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Nachricht vom 08.05.2025    

80 Jahre Kriegsende: Ausstellung blickt mit Fotos auf zerstörtes Altenkirchen zurück

Die Bilder, die tagtäglich die Welt aus dem von der israelischen Armee zerstörten Gaza-Streifen erreichen, rufen blankes Entsetzen und allergrößtes Unverständnis hervor. In der Stadt Altenkirchen sah es zum Ende des Zweiten Weltkrieges vor nunmehr 80 Jahren ähnlich aus, wie eine neue Ausstellung im Historischen Quartier beweist.

Sie eröffneten die Ausstellung (von links): Stadtbürgermeister Ralf Lindenpütz, Uli Stope, Horst Pitsch (hält die US-amerikanische Kartusche in Händen) und Wolfgang Becker als stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins. (Foto: vh)

Altenkirchen. Nach 80 Jahren sind viele Wunden, die der Zweite Weltkrieg der Stadt Altenkirchen zugefügt hat, verheilt und zum größten Teil auch vergessen. Nur noch wenige ehemalige Bombentrichter im Wiesental erinnern beispielsweise an die schreckliche Zeit, nur noch ganz wenige Zeitzeugen können das Geschehen rekapitulieren, als Folge dessen weite Teile des Ortes in Schutt und Asche gelegt wurden. Die neue Ausstellung im Historischen Quartier (Markstraße 31 - 33), dem Altenkirchener Stadtarchiv, unter dem Titel „80 Jahre Kriegsende in Altenkirchen“ widmet sich seit Donnerstag (8. Mai) jener vieles vernichtenden Zeit, die mit der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 ein Ende fand. In erster Linie bedienen sich die Organisatoren, die Mitglieder des Fördervereins Bismarckturms, bei der Zusammenstellung der Galerien vor allem Fotos, die aus dem Archiv des Heupelzer Heimatforschers Manfred Herrmann stammen und der bereits Bücher über das Geschehen in den kriegerischen 1940er-Jahren, ganz besonders über den desaströsen Luftkrieg der alliierten Flugzeugflotten gegen die Kreisstadt und deren Einwohner (unter anderem: „Zielvorgabe: Raum Altenkirchen“), herausgegeben hat. „Die Idee dieser Ausstellung ist eigentlich schon rund fünf Jahre alt“, erläutert der erste Vorsitzende des Klubs, Ulrich Stope, „wir hatten schon begonnen, Fotos zu vergrößern, ehe uns Corona in die Quere kam. Der Anlass ,80 Jahre’ scheint aber ein besserer Termin zu sein, er ist stark in den Medien vertreten.“

Zum Tode verurteilt
In den ersten Kriegsjahren war Altenkirchen so gut wie gar nicht in Kampfhandlungen eingebunden. Das änderte sich schlagartig in den Tagen nach dem 7. März 1945, nachdem die US-amerikanischen Streitkräfte die Rheinbrücke bei Remagen einnahmen, da es Wehrmachtsangehörigen nicht gelungen war, die Querung zu zerstören. Die für das „Missgeschick“ verantwortlichen Soldaten wurden umgehend zur Rechenschaft gezogen. Wikipedia berichtet: Im März 1945 wurden in Oberirsen und Rimbach die Todesurteile gegen vier Offiziere, Major Herbert Strobel, Major August Kraft, Major Hans Scheller und Oberleutnant Karl-Heinz Peters, gefällt und vollstreckt. Der fünfte Mitangeklagte, Hauptmann Wilhelm Bratge, wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Er war zum Zeitpunkt der Verurteilung bereits in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, das „Fliegende Standgericht“ durch Führererlass angeordnet. Drei der zum Tode verurteilten Offiziere liegen auf der Kriegsgräberstätte in Birnbach begraben. Massive Bombenangriffe auf Altenkirchen wurden zum ersten Mal am 8. März 1945 geflogen (24 Tote). Nummer zwei folgte am 10. März 1945 (75 Tote), Nummer drei am 17. März (9 Tote) und Nummer vier am 25. März 1945 (10 Tote). Vor allem die Zerstörung der Eisenbahn-Infrastruktur war den Bomberpiloten als Ziel mit auf ihre Flüge gegeben worden, um Abzug und Nachschub zu unterbinden. Fotos zeigen unter anderem die in Trümmern liegenden Häuser entlang der Bahnhofstraße, der Bahnhof selbst wurde in Teilen beschädigt, während das auf der anderen Seite beheimatete Postgebäude im Vergleich nur minimale Schäden davontrug. Viele Sprengkörper verfehlten ihre Ziele, landeten in der Peripherie, wie Luftaufnahmen wie vom Wiesental belegen. Letztendlich erreichten US-amerikanische Streitkräfte am 26. März 1945 die Stadt, sie übergaben sie bereits am 10. Juli 1945 an ihre französischen Kollegen, die im eilends wieder aufgebauten Hotel Weißgerber (Ecke Kölner- und heutige Kumpstraße; vor der Entnazifizierung Adolf-Hitler-Straße) ihre Kommandantur einrichteten und dies mit einer großen französischen Flagge auf dem Balkon im ersten Stock demonstrierten. „Aus der folgenden Zeit jedoch existieren kaum Fotos“, merkt Horst Pitsch, Beisitzer im Vorstand des Fördervereins, an.



Gemälde zeigt Zerstörung
Wie intensiv die Zerstörungen in der Stadtmitte, der Wilhelmstraße, waren, zeigt auch ein Gemälde des zu jenem Zeitpunkt 18 Jahre alten Alfred Hederich, der 1927 in Altenkirchen geboren und 1979 in Neuss zu Grabe getragen wurde. Franz-Albert Born als „Einheimischer“ steuerte eine durchschossene Eisenbahnschwelle und eine original US-amerikanische 105-mm-Kartusche als „handfeste“ Ausstellungstücke bei. Präsentiert wird ebenfalls ein Kfz-Kennzeichen aus der amerikanischen Besatzungszone. Neben den Menschen aus der Stadt selbst, die getötet wurden, starben weitere 122, die als „ortsfremd“ galten. Unter ihnen befand sich auch Franz Wallaberger, ein Soldat aus Lindloh, dessen Todesanzeige zu sehen ist. Nach dem 8. Mai 1945 kehrte nur zögerlich das „normale“ Leben wieder nach Altenkirchen zurück. Aufräumarbeiten standen zunächst an allererster Stelle, viele Tonnen an Schutt wurden von der Quengelstraße aus in Richtung Weyerdamm gekippt. Herrmann zieht in seinem Werk eine Bilanz: „Die Bausubstanz hat mit 72 Prozent gelitten! 193 Gebäude zeigten sich in einem total zerstörten Zustand, während 120 mehr oder weniger starke Beschädigungen aufwiesen. Der Stadtkern mit der Wilhelmstraße existierte praktisch überhaupt nicht mehr.“ Nach und nach wuchsen die evangelische als auch die katholische Kirche jeweils mit ihrem Turm in den Himmel. Im Jahr 1949 sah die Bahnhofstraße, wie eines der Fotos beweist, immer noch „wüst“ aus. Nur rund zwei Jahre später waren Straßen wieder in einem einigermaßen befahrbaren Zustand, so dass auch die ersten privat genutzten Autos unterwegs sein konnten. (vh)

Die Ausstellung ist in den kommenden „drei bis vier Monaten“ zu sehen. Geöffnet ist sie dienstags zwischen 14 und 16, donnerstags zwischen 11 und 13 sowie jeden dritten Sonntag im Monat zwischen 14 und 17 Uhr.


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