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Nachricht vom 16.03.2015    

Urologische Probleme aus der Tabuzone geholt

Irgendwann trifft es jeden und jede – zumindest fast. Die Prostata oder Probleme beim Wasserlassen sind Volkskrankheiten. Das verdeutlichte der Urologe Dr. Timo Strunk in einem Vortrag auf seiner alten Schule, dem Freiherr-vom-Stein-Gymnasium Betzdorf. Er zeigte auch Behandlungsmöglichkeiten und Herausforderungen seiner Zunft auf.

Urologe Dr. Timo Strunk referierte in Betzdorf beim Verein der Ehemaligen des FvS-Gmynsiums Betzdorf. Foto: Daniel Pirker

Betzdorf. Es handelt sich mittlerweile um eine Binsenweisheit: Die deutsche Bevölkerung wird älter – und die Alten sind aktiver denn je und wollen das Leben auch im fortgeschrittenem Alter genießen. Eine Herausforderung auch für das Gesundheitssystem und die Ärzte. Das gilt auch für ein Fachgebiet, das nicht selten immer noch tabuisiert wird: die Urologie.

Im Alter nehmen entsprechende Beschwerden bei Patienten zu, seien es Probleme mit der Prostata bis hin zu Tumorbildung, Harnwegsinfektionen, Inkontinenz oder sexuelle Funktionsstörungen.

Das war die eher schwer verdauliche Nachricht von Dr. Timo Strunk auf dem Treffen der Ehemaligen des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums Betzdorf. Der Verein hatte den Urologen eingeladen, um über die „Urologischen Probleme der alternden Gesellschaft“ zu referieren. Strunk, der sein Abi selbst 1996 in Betzdorf machte, wollte aber ganz sicher kein Schreckensszenario an die Wand malen. Ganz im Gegenteil. Ihm ging es vor allem um die Sensibilisierung für sein Fachgebiet – oder wie er es beschrieb: „Das, was innen drin versteckt ist.“

Urologen behandeln alle Altersgruppen und Geschlechter
Und dazu gehörte auch, deutlich zu machen, dass der Urologe nicht nur für alte Männer zuständig ist. Von einem „Partner fürs Leben“ sprach Strunk. Bereits bei Säuglingen sei oft die Hilfe des Urologen gefragt, beispielsweise, wenn Urin nicht richtig transportiert wird, bei Infektionen oder Hodenhochstand. Im Kinder- und Jugendalter können schließlich unter anderem Geschlechtskrankheiten oder gar Hodentumore auftreten. Im Erwachsenenalter helfen Urologen gegen Probleme mit der Blase und der Sexualität, gegen Harnsteine und Krebs. Am Lebensende steht dann die Linderung von Symptomen im Vordergrund.

Was ein Urologe für einen leisten kann, sollten also nicht nur reifere Männer wissen. Aber, das verschwieg Strunk nicht, das benigne Prostatasysndrom, die Störung des Harnabflusses, plagt vor allem ältere Männer. 60 bis 70 Prozent aller 70-Jährigen sind betroffen. Der typische Patient ist 60 Jahre alt. Er leidet seit mehreren Jahren an einem schwächer werdenden Harnstrahl. Außerdem plagen ihn Verzögerungen bei der Blasenentleerung, „Nachträufeln“ und ein schnell einsetzender Harndrang mit eventueller Inkontinenz, auch nachts. Strunk erzählte von einem Patienten, der in der Innenstadt alle Toiletten kenne.

Wie Prostata-Beschwerden behandelt werden
Verantwortlich für die Beschwerden ist ein Anwachsen der Prostata. „Die liegt dummerweise zwischen dem Beckenboden“, sagte Strunk. Das hat zur Folge, dass die Urinkanäle verengt werden und das Wasserlassen zunehmend zu einer Herausforderung mit ungewissem Ausgang wird.

