Werbung

Region |


Nachricht vom 11.03.2008    

Bildungssystem durchlässiger machen

"Wir brauchen ein aufstiegsorientiertes Bildungssystem," sagte Ministerin Doris Ahnen am Montagabend im gut besetzten katholischen Jugendheim in Wissen, als sie das Bildungssystem der Zukunft vorstellte. Dessen Diskussion hat im Kreis Altenkirchen längst begonnen. So musste sich die Bildungsministerin während der Veranstaltung der Kreis-SPD denn auch einige kritische Fragen gefallen lassen, auch wenn die grundsätzliche Bereitschaft zu Reformen bei den zahlreich anwesenden Pädagogen und Eltern zu überwiegen schien.

doris ahnen in wissen

Wissen/Kreis Altenkirchen. Was muss das erste Ziel einer modernen Bildungsreform sein? Die rheinland-pfälzische Bildungs-Ministerin Doris Ahnen (SPD) vergaß am Montagabend in Wissen nicht, wieder und wieder darauf hinzuweisen: Die Schaffung von mehr Chancengleichheit ist das A und O jeder Bildungsreform. Immer noch sei es eines der größten Perobleme in der Republik, dass die Bildungsperspektiven von Kindern zu sehr von ihrem sozialen Hintergrund abhängen. Jetzt müsse es darum gehen, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Deshalb setze man bei der Mainzer Landesregierung auch auf die gründliche Diskussion der Reformvorschläge vor Ort mit den betroffenen Kommunen und nicht zuletzt auch mit Pädagogen und Elternvertretern.
Zwei Kernpunkte der Mainzer Reformbemühungen sind die Umwandlung der Realschule in eine Realschule "Plus" - unter Einbeziehung der bisherigen Hauptschulen - und die Möglichkeit von G-8-Gymnasien mit dem schnelleren Zugang zum Abitur. Dabei müsse eines klar sein: Die bewährte Orientierungsstufe von Realschule und Gymnasium soll möglichst unangetastet bleiben, weil es wegen der gleichbleibenden Stundentafeln für die Klassen 5 und 6 keinen vernünftigen Grund gebe, diesen gemeinsamen Einstieg abzuschaffen. Allerdings machte sich Ahnen auch für eine gewissen Flexibilität stark, dort, wo es möglich oder geboten ist. So könne aus einer Realschule "Plus" durchaus auch eine Integrierte Gesamtschule (IGS) werden. Angesichts der demografischen Entwicklung bis 2020 sei eine solche Flexibilität besonders angesagt, meinte die Ministerin.
Als vordringlichste Ziele für die Schulreform nannte Ahnen neue Perspektiven für die Hauptschule, die Möglichkeiten von Bildungsabschlüssen in zumutbarer Entfernung vom Wohnort, individuelle Förderkonzepte vor allem leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler, eine Stärkung der Berufsorientierung und mehr "Aufstiegschancen", vor allem auch durch die Einrichtung der Realschule "Plus" und die Möglichkeit des Erwerbs der Fachhochsulreife im allgemeinbildenden System. Schließlich müsse man intensiv daran arbeiten, die Schulabbrecherquote drastisch zu verringern, sagte Ahnen: "Keiner darf verloren gehen", müsse das Credo von Bildungspolitik lauten. Zur Zeit gibt es laut Ahnen in Rheinland-Pfalz noch etwa 7,4 Prozent Schulabbrecher.
Auch angesichts der stark zurückgehenden Schülerzahlen in den nächsten Jahren (bis über 20 Prozent) habe man sich in Mainz dazu entschieden, für die Hauptschule neue Perspektiven zu eröffnen. Das bedeute aber auch, dass diese Schulart eigenständig nicht mehr lebensfähig sei.
Zudem wolle man mit dem neuen System auch dem Wunsch der meisten Eltern Rechnung tragen, die Schuloption für die Kinder länger offen zu halten, sagte Ahnen. Angesichts der demografischen Entwicklung gehe es nämlich auch mehr und mehr um das Problem, den Fachkräftebedarf abdecken zu können, sagte die Ministerin. Das bedeute auch, dass die zZhl der Schhüler mit einer Hochschul-Zugangsberechtigung deutlich erhöht werden müsse, aber auch die Berufsorientierung der gezielten Förderung bedürfe. Deshalb stehe für ihr Ministerium die Fachhochschulreife auch besonders im Fokus. Die Reforminitiative müsse nun von den Kommunen vor Ort umgesetzt werden, stets auf der Suche nach "angepassten Lösungen" für die beiden Säulen der Reform: 1. Das Gymnasium, beziehungsweise die IGS, die zum Abitur führen, 2. die Realschule "Plus" (Realschule plus Hauptschule), die auch die Möglichkeit von Aufstiegschancen bis zur Fachhochsulreife eröffnet. Ahnen: "Dieses Plus ist mir besonders wichtig". Deshalb sieht die Ministerin auch nicht in der neuen Schulform, wie einer der Diskussionsteilnehmer, eine Abwertung der Realschule - ganz im Gegenteil. Angesprochen wurden in der Diskussion auch die sozialen Probleme, besonders an Hauptschulen, die Klassenmesszahlen und die Installierung von Integrierten Gesamtschulen, die aber nur dort in Frage kommen, wo diese auch alle drei Bildungsgänge anbieten können, so Ahnen. Deshalb sei die Realschule "Plus" auch unerlässlich.
Was jetzt getan werden müsse, sei die Aufstellung von regionalen Schulentwicklungplänen, sagte die Ministerin. Auch hier sei man im Lande schon auf einem guten Weg. In einer ersten Phase sollen bis zum Schuljahr 2012/13 die Ralschulen "Plus" beziehungsweise Integrierten Gesamtschulen geschaffen werden und die Fachoberschulen an den Realschulen "Plus" starten. Das bedeutet dann das Aus für die isolierten Hauptschulen. Dass das kein "einfacher Weg" ist, sei ihr klar, sagte die Ministerin. Aber die intensive Diskussion habe nun begonnen. Am Ende müsse eine Bildungslandschaft stehen, die als Ergebnis eine Struktur hervorbringe, die besser auf die Bedürfnisse der Schüler und der Gesellschaft eingehe - mit einem System, das sich durch eine möglichst gute Förderung und Durchlässigkeit auszeichnet. (rs)
xxx
Ministerin Doris Ahnen diskutierte in Wissen mitLehrern und Eltern über die rheinland-pfälzische Schulreform. Fotos: Reinhard Schmidt



Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Kreis Altenkirchen mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.



Feedback: Hinweise an die Redaktion

Weitere Bilder (für eine größere Ansicht klicken Sie bitte auf eines der Bilder):
       
   



Aktuelle Artikel aus Region


Illegale Müllentsorgung in Krunkel-Epgert aufgedeckt

In der kleinen Gemeinde Krunkel-Epgert sorgt ein Umweltvergehen für Aufsehen. Unbekannte haben mehrere ...

Neues Praktikumsprojekt stärkt Zusammenarbeit zwischen Polizei und Rettungsdienst

Im Landkreis Altenkirchen startet ein innovatives Projekt, das die Kooperation zwischen Polizei und Rettungsdienst ...

Vorsicht vor gefälschten Steuer-E-Mails - Finanzamt warnt vor Betrügern

Derzeit kursieren betrügerische E-Mails, die angeblich vom Bundeszentralamt für Steuern stammen. Diese ...

Südkoreanische Delegation besucht den Westerwald: Raiffeisen ist auch in Asien Thema

Genossenschaftliche Gäste aus Südkorea trafen am Freitag (24. April) zu Besuchen in Bonn bei der IRU ...

Flächenbrand bei Mehren schnell unter Kontrolle

Am Dienstagnachmittag (29. April) kam es in der Nähe von Mehren zu einem Flächenbrand. Die Feuerwehr ...

"Wie et fröher wor": Sonntagsspaziergang über den Steimel zur Paffrather Eiche

Da steht sie noch, groß und stolz: Über Jahrzehnte hinweg gehörte die Paffrather Eiche zu einem markanten ...

Weitere Artikel


Zwei "FHC-ler des Jahres" gekürt

Schöne Überraschung für Gabi und Marion Baranowski: Sie wurden zu "FHC-lern des Jahres" beim FHC Wölmersen ...

Sascha Koch für Einsatz geehrt

Der neue Sportler des Jahres des FHC Wölmersen ist Sascha Koch. Der 2. Vorsitzende wurde für seinen Einsatz ...

Spenden für das Projekt "Teehaus"

Der AWO-Kreisverband startet bald ein neues Projekt "Teehaus" in Hamm. Dafür hat jetzt das Möbelhaus ...

Jusos sehen sich auf gutem Weg

Eine positive Ziwchenbilanz zogen die Kreis-Jusos bei ihrer jüngsten Klausurtagung in Betzdorf. Die Entwicklung ...

Das Büffeln hat sich gelohnt

Mit guten Leistungen haben 39 Jungmusikerinnen und Jungmusiker jetzt in Kirchen erfolgreich ihren D-lehrgang ...

Balance zwischen Familie und Betrieb

Auf gute Resonanz stieß das Treffen von Unternehmerfrauen am Interantionalen Frauentag bei der Handwerkskammer ...

Werbung