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Nachricht vom 20.09.2012    

Mirjam Pressler las aus "Malka Mai"

Die bekannte und mehrfach ausgezeichnete Autorin Mirjam Pressler las am Freiher-vom-Stein-Gymnasium Betzdorf aus dem preisgekrönten Jugendbuch "Malka Mai". Die Autorin stand den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort, signierte zahlreiche Bücher und ihr gehörte ein dankbarer Applaus.

Mirjam Pressler las aus ihrem preisgekrönten Jugendbuch "Malka Mai". Fotos: Schule

Betzdorf. Vor rund 100 Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 9 und 10 des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums Betzdorf las Mirjam Pressler, eine der bekanntesten Kinder- und Jugendbuchautorinnen im deutschsprachigen Raum, aus ihrem bewegenden Jugendbuch "Malka Mai", für das sie unter anderem mit dem „Deutschen Bücherpreis“ ausgezeichnet wurde.

Septembersonnenflecken tanzen auf der Bettdecke der kleinen Malka, es scheint ein schöner Tag zu werden. Wer den fast idyllischen Anfang von Mirjam Presslers Erzählung liest, glaubt zunächst nicht, wie schnell sich die Geschichte wandelt:
„Malka Mai“ erzählt die in den Eckdaten authentische Geschichte eines polnisch-jüdischen Mädchens, auf der Flucht vor den deutschen Besatzern von Mutter und Schwester aus der Not heraus krank auf einem Bauernhof zurückgelassen, von den Bauern aus Angst wieder ausgesetzt und im Ghetto gelandet - eine Odyssee von Stationen der Hilfe und des hilflosen Weiterschiebens, bis die kleine Malka nach unablässigen Bemühungen ihrer Mutter, sie wiederzufinden, in Budapest ihre Familie wiedertrifft. Dieses Wiedersehen gestaltet sich jedoch nicht als echtes „Happy-End“, denn Malka hat in der Zeit ihrer Not emotional Abstand von ihrer Mutter nehmen müssen, um nicht zu verzweifeln.

Schulleiter Manfred Weber freute sich in seiner Begrüßung, eine so bekannte Autorin bereits zum zweiten Mal am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium zu Gast zu haben. Pressler hatte im November 1995 aus „Wenn das Glück kommt…“ gelesen, einem Werk, für das sie im gleichen Jahr den Deutschen Jugendliteraturpreis bekam. Gleichzeitig bedankte er sich bei der Buchhandlung Mankelmuth/ Betzdorf, die die Lesung anteilig sponserte.

Die Idee für ihr Buch, so leitete Pressler ihren Vortrag ein, fand sie bei der polnischen Jüdin Malka Mai, die mittlerweile israelische Staatsbürgerin geworden war. Deren in Hebräisch verfasste Lebenserinnerungen werden in der zentralen Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem zusammen mit zahlreichen anderen Lebenserinnerungen jüdischer Verfolgter aufbewahrt. Das Heft der Malka Mai wurde Pressler, die auch als Übersetzerin tätig ist, von einem Verlag zur Prüfung übersandt. Nach intensivem Kontakt mit der „echten“ Malka, deren Erinnerungen an ihre Flucht nur noch aus Bruchstücken bestanden – im Heft war mehr ihr restliches bewegtes Leben beschrieben – beschloss Pressler, diese „Lücke“ von sieben Monaten im Leben der Malka Mai zu füllen.

Mirjam Pressler trug mit leicht rauchiger, aber durchaus tragender Stimme, ohne falsche Theatralik, aber mit viel Empathie zentrale Passagen aus ihrem Buch vor. Die Lücken dazwischen füllte sie in freier Erzählung mindestens ebenso hörenswert aus.

Malka Mai gehört zu den Standard-Lektüren im Deutschunterricht der Mittelstufe. So hatten die meisten der anwesenden Jugendlichen das Buch im Unterricht gelesen, so dass im Anschluss an die Lesung auch zahlreiche Fragen gestellt wurden.



So interessierte es die Zuhörer etwa, ob die „echte“ Malka Mai den fertigen Roman noch gelesen habe. Dies war aber leider nicht mehr der Fall.
Die Tatsache, dass das Buch zu großen Teilen aus der kindlichen Perspektive Malkas geschrieben sei, lasse den historischen Hintergrund nur stückchenweise durch, merkte ein Zuhörer an. Das sei schon so, bestätigte die Autorin. Sie habe mit „Malka“ kein geschichtliches Werk schreiben wollen, ihr sei in diesem Buch die Mutter-Tochter-Beziehung wichtiger gewesen. Dennoch: „Solche Geschichten gehören erzählt, weil man die Geschichte nur versteht, wenn man eine einzelne Person hat, solche Geschichten gehen verloren, wenn man sie nicht erzählt.“

Wie recherchiert Pressler für ihre Bücher, für dieses Buch? Die Ortsbeschreibungen wirken allesamt bis ins Detail authentisch. Sie recherchiere gern und für „Malka Mai“, so die Autorin, sei sie aus persönlichen Gründen zwar nicht selbst in die Karpaten gereist, habe sich aber intensiv in geographischen Werken und Bildbänden informiert, historische Karten über die komplizierten Grenzverhältnisse zwischen dem besetzten Polen und dem mit Deutschland verbündeten Ungarn studiert sowie sich auf die Aussagen eines pensionierten Geographen aus der Gegend gestützt.

Auch viele Dinge im Buch sind authentisch, andere sind aus erzähltechnischen Gründen dazu erfunden worden: So sind etwa die geschnürten Holzsandalen “wahr“, die letztlich für Malkas entzündete Beine und somit für ihr Fieber verantwortlich sind, die Stoffpuppe Liesel hingegen, für lange Zeit Malkas einzige Vertraute, ist von Pressler erfunden, um der Figur Malka auf ihrem langen Weg eine Gesprächspartnerin zu geben.

Arbeitet sie planvoll, hat sie die beiden Perspektiven – das Buch ist abwechselnd aus der Sicht der Mutter Hanna und der Tochter Malka geschrieben - nacheinander geschrieben und dann zusammengefügt? Das Buch sei, so Pressler, wie alle ihre Bücher nicht von vorne herein durchstrukturiert geplant worden, sondern erzählend entstanden, sie sei selbst überrascht gewesen, wie viele Seiten schon mit dem Anfang der Erzählung zusammengekommen seien.

Das emotional wenig befriedigende Ende der Geschichte wurde von einem Zuhörer noch einmal thematisiert, da die Erwartungshaltung der jugendlichen Leser auf eine glückliche Familienzusammenführung nicht bedient wird. Pressler machte aber deutlich, dass es ein solches einfaches Happy-End weder in der Realität der „echten“ Malka Mai gab, noch im Buch nach der tiefen Verletzung des Kindes durch das Zurücklassen(-müssen) glaubhaft gewesen wäre.

Nach der Lesung bedankte sich die Zuhörerschaft mit einem heftigen Applaus bei Pressler, diese nahm sich noch die Zeit, mit einzelnen besonders interessierten ZuhörerInnen zu sprechen und signierte bereitwillig zahlreiche Bücher.



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