zu beschließen.“

Was in der Landkreisordnung definiert wird
Ein Blick in die Landkreisordnung (LKO) von Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 31. Januar 1994 – Paragraf 11d – Einwohnerantrag: „(1) Die Bürger und die Einwohner des Landkreises, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können beantragen, daß der Kreistag über bestimmte Angelegenheiten der Selbstverwaltung, für deren Entscheidung er zuständig ist, berät und entscheidet (Einwohnerantrag). Dem Antrag braucht nicht entsprochen zu werden, wenn dieselbe Angelegenheit innerhalb von zwei Jahren vor seiner Einreichung bereits Gegenstand eines zulässigen Einwohnerantrags war. (2) Der Einwohnerantrag muß ein bestimmtes Begehren mit Begründung enthalten. Er muß schriftlich bei der Kreisverwaltung eingereicht werden und bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, den Einwohnerantrag zu vertreten. (3) Die Zahl der für einen Einwohnerantrag erforderlichen Unterschriften beträgt 2 v.H. der Einwohner des Landkreises, höchstens jedoch 2 000. (4) Jede Unterschriftenliste muß den vollen Wortlaut des Einwohnerantrags enthalten. Eintragungen, welche die Person des Unterzeichners nach Namen und Anschrift nicht zweifelsfrei erkennen lassen, sind ungültig. (5) Die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 4 müssen im Zeitpunkt des Eingangs des Einwohnerantrags bei der Kreisverwaltung erfüllt sein. (6) Über die Zulässigkeit des Einwohnerantrags entscheidet der Kreistag. Zuvor prüft die Kreisverwaltung die Gültigkeit der Eintragungen in die Unterschriftenlisten, wobei die Verwaltungen der großen kreisangehörigen Städte, der verbandsfreien Gemeinden und der Verbandsgemeinden des Kreisgebiets die erforderliche Amtshilfe leisten. Ist der Einwohnerantrag zulässig, so hat der Kreistag ihn innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang zu beraten und darüber zu entscheiden. Der Kreistag hat die nach Absatz 2 Satz 2 im Einwohnerantrag genannten Personen zu hören. Die Entscheidung des Kreistags ist mit den sie tragenden wesentlichen Gründen öffentlich bekanntzumachen.“



Trio steht schon fest
„Die drei zu benennenden Personen“ stehen bereits fest: Neben Corinna Simmerkuß, Mitbegründerin der BI, werden Dr. Isabella Jung-Schwandt, stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrats im Altenkirchener Hospital und Ärztin für Anästhesie im Komplex am Leuzbacher Weg, und Rechtsanwalt Ralf Käppele für den Einwohnerantrag stehen. Zum Hintergrund: Der Kreis hatte die beiden Krankenhäuser in Altenkirchen und Kirchen, die er ehemals selbst betrieben hatte, im Juli 2003 an das DRK übertragen und darüber hinaus noch die damals existierenden Schulden beider Hospitäler beglichen. Geschlossen worden war ein Erbbaurechtsvertrag über 99 Jahre für Gebäude und die Flächen, auf denen sie stehen. Vereinbart wurde parallel das sogenannte „Heimfallrecht“, also die Rückübertragung auf den Kreis, für den Fall einer Insolvenz der DRK Rheinland-Pfalz gGmbH. Im Jahr 2020 verzichtete der Kreis auf das Heimfallrecht für den Fall, dass das DRK das neue Westerwaldklinikum in Müschenbach zu bauen gedenkt/gedachte. Bei dieser juristischen Entscheidung saß jedoch der falsche Vertragspartner von Seiten des DRK am Tisch: nämlich nicht die DRK Rheinland-Pfalz gGmbH, die die Kliniken übernommen hatte, sondern als übergeordnete Institution die DRK-Trägergesellschaft Süd-West, was zum damaligen Zeitpunkt offenbar so gut wie niemandem aufgefallen war. Grundsätzlich, so Käppele, hätte der Kreis durchaus „Heimfall“ rufen können, zumal sich die DRK Rheinland-Pfalz gGmbH immer noch in der Insolvenz befinde. Also wäre die Möglichkeit entstanden, einem neuen Träger beide Häuser anzuvertrauen. „Ob denn einer gefunden worden wäre, ist eine andere Frage“, ergänzt er und beschreibt den Paragrafen 11d als „direkte Demokratie“.

Insolvenz im August 2023 angemeldet
Zur Vorgeschichte: Die gemeinnützige DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz GmbH mit ihren fünf Kliniken in Altenkirchen, Hachenburg (beide zählen als Verbundkrankenhaus), Kirchen, Neuwied und Alzey meldete im August des zurückliegenden Jahres Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit) in Eigenverwaltung an. Um letztendlich Kosten zu senken, wurde vom DRK die Beraterfirma WMC Healtcare engagiert (DRK: „Geld spielt keine Rolle“), ein Konzept für den Fortbestand der Häuser zu entwickeln. Letztendlich steht unter dem Strich ein Kahlschlag des medizinischen Angebots in der Kreisstadt zugunsten des Hachenburger Hospitals. Nichts gezählt hatte für WMC bei der Ausarbeitung des Konzepts beispielsweise die deutlich bessere Infrastruktur des Krankenhauses Altenkirchen (Bettentrakt, OP-Säle) inklusive zertifiziertem Traumazentrum (Schockraum) gegenüber der maroden in Hachenburg. Was nach vielen Kündigungen von Mitarbeitern und Versetzungen an andere DRK-Standorte bleibt, ist die Frage, die niemand beantworten kann (oder will): Wie ist die in Altenkirchen geplante Klinik mit „1i*-Status“ überhaupt definiert und schließlich auch ausgestattet? (vh)



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