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Nachricht vom 18.03.2015    

Für die Sonnenfinsternis gerüstet

Am 20. März verdunkelt der Mond in der Zeit von 9.30 bis etwa 12 Uhr die Sonne. In weiten Teilen Deutschlands wird das als partielle Sonnenfinsternis mit einem Abdeckungsgrad von bis zu 80 Prozent wahrnehmbar sein. Das faszinierende Schauspiel ist für Netzbetreiber wie die EAM eine echte Herausforderung.

Gerhard Vaupel, Leiter der Netzleitstelle der EAM. Foto: EAM

Region/Kassel. Bei der EnergieNetz Mitte, einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der EAM, ist man als regionaler Netzbetreiber bestens vorbereitet. Die EAM ist auch für weite Teile des Kreises Altenkirchen als Netzbetreiber zuständig. Gerhard Vaupel, Leiter der Netzleitstelle der EAM, erläutert das Vorgehen.

Herr Vaupel, erklären Sie doch bitte welche Auswirkungen die Sonnenfinsternis auf die Stromversorgung haben kann. Worauf bereiten Sie sich als Netzbetreiber vor?

"In Deutschland wird schon jetzt ein großer Anteil der Energie durch Photovoltaik (PV) und damit durch Sonnenkraft erzeugt. Die EnergieNetz Mitte ist in Hessen der Netzbetreiber mit den meisten am Netz angeschlossenen PV-Anlagen. Die Energie aus diesen erneuerbaren Energiequellen hat bei der Einspeisung immer Vorrang vor derjenigen aus konventionellen Kraftwerken. Jeder Stromlieferant ist dafür verantwortlich, dass er zu jeder Zeit die Energie einkauft die er auf der anderen Seite an seine Kunden verkauft. Abweichungen von diesen Energiemengen werden von den Übertragungsnetzbetreibern durch Regelenergie innerhalb von Sekunden ausgeglichen. Somit werden Erzeugung und Verbrauch in Waage gehalten.

Zu unseren Aufgaben gehört es, die großen Übertragungsnetzbetreiber bei dieser Arbeit zu unterstützen, da viele Erzeuger regenerativer Energie an unser Netz angeschlossen sind. Sollte nun am Tag der Sonnenfinsternis eine klare und sonnige Wetterlage herrschen, dann verdunkelt sich die Sonne in der Zeit der Sonnenfinsternis sehr plötzlich und die Solarstromerzeugung bricht sehr abrupt ein. Dann müssen konventionelle Kraftwerke hochgefahren und sogenannte Regelleistung eingespeist werden, um die Frequenz im Netz stabil zu halten. Normalerweise werden 3.000 Megawatt Regelleistung vorgehalten, das entspricht etwa dem doppelten Energiebedarf unseres Netzgebiets. Bei diesem plötzlichen Ausfall der PV Einspeisung ist allerdings deutlich mehr Ausgleichsenergie notwendig, so viel, wie sie nur durch mehrere Kraftwerke erzeugt werden kann.

Die nächste Herausforderung tritt dann am Ende der Sonnenfinsternis ein. Werden die Photovoltaikanlagen plötzlich wieder angestrahlt, fahren diese in kurzer Zeit ihr Leistung wieder hoch, andere konventionelle Kraftwerke müssen ebenso schnell wieder heruntergefahren werden, damit nicht zu viel Strom im Netz ist. Wie stark sich die Sonnenfinsternis auswirken wird, wissen wir allerdings erst einige Tage vorher, wenn uns konkrete Wettervorhersagen für den 20. März vorliegen."

Heute lässt sich doch alles berechnen. Warum können die tatsächlichen Auswirkungen der Sonnenfinsternis nicht besser vorausgeplant werden?
"An normalen Tagen wissen wir durch gezielte Wetterprognosen schon sehr genau, welche Menge Strom aus erneuerbaren Energiequellen eingespeist wird und auf der anderen Seite, wie viel Strom über den Tag hinweg verbraucht wird. Daraus ergibt sich, wie viele andere Kraftwerke hochgefahren oder gedrosselt werden müssen, damit die Netzstabilität erhalten bleibt. Bleiben Sonne oder Wind dann doch mal aus, lässt sich das durch andere schnell einsatzfähige Kraftwerke ausgleichen. Bei der Sonnenfinsternis werden anders als normalerweise sehr viele Anlagen sehr abrupt ihre Einspeiseleistung sehr stark reduzieren. Hinzu kommt, dass sie wieder hochfahren, wenn die Sonne in der Mittagszeit am höchsten steht.



Da die Stromerzeugung aus PV wetterabhängig ist, wissen wir erst einige Tage vorher - wenn man das Wetter exakter prognostizieren kann - wie stark die Auswirkungen sein werden. Ist der Tag der Sonnenfinsternis bewölkt, produzieren die PV-Anlagen sowieso weniger Strom. Dann ist der Vorgang einfacher zu regeln. An einem klaren, sonnigen Tag sieht die Situation schon ganz anders aus. Dann geht viel Leistung vom Netz und danach wird plötzlich wieder viel Leistung eingespeist, was entsprechend ausgeglichen werden muss".

Was passiert denn eigentlich, wenn zu viel oder zu wenig Strom in die Netze eingespeist wird?
"Das schlimmste Szenario wäre ein flächendeckender Stromausfall. Davon ist aber nicht auszugehen, weil wir gut vorbereitet sind und entsprechende Vorkehrungen getroffen haben. Wir haben in Deutschland und weiten Teilen Europas ein Netz mit einer Frequenz von 50 Hertz. In einem kleinen Spielraum können wir mit Frequenzschwankungen umgehen. Erst wenn innerhalb dieses Spielraums nicht ausgeglichen werden kann, gehen Umspannwerke vom Netz. Es kommt zum Stromausfall. Am Tag der Sonnenfinsternis haben alle Netzbetreiber ihre Leitstellen gut besetzt, so dass wir geregelt eingreifen können".

Sie sagen, dass die EnergieNetz Mitte auf die Situation gut vorbereitet ist. Welche Vorkehrungen wurden getroffen?
"Unser übergeordneter Übertragungsnetzbetreiber ist die Tennet. Sie koordiniert in Abstimmung mit den anderen drei großen Übertragungsnetzbetreibern die Netzstabilität. Gemeinsam haben wir Szenarien erarbeitet, wie während der Sonnenfinsternis verfahren wird. Welche Szenarien letztendlich greifen, werden wir erst entscheiden können, wenn die genauen Wetterprognosen für diesen Tag vorliegen. In Vorbereitung der besonderen Anforderung der Sonnenfinsternis haben wir bereits mit der Tennet zwei Übungsläufe absolviert. Hierbei wurde der Ernstfall simuliert und die Kommunikationswege getestet. Selbstverständlich ist schon im Vorfeld der Sonnenfinsternis unsere Netzleitstelle noch stärker besetzt als sonst. So sind wir in der Lage durch Zu- oder Abschaltung von Anlagen gezielt zu regeln und die Spannung im Netz stabil zu halten. Wir sind also gut auf den 20. März vorbereitet, aber auch froh, wenn die Situation gut gemeistert ist".



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