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Nachricht vom 04.03.2012    

Inklusion ist möglich und gut für alle

Inklusion ist möglich und gut für uns alle, denn jedes Individuum wird als solches gesehen und ernst genommen: Das ist das Fazit, dass die knapp 50 Teilnehmenden aus dem Inklusions-Aktionstag mitnahmen, den der HIBA in Wissen, die Evangelische Landjugendakademie Altenkirchen und der Evangelische Kirchenkreis Altenkirchen in den Räumen der Evangelische Landjugendakademie Altenkirchen gemeinsam organisiert hatten.

„Jetzt wissen Sie auch, wie Bernd das Brot erfunden wurde.“ Offensiv und mit Humor begegnet Pfarrer und Kabarettist Rainer Schmidt den Irritationen seiner Mitmenschen. Fotos: Maja Wagener

Altenkirchen/Wissen. „Es war ein Tag der guten Begegnungen. Wir haben Wert auf Praxis gelegt und das ist uns gelungen. Heute haben sich Menschen getroffen, die Inklusion umsetzen möchten und jetzt gegenseitig dabei unterstützen können“, resümierten Mit-Organisator Christof Weller vom HIBA in Wissen, Akademiedirektorin Anke Kreutz und Mit-Organisator Pfarrer und Hans-Jürgen Volk von Evangelischen Kirchenkreis Altenkirchen den Tag. Was in den kommenden Monaten konkret umgesetzt wird, zeigt die Anschlussveranstaltung der drei Organisatoren am 14. November um 19.30 Uhr im Kuppelsaal der Westerwaldbank in Wissen.

Herzlich hatte Anke Kreutz als Hausherrin die gut 50 Teilnehmenden des Aktionstages begrüßt, bevor Pfarrer Marcus Tesch aus Wissen eine Kernaussage des Tages formulierte: „Behindert sind wir alle. Alle haben wir Schwächen.“

„In unserer Gesellschaft müssen wir noch viel umbauen – an Gebäuden und in unseren Köpfen“, führte Ottmar Miles-Paul, Landsbehindertenbeauftragter des Landes Rheinland-Pfalz aus. Der positive Begriff von „all inclusive“, alles enthalten, aus dem Urlaub treffe den Kern der Sache: Es seien die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Menschen, die anders sind, selbstverständlich mittendrin sind – und das von Anfang an. Dafür setzten sich er und sein Team sowie die Landesregierung täglich ein. Doch gerade die Ressourcen in der Gesellschaft seien enorm wichtig – die Ideen und Unterstützung von Mensch zu Mensch.

Wie so etwas im echten Leben aussehen kann, erzählte Pfarrer Rainer Schmidt, Dozent am Pädagogisch-Theologischen Institut Bonn, humorvoll und mit Augenzwinkern in seinem fast kabarettistischen Vortrag. Als Mensch, der ohne Unterarme auf die Welt kam, wuchs Schmidt in einem kleinen Dorf als Kind unter Kindern auf. „Ich konnte nicht über Zäune klettern. Deshalb hielten meine Freunde den Stacheldraht, damit ich durchschlüpfen konnte. Dafür half ich bei den Mathematikhausaufgaben. Wir haben uns ganz selbstverständlich gegenseitig unterstützt“, berichtete er.

Nach der Grundschulzeit in einer Sonderschule – „Der erste Tag war ein Kulturschock. Ich hatte noch nie so komische Kinder gesehen, erinnerte er sich. Dann machte er an einer Regelschule Abitur, weil der Rektor nicht angab, dass er behindert ist. „Er stellte die richtige Frage: Was müssen wir tun, dass Sie bei uns Abitur machen können?“ Bei Arbeiten eine halbe Stunde mehr Zeit zum Schreiben und eine am Kind gemessene Bewertung im Sportunterricht waren die simplen und effektiven Lösungen gemäß seinem Motto: „Ich mache das, was ich kann und so viel wie möglich.“

Wie Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft konkret aussehen kann, zeigten die sechs Projekte aus Rheinland-Pfalz, die in Workshops vorgestellt wurden. Dabei wurden alltägliche Themen wie Arbeiten, Wohnen, Einkaufen, Kirche, Gemeinwesen und Schule aufgegriffen.

