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Nachricht vom 19.04.2024    

Wirtschaftsgespräch in Hamm: Von Künstlicher Intelligenz und Azubis aus Ruanda

Auch vor heimischen Unternehmen wird die Künstliche Intelligenz nicht halt machen. Bei einigen Unternehmen hat sie schon Fuß gefasst, andere werden wohl oder übel sich alsbald mir ihr und ihrer profitablen Anwendung auseinandersetzen müssen, um auch weiterhin am Markt bestehen zu können.

Interesse an KI und Azubis aus Ruanda: die Teilnehmer am Wirtschaftsgespräch vor dem Hammer Kulturhaus. (Foto: vh)

Hamm. Was ist Künstliche Intelligenz (KI)? Eine offizielle Definition gibt es noch nicht. „Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit von Maschinen, menschliche Intelligenz nachzubilden. Das bedeutet, die KI kann wie der Mensch aus Erfahrungen lernen, indem sie Muster erkennt und dadurch flexibel auf neue Situationen reagiert“, erklärt die Internetpräsenz „studyflix“, während „ein normaler Computer stumpf sein Programm exakt so ausführt, wie es vom Programmierer gewollt ist.“ Unbestritten ist, dass sich heimische Unternehmen gleich welcher Couleur mit KI beschäftigen müssen oder es bereits tun. Vor diesem Hintergrund brachte KI-Trainer Timur Sereflioglu vom Mittelstand-Digital Zentrum (MDZ) Ländliche Regionen an der Universität Siegen die Teilnehmer am Wirtschaftsgespräch für die Verbandsgemeinden Altenkirchen-Flammersfeld, Hamm und Wissen im Hammer Kulturhaus auf Stand. Für ihn galt grundsätzlich: „Die Arbeit wird sich in Zukunft verändern. Die Transformation wird kommen. Es ist eine große Dynamik im Spiel.“ Sereflioglu erläuterte anhand einer Pyramide die Implementierung von KI und Automatisierungsprozesse und betonte ausdrücklich, dass „Menschen bei der Einführung von KI abgeholt werden müssen, um die Bedarfe zu verstehen. Wer die Pyramide nicht einhält, bekommt Probleme. Die Implementierung in Unternehmen ist nicht einfach“.

„Dein Digiprojekt“ und „KI-Pionier“
Mit der Wirtschaftsförderung Kreis Altenkirchen, neben der IHK-Regionalgeschäftsstelle Altenkirchen Ausrichter der Zusammenkunft am späten Donnerstagnachmittag (19. April), werde bereits ein Einstieg unter dem Titel „Dein Digiprojekt“ angeboten. Es enthalte zunächst das Kennenlernen der Akteure, einen Betriebsrundgang, die Analyse und das Aufzeigen von Digitalisierungsmöglichkeiten im Unternehmen sowie die Unterstützung bei der Umsetzung, die aber nur in gewissen Maße erfolgen, da keine Wettbewerbsverzerrung entstehen dürfe. Darüber hinaus verwies Sereflioglu auf den „KI-Pionier“, an dem sechs Unternehmen aus dem AK-Land bereits teilnähmen. Dieser Baustein ist ein speziell entwickeltes Weiterbildungsangebot für Mitarbeitende kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU). Die Qualifizierung setzt einen klaren Fokus auf die praktische Anwendung von KI im Betrieb. Über einen Zeitraum von sechs Monaten führen Mitarbeiter des MDZ nicht nur in die Grundlagen der KI ein, sondern begleiten auch dabei, maßgeschneiderte KI-Anwendungsfälle für das jeweilige Unternehmen zu identifizieren und zu entwickeln. Neben der Uni Siegen gehören die Ruhr-Universität Bochum, Fraunhofer Fit (Sankt Augustin), die Fachhochschule Südwestfalen (Sitz in Iserlohn) und die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AIF/Köln) dem MDZ-Verbund an. Zu den thematischen Schwerpunkten zählen unter anderem betriebliche Gesundheitsförderung, Datenökonomie, IT-Sicherheit, digitale Produktionssysteme, natürlich KI und neue Digital- und Arbeitswelten.

