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Nachricht vom 18.04.2025    

Gutenberg im Westerwald: neue Ausstellung in Galerie Blattwelt in Niederhofen

Von Helmi Tischler-Venter

Versteckt in einem alten Fachwerkhäuschen in Niederhofen bietet Reinhard Zado eine kulturhistorische Sehenswürdigkeit: einen selbst gefertigten Nachbau einer Druckpresse, wie sie Gutenberg vor über 500 Jahren benutzte, um mit beweglichen Lettern vornehmlich Bibeln zu drucken. Dekorative Faksimile-Bibeln und aufwändig verzierte Bibelseiten komplettieren die Ausstellung.

Reinhard Zado neben seinem Nachbau der Gutenberg-Druckpresse. Fotos: Wolfgang Tischler

Niederhofen. Johannes Gensfleisch zur Laden zum Gutenberg löste als Erfinder des modernen Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern und der Druckerpresse eine Medienrevolution aus. Erst diese Mainzer Neuerung machte 500 Jahre später die Entwicklung des Computers möglich. Die Erfindung der beweglichen Lettern bewirkte einen massiven Wandel, genau wie die gegenwärtige Digitalisierung eine rasante Temposteigerung in der Publikation bewirkt. Der Technologiewandel führte damals zu einem schwindenden Einfluss der Kirche - genau wie heute - und endete im Dreißigjährigen Krieg.

Der neu gestaltete "Bibelraum" im verwinkelten Anwesen in der Hauptstraße 22 in 56316 Niederhofen bietet das passende Ambiente für die zwei Meter hohe Druckpresse aus Eiche: Vom Fußboden mit alten Keramikfliesen und Holzbohlen bis zur Balkendecke und gotischen Keramikkrügen aus dem Siegburger Raum auf Regal und Fensterbank bildet er ein stimmiges Gesamtkunstwerk. Den Fuß der Druckpresse ziert ein um 1600 modellierter Atlas, der den ganzen Druck der Welt auf seiner Schulter trägt.

Natürlich will der Gutenberg-Jünger Zado die Eigenbau-Presse auch benutzen. Dafür fehlen derzeit noch zwei Platten, die das Papier halten. Papier war zur Zeit Gutenbergs ein wertvolles Gut, mit dem man sorgsam umgehen musste. Die von Gutenbergs Druckkunst initiierten Gebrauchsbibeln wurden zwischenzeitlich in die neue Schrift transformiert, damit jedermann sie lesen kann. Es gab einst Musterseiten für die aufwändig dekorierten Seiten und Kapitelanfänge. Reinhard Zado veranschaulicht die mittelalterliche Druckkunst mit bunten und goldverzierten Faksimile-Seiten an den Wänden und Nachdrucken alter Bibeln auf einer historischen Truhe. Vollbibeln waren lange Zeit sehr teure, extrem große und schwer zu handhabende Bücher, die oft mit Schlössern und Ketten gesichert wurden.



Der umtriebige Druckkünstler Zado plant die Herstellung von Holzklischees für den Druck eines Klassikers, er will das "Narrenschiff" von Sebastian Brandt aus dem Jahr 1494, eine moralisierende Verhaltensbeschreibung, modern interpretieren. Mit dem freundlichen Maler, Radierkünstler, Schriftsetzer und Lithografen kann man sich prächtig über alle kunsthandwerklichen Bereiche unterhalten und dabei seine eindrucksvolle Sammlung in Haus und Hof bewundern. Dazu gehören unter anderem Werke von HAP Grieshaber, darunter seine berühmte Holzschnittserie "Osterritt" aus dem Jahr 1963. Man findet auch Arbeiten von Horst Jansen, Valerio Adami, Paul Weber, Franz Jansen, Heinrich Reifferscheid, Simon Dittrich, Marc Chagall, Merian, Peter Handel und dem Hausherrn Reinhard Zado.

Der "mediale Wandel" über 500 Jahre, von Gutenbergs Druckkunst bis heute lässt sich in der Galerie der Blattwelt erleben. Geöffnet ist die Galerie von Karfreitag bis Ostermontag ab 14 Uhr in der Hauptstraße 22 in 56316 Niederhofen. Danach ist ein Besuch nach Anmeldung unter rzado@rz-online.de möglich. Zusätzlich ist ein Besuch möglich am 18. Mai, dem Internationalen Museumstag. htv



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