Erdrutschgefahr im Mittelrheintal: Herausforderungen für die Bahn
Das Mittelrheintal ist bekannt für seine malerische Landschaft, doch birgt es auch Gefahren wie Erdrutsche, die immer wieder den Bahnverkehr beeinträchtigen. Nach einem tödlichen Unglück in Baden-Württemberg stellt sich die Frage, wie sicher die Bahnstrecken im Rheintal sind, auf denen auch Gefahrgut transportiert wird.

St. Goar/Kestert/Mainz. An den Felssturz im März 2021 in der Nähe des Loreley-Felsens erinnert sich Uwe Schwarz noch gut. "Wir haben Glück gehabt. Das war am helllichten Tag. Ich hatte zehn Minuten später die Information und konnte gleich alles sperren lassen", berichtet der parteilose Ortsbürgermeister von Kestert. Erst sieben Wochen später war die rechtsrheinische Bahnstrecke wieder eingleisig befahrbar. "Die Menschen leben damit seit Generationen", sagt Falko Hönisch, Stadtbürgermeister von St. Goar. Bereits 1923 kam es zu einem schweren Zugunglück bei St. Goar, als ein Zug entgleiste und in den Rhein stürzte, wobei mindestens 29 Menschen ertranken. Ob ein Unwetter damals der Auslöser war, ist unklar.
Stark- und Hochwasserschutzkonzepte sind ein Dauerthema im Rheintal. Im September 2011 entgleiste ein Intercity mit 800 Fahrgästen zwischen St. Goar und Fellen nach einem Erdrutsch. Der Lokführer brach sich das Bein, zehn Passagiere und vier Zugbegleiter wurden leicht verletzt. Die Strecke war fünf Tage gesperrt. "Das Thema ist aber latent durchaus da", sagt Hönisch. Starkregen und Hochwasser werden durch Konzepte wie die Säuberung von Bachläufen bekämpft.
Kestert hat sich vier Jahre nach dem Felssturz erholt, berichtet Schwarz. Verletzt wurde niemand, als Schieferplatten auf die Gleise krachten. "Aber die Angst nimmt zu, dass einer der vielen Güterzüge mit Gefahrgut mal aus den Gleisen springt", so der Bürgermeister. Die Gemeinde liegt an Europas meistbefahrener Güterzugstrecke. Um die Sicherheit zu erhöhen, wurde ein Schutzwall errichtet und zusätzliche Netze angebracht.
Immer wieder kommt es in Rheinland-Pfalz zu Behinderungen durch Erdrutsche. So entgleiste im Juni 2016 ein Regionalzug bei Bacharach, wobei zehn Menschen verletzt wurden. Auch die Strecken Bad Kreuznach-Bingen und Norheim-Staudernheim waren von Erdrutschen betroffen.
Das Eisenbahn-Bundesamt verweist auf das Allgemeine Eisenbahngesetz, wonach Eisenbahnunternehmen für die Betriebssicherheit verantwortlich sind. Die DB InfraGO inspiziert ihre Anlagen eigenverantwortlich. Mit den Folgen des Klimawandels beschäftigt sich das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung, das Karten zu Naturgefahren erstellt hat. Pro Bahn fordert ein besseres Warnsystem mittels Glasfaser, um Vibrationen frühzeitig zu erkennen und die Sicherheit zu erhöhen. Noah Wand betont: "Es wäre töricht, bei Unwettern pauschal den Bahnbetrieb einzustellen." (dpa/bearbeitet durch Red)
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