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Nachricht vom 29.07.2025    

Wo Farbe Wurzeln schlägt: Der Westerwälder Kunstmaler Franz Josef Magnus

Ein Blick in den Küchenschrank offenbart ihn meist – jenen deutschlandweit bekannten Schatz des Westerwälder Kunsthandwerks: Den kobaltblau verzierten, salzglasierten Keramikkrug. Er wird in einer Vielzahl der Westerwälder Haushalte zu finden sein, und doch – und das zur Überraschung – sind es eben nicht nur jene "Kannenbäcker", die als Meister ihres Schaffens die kreative Identität der Region maßgeblich formten.

(Alle Fotos: Phil Abendroth)

Betzdorf. Was die Provence einst für Van Gogh war, was Monet in seinen Rosengärten in Giverny fand, das mag vielleicht auch ein junger Künstler in den Schatten der Basaltsäulen im Tal der Nister entdeckt haben. Doch wo finden sich ihre Werke, wenn der Geist der Malerei tatsächlich nicht berührungslos an dieser Region vorübergezogen sein sollte? Direkt vor unserer Nase, an den Wänden zahlreicher Wohnungen, Reihenhäusern oder vielleicht sogar in mancher Scheune, lassen sie sich entdecken – zumeist unerkannt, namenlos und unbeachtet.

Gleichsam kunsthistorische Spurensuche und ein Aufruf zur Schatzsuche in den eigenen vier Wänden möchten wir Ihnen in dieser Reihe ausgewählte bildende Künstler des Westerwaldes vorstellen.

Franz Josef Magnus
Den Westerwald als kulturellen Schmelztiegel zu bezeichnen, das ginge wohl zu weit.
Unbestritten ist jedoch: Hier trifft gelebte Tradition auf verschiedenste Einzelschicksale und Biografien, die sich, vom ländlichen Idyll angelockt, aus den nahegelegenen Metropolregionen – nach Überquerung von Rhein und Lahn – häufig hierher "verirren".

Im vielstimmigen kulturellen Narrativ des Westerwalds nimmt so auch Franz Josef Magnus seinen Platz ein – ein Straßburger Maler, der, obwohl kein gebürtiger Westerwälder, den Großteil seines Lebens in Betzdorf verbrachte und mit den hiesigen Landschaften in einen intensiven künstlerischen Dialog trat.

46 Jahre an Heller und Sieg
Magnus wäre am 6. Januar 125 Jahre alt geworden. Er verstarb 1989 in Betzdorf – jenem Ort, der seit 1943 sein Lebensmittelpunkt geworden war. Der Bombenkrieg hatte ihn aus Düsseldorf vertrieben, zurück an jenen Ort, zu dem ihn seine Eltern bereits im Alter von sechs Jahren aus dem Elsass geschickt hatten.

Damals wohnte dort seine Tante, und die Eltern hofften, dass ihm ein Aufenthalt bei seinen deutschen Sprachkenntnissen helfen könnte. Drei Jahre lang besuchte er die
örtliche Volksschule, bevor er zu seinen Eltern zurückkehrte.

Seine künstlerische Ausbildung absolvierte Magnus an privaten Kunstschulen und Ateliers in Düsseldorf, bevor er ein eigenes Werbeatelier gründete. Kam er als Kind nach Betzdorf, um sich dort intensiv der deutschen Sprache zu widmen, so konnte er sich nach dem Krieg vor Ort besonders durch seine Französischkenntnisse auszeichnen. Aufgrund dieser sprachlichen Kompetenz erhielt er eine Anstellung beim Betzdorfer Arbeitsamt, das in den schwierigen Nachkriegsjahren händeringend nach französischsprachigem Personal suchte.



Zwischen Landschaft und Stadtbild
Stilistisch lässt sich Magnus, der sich vor allem auf Landschaftsmalerei und Stadtansichten konzentrierte, nicht eindeutig verorten. In all seinen Schaffensphasen bewegte er sich versatzstückartig zwischen Naturalismus, Impressionismus und Post-Impressionismus. Er arbeitete mit Kohle, Aquarell und Öl. Bereits die Aquarelle, die er vor Vollendung seines 30. Lebensjahres anfertigte, zeugen von einer beeindruckenden technischen Fertigkeit. Sie erzählen auch von den zahllosen Besuchen im Westerwald während seiner Jugendzeit, in denen der junge Mann wohl häufig mit Pinsel und Aquarellkasten auf den Betzdorfer Straßen angetroffen werden konnte.

Nur selten findet sich in Magnus Werken ein Porträt – den Menschen sparte er meist aus, als wäre dieser ohnehin nur Staffage, die als Ballast den Landschaften das Atmen erschwert. Bei seinen Ölgemälden variiert der Farbauftrag stark: Mal ist er so reduziert und flach, dass die Leinwand durchscheint, mal türmen sich, vor allem in seinen Stillleben, pastose Schichten reliefartig nadelspitz auf.

Die meisten seiner Werke sind im Bild signiert und mit Jahreszahl versehen. Sollten Sie den Verdacht haben, möglicherweise ein Bild des Künstlers entdeckt zu haben, so empfiehlt sich auch ein Blick auf die Rückseite der Leinwand oder des Rahmens – hier findet sich im Regelfall ein persönlich von Magnus angefertigtes Etikett mit näheren Details zum Herstellungszeitpunkt und manchmal auch einem Werkstitel.

Häufig lassen sich die Landschaften seiner Bilder direkt in der Betzdorfer Umgebung wiederentdecken. Wer ein Werk von Magnus besitzt, dem sei ein Spaziergang durch die
Region wärmstens empfohlen.

Ein Westerwälder Maler malt den Westerwald
Die Betzdorfer sind stolz auf ihren Künstler. Magnus Grabstein wurde nach Ablauf der Ruhefrist bewahrt und auf Initiative des Vereins Betzdorfer Geschichte e.V. auf ein neu angelegtes Erinnerungsfeld überführt.

Auch eine Straße im Süden der Stadt trägt heute den Namen des Künstlers. Im "Haus der Geschichte", das ebenfalls vom Betzdorfer Geschichte e.V. betrieben wird, werden zahlreiche seiner Werke ausgestellt und man setzt sich aktiv dafür ein, Leben, Werk und Vermächtnis im kollektiven Gedächtnis der Region zu bewahren. (Phil Abendroth)



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