So beschrieben Ulrike Reichmann und Klaudia Klaus-Höhl vom club aktiv in Trier, wie sie mit ihrem Inklusionsprojekt „Gemeinsam von Anfang an“ die Idee der Inklusion in der Region Trier verbreiten.



Die integrative Begleitung von Kindern mit Behinderungen in Regelkindertagesstätten und Regelschulen bietet der HIBA seit 1996 in Wissen an. Die geschichtliche Entwicklung der Inklusion erklärten Michaela Stürmer, Mandra Schmitt-Schilling und Frea Gend einprägsam mit einem Glas Gummibärchen und zeigten ihr dringendes Anliegen, allen Kindern den Weg in eine Regelschule zu ebnen.

Dem Thema Wohnen widmete sich Christian Dawo, Geschäftsführer des cfb Südpfalz in Landau. Er berichtete von den verschiedenen Möglichkeiten des cfb, angefangen bei einer Wohngruppe bis hin zu Einzel- und Paarwohnungen. Hier leben Menschen mit Behinderung so selbstständig wie möglich.

Elf Dorfläden gibt es inzwischen im Westerwald, die von der AWO Gemeindepsychiatrie ins Leben gerufen und geführt werden. Hier arbeiten Menschen mit psychischen Krankheiten, wie Otmar Schneider ausführte. Diese Läden sind in mehrfacher Hinsicht inklusiv: Sie bilden in einigen Dörfern den „Lebensmittelpunkt“ für ältere Menschen, die sich nun wieder vor Ort versorgen können und bieten einen Treffpunkt für Gespräche.

Menschen mit Behinderung und psychischen Beeinträchtigungen auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen ist das Ziel von Gerlinde Räder (Integrationsmanagement), Arbeitstrainer Peter Pfeifer und Geschäftsführer Stefan Marx von der Le-benshilfe. Sie zeigten, wie das funktioniert und berichteten von Erfolgen.

Pfarrerin Katrin Wüst aus dem Rhein-Sieg-Kreis zeigte, wie Inklusion den Gemeindealltag bereichert. Der Frage, wie eine Gemeinde aussehen muss, die Inklsuion ermöglicht, ging sie in ihrem sehr lebendigen Workshop auf den Grund.

Eine interessante und kontroverse Podiumsdiskussion führten Hans-Joachim Schwan, Leiter des Sozialamts des Kreises Altenkirchen, Michael Weller, Geschäftsführer der WEZEK GmbH in Steinebach/Sieg, Hans-Jürgen Volk, Beauftragter für Menschen mit Behinderungen im Kirchenkreis Altenkirchen und Lebenshilfe-Geschäftsführer Jochen Krenkel als Sprecher der kleinen Liga der Wohlfahrtsverbände im Kreis Altenkirchen unter Moderation Rainer Schmidt.
Wie wertvoll die dörflichen Strukturen des Westerwaldes seien, zeigte Pfarrer Volk auf, nachdem Michael Weller von seinen guten Erfahrungen mit Mitarbeitern mit Behinderungen berichtet hatte. Jedes Amt solle die Belange aller Menschen, auch die von Menschen mit Behinderung im Blick haben, forderte Schwan, während Krentel betonte, dass es wichtig sei, behinderte Menschen dazu zu befähigen, sich für sich selbst einzusetzen und diese Wünsche dann umzusetzen. Kontrovers diskutiert wurde sein Vorstoß, Vergünstigungen für Menschen mit Behinderung zu überdenken. Schmidt resümierte schließlich: „Inklusion ist nicht locker zu regeln. Es bleibt spannend.“

Zusatz: Wer Ideen dazu hat, wie Inklusion in seiner Umgebung umgesetzt werden kann oder praktisch mitarbeiten möchte, kann sich unter Telefon 02742/4967 an den HIBA in Wissen wenden.


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