„Hilfe zur Selbsthilfe“
Ganz auf den Mensch in der Arbeitswelt setzte Reiner Rudolphi, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der rema Fertigungstechnik GmbH aus Sembach (bei Kaiserslautern). Unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ bietet er unter dem Dach der Fachkräfte-Initiative „zubee“ seit über zehn Jahren jungen Menschen aus Ruanda die Möglichkeit, in Rheinland-Pfalz jeweils eine Ausbildung in unterschiedlichen Berufen in über einem Dutzend Unternehmen, die in einem Netzwerk zusammengeschlossen sind, zu absolvieren. Die Partner in dieser Gemeinschaft kümmern sich beispielsweise um ordentliche Unterkünfte, die Verbesserung der Deutsch-Kenntnisse (Nachhilfe zwingend erforderlich/B-1-Standard muss in Ruanda erreicht werden), die Sicherstellung der Erreichbarkeit der Lernorte oder die Unterstützung beim Beantragen der Arbeitserlaubnis. War die Aktion zunächst als flankierende Maßnahme zum Aufbau einer Industrie in dem afrikanischen Land gedacht, möchten viele der Azubis nach Abschluss der Lehre nicht mehr gen Kigali, der Hauptstadt, zurückkehren, sondern arbeiten weiterhin in Deutschland. „Dieser Trend hat sich nach Corona herauskristallisiert, zumal es in Ruanda keine Industrie gibt. Sie wollen alle Geld hier verdienen“, merkte Rudolphi an, in dessen Unternehmen bislang 11 Ruander zu Zerspanunungsmechanikern ausgebildet wurden. Nur zwei seien in ihr Heimatland zurückgekehrt.

Rudolphis Vision
Rudolphi beschrieb seine Vision: „Die Welt täglich ein wenig verbessern! Die Basis sind die 17 Ziele der Agenda 2030 der UN. Die Hilfe zur Selbsthilfe ist die Grundlage. Nachhaltigkeit und Qualität stehen im Fokus.“ Zum Ausbildungsbeginn am 1. August sollen wieder 100 junge Menschen jeweils ihre berufliche Karriere in Rheinland-Pfalz starten. Pro Azubi müssten Kosten für den Trip nach Deutschland in Höhe von rund 5000 Euro angesetzt werden. Aktuell sind 31 ruandische Schüler bei zehn Netzwerkpartnern in Ausbildung (bis zu dreieinhalb Jahre) beispielsweise zum Dachdecker, Elektromechaniker, Fachkraft für Metalltechnik oder Maschinen- und Anlageführer. „Zubee steht für hochmotivierte junge Menschen aus Ruanda. Wir bilden gemeinsam für den Markt von morgen aus. Uns ist die Karriere unserer Mitarbeiter, Azubis und Partner wichtiger als der Profit“, bilanzierte Rudolphi, dessen Firma sich neben der Herstellung von Serienkomponenten, überwiegend aus Aluminium, die mechanische Montage, die Fertigung von Einzelkomponenten und die Herstellung von Profilen mittels 5-Achs Bearbeitungszentren auf die Fahne geschrieben hat. Rema unterhält zwei Werke, hat 50 Maschinen, 60 Mitarbeiter und über 70 Kunden.



IHK Koblenz als größte Kammer
IHK-Regionalgeschäftsführerin Kristina Kutting (für Altenkirchen und Neuwied zuständig) bezeichnete die IHK Koblenz als größte Kammer in Rheinland-Pfalz, die acht Regionalgeschäftsstellen und ein Büro in Cochem unterhält. Sie hat rund 104.000 Mitgliedsunternehmen (davon 8000 im Kreis Altenkirchen, wovon 80 Prozent kleine und mittlere Betriebe sind) und weist rund 530.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftige am Arbeitsort auf. Hauptgeschäftsführer ist Arne Rössel. Kurz streifte Kutting Angebote und Initiativen wie IHK-Lotsen, die Kampagne „Anschluss Zukunft“, die sich für bessere Straßenanbindungen des AK-Landes ans überörtliche Netz einsetzt, die Wirtschaftsjunioren Sieg-Westerwald oder den IHK-Bürokratiemelder. Lars Kober, Leiter der Wirtschaftsförderung Kreis Altenkirchen, nannte als Schwerpunkte der Tätigkeit die Begleitung des Glasfaserausbaus (flächendeckende Gigabitfähigkeit bis Ende 2028), die Fachkräftegewinnung mit diversen Aktionen und Angeboten sowie die Informationsversorgung von Unternehmen und Betrieben.