Betroffene können aber aufatmen: Laut Strunk gibt es nachhaltige Therapien, die Heilung ist möglich und die Krankengeschichte eher harmlos. Im Vordergrund der Behandlung steht die Verbesserung der Symptome, die Verhinderung oder zumindest Verzögerung von Blasenentleerungsstörungen und Komplikationen wie Nierenversagen, Infektionen oder Zerstörung des Harntraktes. Alles beginnt mit einem Körpercheck, inklusive rektaler Untersuchung mit dem Finger. Sicher nicht vergnügungssteuerpflichtig, aber eigentlich harmlos, wie Strunk betonte. Manchmal werde außerdem eine Ultraschalluntersuchung vorgenommen. Daneben können sich Betroffene auf eine Urinanalyse einstellen, eine Messung des Harnstrahls („Gegen-die-Wand-Pinkeln“) und eventuell einen Bluttest.

Bei der Therapie ist schließlich auch der Patient selbst gefragt. Er muss seinen Lebensstil ändern. Fünf Bier sollten am besten nicht kurz vorm Zu-Bett-Gehen getrunken werden, scherzte Strunk. Daneben sollte die Ernährung umgestellt werden und mehr Bewegung in den Alltag finden. Parallel nimmt man ein bis zwei Tabletten täglich ein, die relativ wenig Nebenwirkungen verursachen. Naturheilkundliche Methoden könnten laut Strunk auch ausprobiert werden. Studien würden zwar keine Wirksamkeit nachweisen, aber das hieße nicht, dass diese Heilverfahrungen per se keine Besserung brächten.



Wenn Medikamente nichts oder kaum etwas bringen und die Krankheit fortgeschritten ist, muss man sich unters Messer legen. Als „Goldstandard“ hat sich die transurethrale Elektroresektion der Prostata erwiesen. Hierbei wird die vergrößerte Prostata abgehobelt. Der Arzt gelangt entweder durch die Harnröhre zum Organ oder durch einen offenen Schnitt.

Eine Operation kommt auch infrage, wenn die Prostata von Krebs befallen ist. Auch eine interne oder externe Bestrahlungstherapie kann die Heilung voran treiben. Bestrahlung kann auch ein Therapiebestandteil sein, wenn der Krebs schon fortgeschritten ist und sogar streut. Daneben kann der Patient sich einer Chemotherapie unterziehen oder einer sogenannten Hormonentzugstherapie. Wenn der Krebs fortgeschritten sei und nicht mehr komplett besiegt werden könne, käme das keinem sofortigen Todesurteil gleich, stellte Strunk klar. Denn man könne die Krankheit lange in Schach halten, fünf bis 10 Jahre oder gar länger. Jeder kann im Übrigen auf recht angenehme Weise selbst vorsorgend tätig werden: Das Risiko eines Prostatakarzinoms sinke mit erhöhter Ejakulationsfrequenz in jungen Jahren.

Frauen leiden öfter an Inkontinenz
Apropos Sex: Der werde schnell eingestellt, wenn Harninkontinenz im Alter auftritt, unterstrich Strunk. Generell verursache das unkontrollierbare Wasserlassen Angst, Scham oder gar Depression bei Patienten. Damit geht nicht selten auch ein Verlust von sozialen Kontakten einher, berichtete der Urologe. Rund 15 Prozent aller Erwachsenen sind betroffen, Frauen öfter als Männer. Dabei sei die Diagnose recht einfach. Und die Therapie verspreche in manchen Fällen dann sogar die vollständige Genesung. Neben körperlichem Training hilft vor allem ein Medikament, das von Hollywood-Stars gerne zur Faltenstraffung eingesetzt wird: Botox. Es wird in die Blase eingespritzt und zeige eine hervorragende Wirkung. Die Kontinenzwelt hätten auch sogenannte Bändchen verbessert. Sie werden bei Frauen operativ spannungsfrei unter die Harnröhre gelegt.

Auch dieses Beispiel zeigte die hohe Bedeutung, die Urologen einnehmen und einnehmen werden für die Gesundheit der Patienten. Und der Bedarf werde laut Strunk in den nächsten Jahren dramatisch ansteigen, im ländlichen Raum bis 2025 um 25 Prozent. Die Urologen-Gemeinschaft nehme zumindest diese Herausforderung an, zum Beispiel durch eine weitere Professionalisierung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. (ddp)



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