Bistum Speyer erschüttert über Missbrauchsstudie - Bischof Wiesemann bittet um Vergebung
Eine neue Studie zum sexuellen Missbrauch im Bistum Speyer hat tiefe Bestürzung ausgelöst. Bischof Karl-Heinz Wiesemann und Generalvikar Markus Magin äußern sich beschämt und bitten die Betroffenen um Vergebung.

Region. Nach der Veröffentlichung einer Studie zu sexuellem Missbrauch im Bistum Speyer hat Bischof Karl-Heinz Wiesemann eine umfassende Aufarbeitung gefordert. "Einen Schlussstrich unter das Thema Missbrauch kann und darf es nicht geben", erklärte Wiesemann in der pfälzischen Domstadt. "Ich kann nur aus ganzem Herzen um Vergebung bitten." Er betonte, dass nichts die schrecklichen Taten ungeschehen machen könne und forderte einen grundlegenden Kulturwandel in der katholischen Kirche.
Der Bischof gestand ein, das Ausmaß des Missbrauchs lange nicht erkannt zu haben. "Dafür schäme ich mich persönlich", sagte er. Zunächst habe er an Einzelfälle geglaubt und die strukturelle Beteiligung der Kirche nicht wahrgenommen. Wiesemann stellte sich seiner Verantwortung für das Leid, das durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verursacht wurde, sowie für seine unzureichende Unterstützung der Betroffenen.
Generalvikar Markus Magin kündigte in Reaktion auf den Missbrauch ein Mahnmal an. Das Leid der Betroffenen habe ihn tief erschüttert und beschämt. "Deshalb ist es mir ein persönliches Anliegen, mich der Bitte des Bischofs um Entschuldigung an alle Betroffenen ausdrücklich anzuschließen."
Die Studie wurde von der Mannheimer Historikerin Sylvia Schraut vorgestellt und soll in zwei Jahren vollständig vorliegen. Der erste Teil hebt hervor, dass kirchliche Strukturen den Missbrauch im Bistum Speyer maßgeblich begünstigt haben. Momentan geht man von 109 beschuldigten Geistlichen sowie 41 Nichtklerikern aus. Rund die Hälfte der Taten ereignete sich in den 1950er und 1960er Jahren, oft in kirchlichen Heimen für Kinder und Jugendliche, auch durch Nonnen oder Erzieherinnen. Etwa die Hälfte der Fälle wurde erst nach dem Jahr 2000 bekannt. Bis heute wurden rund 3,6 Millionen Euro inklusive Therapiekosten an 96 Betroffene gezahlt.
Bischof Wiesemann berichtete, dass ihn die mehr als 470 Seiten der Studie immer wieder ins Stocken gebracht hätten, insbesondere da kirchliche Heime sogenannte Hotspots der Verbrechen gewesen seien, wo Menschen "himmelschreiendes Unrecht und Leid" widerfahren sei. Dies sei eine schreckliche Realität, die nicht rückgängig gemacht werden könne.
Der Betroffenenbeirat im Bistum fordert laut seinem Vorsitzenden Bernd Held "das Zerschlagen der Strukturen", die Missbrauch ermöglicht haben. Held rief weitere Betroffene dazu auf, sich zu melden. "Es gibt viele, die immer noch denken, sie seien ein Einzelfall. Das ist spätestens mit der Studie eindeutig widerlegt", so der Saarländer.
Das Bistum Speyer umfasst die Pfalz und den Saarpfalz-Kreis mit etwa 1,57 Millionen Menschen, darunter rund 437.000 Katholikinnen und Katholiken. (dpa/bearbeitet durch Red)
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