Ein Quartett an Hindernissen
„Hohe Energie- und Kapitalkosten, Bürokratie und Fachkräftemangel – das sind die Themen, die aktuell alle Unternehmerinnen und Unternehmer belasten, ganz unabhängig von Betriebsgröße und Branche. Das kann ich auch persönlich durch Gespräche bei Unternehmen, die Herr Kober und ich gemeinsam besuchen, bestätigen“, verdeutlichte Landrat Dr. Peter Enders, „bei diesen Besuchen tauschen wir uns nicht nur mit den Betrieben aus, sondern versuchen für die Probleme und Anliegen der Unternehmen Lösungen zu entwickeln. Dabei müssen wir uns an die gesetzlich vorgegeben Rahmenbedingungen halten. Ich weiß, dies führt häufig zu Unmut, aber wir müssen nach den Spielregeln spielen, die uns die Gesetzgebung vorgibt.“ Seinen Mitarbeitern habe er die Devise mit auf den Weg gegeben, das Machbare machbar zu machen, also gesetzliche Spielräume im Sinne der Antragsteller zu nutzen. Dennoch lägen oft die Erwartungshaltung der Unternehmen und das Machbare der Verwaltung weit auseinander. Enders bat darum, sich bewusst zu machen, dass die Vorgaben in der Regel von Land, Bund oder der EU kämen. Im Detail ging er zunächst auf den Fachkräftemangel ein: „Wollen wir die Wirtschaftskraft unseres Landes, unseres Kreises, aufrechterhalten, führt kein Weg an einer zielgerichteten Fachkräftezuwanderung vorbei. Menschen, die Teil unserer Gesellschaft werden wollen, sind herzlich willkommen. Menschen, die das nicht wollen, nicht. Wir sehen jetzt schon den ,Kampf um die Talente’.“ Angesichts hoher Energiekosten forderte er: „Langfristig müssen wir unabhängiger werden. Das geht meiner Meinung nach nur durch den Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir brauchen rechtliche Rahmenbedingungen, um diesen Ausbau schnell und umfangreich zu ermöglichen. Das Vorhalten günstiger Energiepreise in einer Region wird – ebenso wie die verkehrliche und digitale Infrastruktur - ein Standortfaktor werden.“

VG Hamm: Steigende Einwohnerzahl
Dietmar Henrich als Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Hamm berichtete über die Entwicklung der Einwohnerzahl in „seinem Regierungsbezirk“, die sich, entgegen von Prognosen, nicht nach unten (von knapp über 12.000), sondern in die entgegengesetzte Richtung entwickelt habe. „Wir sind inzwischen bei über 13.000 Einwohnern“, freute er sich. Anhand der Zuordnung zu Demografietypen nach Lesart der Bertelsmann-Stiftung gehöre die VG Hamm zum Typ neun („wachsende, familiengeprägte, ländliche Städte und Gemeinden“). Charakteristisch für diese Einstufung sei unter anderem ein hoher Anteil an unter 18-Jährigen und ein niedriger an Hochqualifizierten. Daraus ergebe sich die Herausforderung, so Henrich, junge Menschen auszubilden und in der Kommune vor Ort, in der Region zu halten. „Somit haben wir uns auf den Weg gemacht, um mit unserem Innovations- und Gründerzentrum Antworten zu finden. Es hat eine Potenzialanalyse gegeben, und wir konzentrieren uns auf drei Arbeitsschwerpunkte; Aus- und Weiterbildung, Gründungen und Technologietransfer“, erläuterte er. Nach der Planungs- solle nach den Sommerferien die Umsetzungsphase beginnen. Das Innovations- und Gründerzentrum erstrecke sich nicht nur auf die VG Hamm, sondern auch darüber hinaus, jeder sei willkommen, um mitzumachen und sich zu informieren. Mit Blick auf die wirtschaftliche Situation in der VG sprach Henrich von einer Stabilität bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Er äußerte die Hoffnung, dass dies auch so bleibe. (vh)


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