Sportabzeichen-Abnahme: Wetterumschwung tut Akteuren der Lebenshilfe gut
Der Wetterumschwung in der Nacht von Sonntag auf Montag kommt gerade recht: Anstelle brütender Hitze bietet eine leichte Brise mit deutlich gesenkter Temperatur und dem einen oder anderen Regentropfen geradezu ideale Bedingungen, bei denen sich Menschen mit Behinderung im Altenkirchener Stadion jeweils auf die „Jagd“ nach dem Erwerb des Deutschen Sportabzeichens machen können.

Altenkirchen. Es ist ein Termin, der sich kurz vor den rheinland-pfälzischen Sommerferien etabliert hat - genauso wie der Ort des Geschehens: Im Stadion im Sportzentrum auf der Glockenspitze kommen Menschen mit Behinderung aus den Lebenshilfe-Werkstätten im Kreis Altenkirchen zusammen, die alle ein Ziel haben. Sie möchten das Deutsche Sportabzeichen nach den Vorgaben des Deutschen Behinderten-Sportverbandes (DBS) im Deutschen Olympischen Sportbund erwerben. Grundlage ist die Ausarbeitung „DBS – Handbuch für Menschen mit Behinderung“. Und noch eine Konstante zeichnet das Treffen aus: Bei Bärbel Nied, Sportkoordinatorin der Westerwald-Werkstätten, laufen wie immer die Fäden der Organisation zusammen. In den Wochen vor dem Tag X hat sie für jeden einzelnen der rund 60 Teilnehmer die jeweilige Laufkarte erstellt, auf der die individuell zu erfüllenden Leistungen vermerkt sind, die zur Verleihung der Plaketten in den Farben Gold, Silber und Bronze führen und die jeder Starter idealerweise per Schnur um den Hals trägt. Zudem dienen diese Faltblätter als eingetragene Nachweise für die tatsächlich erreichten Leistungen. Neben denen, die an diesem Montagvormittag (23. Juni) die Arena mit dem Rasenspielfeld und der Infrastruktur für die leichtathletischen Disziplinen bevölkern, können weitere Menschen, die unter dem Dach der Lebenshilfe jeweils ihr Zuhause haben, sich der Herausforderung stellen. „An unseren Standorten ist eine Abnahme ebenfalls noch möglich“, betont Nied, „ich möchte in diesem Jahr die Zahl der abgelegten Sportabzeichen aus dem Vorjahr, nämlich 78, übertreffen.“
Sozialkunde-Schüler als Helfer
Nach einer auf wenige Minuten begrenzten und von Musik begleiteten Aufwärmphase unter der Leitung von Alexander Stahl, Lehrer für Sozialkunde und Sport am Westerwald-Gymnasium der Kreisstadt, wird es ernst. An den verschiedenen Stationen, die von Schülern eines Sozialkunde-Leistungskurses der örtlichen "Penne" betreut werden, rücken die verschiedenen Aspekte der sportlichen „Überprüfung“ in den Vordergrund. „Im Zusammenspiel der Zwölftklässler und unseren Klienten entstehen viele emotionale Momente, gehen viele Hemmungen verloren“, weiß Nied, die, genauso wie die weiteren Mitglieder ihres Teams, ununterbrochen mit Fragen zum Ablauf „bombardiert“ wird, die ebenfalls in banalen alltäglichen Dingen um Rat und Beistand gefordert wird. So ganz „nebenbei“ hat sie sich im Vorfeld auch um die Verpflegung gekümmert. Standen in den Vorjahren Pizzen auf der Speisenkarte, werden nunmehr um die Mittagszeit Burger (auch in vegetarischer Variante) gereicht. Das Hauptaugenmerk bei den Getränken liegt auf Mineralwasser und Apfelschorle. Gartenpavillons am Stadioneingang garantieren, dass alle ihre Mahlzeiten im Falle eines Falles ohne Berieselung von oben genießen können.
Rückenwind vom Vorstand
Apropos Wetter: „Wir nehmen ein paar Tropfen gerne in Kauf“, sagt Nied, während der eine oder andere gerade aus den Wolken fällt, die die Sonne aussperren. Sie habe am Sonntag wegen der hohen Temperatur schon Panik gehabt, denn die, hätte sie am Montag immer noch vorgeherrscht, womöglich eine Austragung verhindert hätte. Noch immer weiß Nied die Führung der Lebenshilfe hinter sich, wenn die jährliche Aktion ansteht: „Der Sport wird vom Vorstand gefördert.“ Für Stahl, der schon mehrfach als Koordinator für die Schüler bei der Sportabzeichen-Abnahme fungierte, „ist es eine richtig schöne Geschichte. Wir machen das gerne, der Kontakt zu den Menschen mit Behinderungen macht den Schülern Freude“. Nach wie vor hält Nied an der Austragung im Stadion Altenkirchen fest, in dem auch die eine oder andere Trainingseinheit stattfindet. Für sie stellt die Hilfe der Sozialkundler aus fast der direkten Nachbarschaft einen ganz wichtigen Aspekt für die Wahl der „Location“ dar. An anderen Werkstätten-Standorten wird teils direkt vor der Tür geübt (Flammersfeld, Mittelhof-Steckenstein), auch das Stadion in Wissen wird hin und wieder als Vorbereitungsterrain genutzt.
Das ist das Deutsche Sportabzeichen
Der Deutsche Behinderten-Sportverband erklärt auf der eigenen Homepage: „Das Deutsche Sportabzeichen (DSA) ist eine Auszeichnung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) für gute und vielseitige körperliche Leistungsfähigkeit, die in drei Stufen vergeben wird: Bronze, Silber, Gold. Es ist ein Ehrenzeichen der Bundesrepublik Deutschland und hat damit Ordenscharakter. Seit 1952 können Menschen mit Behinderung das Deutsche Sportabzeichen mit angepassten Leistungsanforderungen erwerben. Für das Deutsche Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung ist der Deutsche Behindertensportverband (DBS) mit seinen 17 Landes- und zwei Fachverbänden zuständig. Durch das Deutsche Sportabzeichen sollen Menschen mit Behinderung eine vielseitige Leistungsfähigkeit erwerben, Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit erhalten und zu einer regelmäßigen Sportaktivität motiviert werden. Mit der Erfüllung der einzelnen Bedingungen werden ein gutes Maß an Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination bewiesen. Zusätzlich soll das Sportabzeichen zur Inklusion, also zu selbstbestimmter, gleichberechtigter Teilhabe am Alltag beitragen, denn Vorbereitung und Training für das Deutsche Sportabzeichen sind ideal dafür geeignet, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Sport treiben.“ (vh)
Lokales: Altenkirchen & Umgebung
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