Werbung

Nachricht vom 20.10.2015    

„Digitales Dorf“ als Chance für Betzdorfs Einzelhandel

Das Internet kann auch eine Chance für Geschäfte in ländlichen Regionen sein. Konkrete Lösungen werden nun ab nächstem Jahr in der Verbandsgemeinde Betzdorf im Rahmen des Projekts „Digitale Dörfer“ getestet. Die Bürger selbst werden eine wichtige Rolle dabei einnehmen.

Das Smartphone wird eine zentrale Rolle einnehmen in dem Projekt "Digitale Dörfer". Über eine App sollen lokale Käufe getätigt und Kurier-Fahrten koordiniert werden. Foto: Daniel Pirker

Betzdorf. Amazon und Co. setzen lokale Geschäfte unter Druck, insbesondere in ländlichen Regionen. Doch was wäre, wenn der Einzelhandel selbst die Vorzüge der Digitalisierung ausnutzt und mit einem Vorteil des ländlichen Raums kombiniert, nämlich dem noch relativ starken ehrenamtlichen Engagement der Bürger? Antworten hierzu soll das Projekt „Digitale Dörfer“ liefern, das vom Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) in Kooperation mit dem Land Rheinland-Pfalz durchgeführt wird. Die Verbandsgemeinde Betzdorf wird ab Anfang nächsten Jahres eine von zwei Testregionen werden. Insgesamt hatten sich 29 Verbandsgemeinden für die Teilnahme beworben. Betzdorf machte letztlich das Rennen – auch, weil man das Glück habe, schnelles Internet anbieten zu können, wie VG-Bürgermeister Bernd Brato auf einer Pressekonferenz zu dem Projekt erklärte.

In zwei vierwöchigen Testphasen sollen Bürger 2016 selbst zu Kurieren werden. Als Schnittstelle fungiert eine App, die man bereits im Dezember für Android- und Apple-Geräte runterladen kann, verdeutlichte Mario Trapp vom Frauenhofer-Institut. Über die digitale Anwendung können dann Waren von örtlichen Geschäften bestellt werden. Das Programm übernimmt ebenfalls den nächsten Schritt: die Koordination der Zustellung über ehrenamtliche Fahrer.

Wie sieht das konkret aus? Auf dem Nachhauseweg nach Wallmenroth muss Herr Mustermann sowieso durch die Wilhelmstraße und kommt an einem Modegeschäft vorbei. Über sein Smartphone erfährt er dann, dass eine Frau aus seinem Dorf vorher dort bestellt hat. Herr Mustermann lädt also schnell das Paket ein und bringt es vorbei. Paket-Empfänger und Transport werden also miteinander vernetzt, wie es Christoph Gehring vom Landes-Innenministerium auf den Punkt brachte.

Sascha Hensel, der zusammen mit Sarah Brühl das Projekt im Rathaus begleitet, sieht in diesem Modell eine große Chance für den Einzelhandel vor Ort. Schließlich könne man zwar nicht mit den Preisen und Lagerkapazitäten der großen Onlinehändler mithalten. Aber der über die App koordinierte Bürgerfahrdienst könne schneller sein und biete zudem ein heimisches Servicegefühl. Bürgermeister Bernd Brato brachte auf der Pressekonferenz außerdem den menschlichen Stellenwert eines solchen Kurier-Dienstes ins Spiel. Durch ihn entstünden immerhin neue Kontakte zwischen Fahrern und Paket-Empfängern. Brato beschrieb dies als „eine ganz andere Ebene des Miteinanders“, die dadurch ermöglicht werde. Der Geschäftsführer der Betzdorfer Aktionsgemeinschaft, Mario Görög, konnte dem Projekt ebenfalls Positives abgewinnen. Bisher hätte der heimische Einzelhandel nicht mit dem Angebot der größeren Städte mithalten können. Aber: „Hier sind wir anderen nun eine Nasenlänge voraus.“



Für die Testphasen sind erst einmal fünf Läden mit an Bord, deren Namen noch nicht verraten wurden. Sie werden eine Auswahl ihrer Waren innerhalb der App-Plattform anbieten. Das Institut wird schließlich auswerten, wie hoch die Motivation der Fahrer war, ob die Bürger grundsätzlich ein solches Modell annehmen und auch, wie groß Pakete bemessen sein müssen. Laut Mario Trapp vom Frauenhofer-Institut werden die ermittelten Daten dann Grundlage für eine Simulation sein. Sie wird ermitteln, ab welcher Größenordnung eine solche „Mitmach-Logistik“ betriebswirtschaftlich tragfähig sein könnte. Hier könnte dann auch ein weiterer Aspekt der Fahrdienste eine Rolle spielen: Denn Trapp kann sich vorstellen, dass die ehrenamtlichen Fahrer nicht nur Pakete transportieren, sondern auch Menschen von A nach B bringen. So würden Synergien genutzt.

Klar ist auf jeden Fall: Ohne die Mithilfe der Bürger kann ein solcher Ansatz nicht funktionieren. Auch deshalb flankiert das Projekt über das gesamte kommende Jahr die lokale Kampagne „Betzdorf digital“. Ziel der Koordinatoren vom Rathaus, Sascha Hensel und Sarah Brühl, ist es, die Betzdorfer über die Chancen der Digitalisierung zu informieren und sie gleichzeitig für das Mitmachen zu motivieren. Angedacht sind hier unter anderem Fachveranstaltungen, Filmprojekte oder Computerspiel-Projekte in Kooperation mit der Jugendpflege. (ddp)

Infos:
Im Projekt „Digitale Dörfer“ arbeiten Politik, Kommunen, Forschung und Wirtschaft an Lösungen für die Zukunft des ländlichen Raumes. Mithilfe intelligenter Informations- und Kommunikationstechnologien geht man in den Testregionen (Verbandsgemeinde Betzdorf und die Verbandsgemeinden Eisenberg/ Göllheim) drei Herausforderungen an: Infrastruktur und Gebäudemanagement und neue Arbeitsmodelle für den ländlichen Raum. Für die Verbandsgemeinde Betzdorf konzentriert man sich auf den Bereich Mobilität und Logistik. Das Land stellt über 930.000 Euro zur Verfügung, das Frauenhofer-Institut investiert nochmal den gleichen Betrag. Außerdem werden die Testkommunen mit jeweils 180.000 Euro gefördert. Das Projekt dauert über drei Jahre an und untergliedert sich in verschiedene Phasen. Zwei praktische Testläufe finden 2016 über jeweils vier Wochen statt, und zwar zwischen Februar und März sowie im Herbst.

Weiterführende Infos zu dem Projekt „Digitale Dörfer“ gibt es hier auf der Website des Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE).


Lokales: Betzdorf & Umgebung

Jetzt Fan der AK-Kurier.de Lokalausgabe Betzdorf-Gebhardshain auf Facebook werden!


Anmeldung zum AK-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Altenkirchen.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Wirtschaft


Zimmerergesellen zu Besuch in Koblenz: Seit viereinhalb Jahren "auf der Walz"

Koblenz. Vor allem spricht dies für die Verbundenheit der "Tippelbrüder" zu ihrem Handwerk und zu alten Bräuchen. Denn die ...

Innovatives Projekt "Zweitsprachler:innen" fördert Integration mit Unterstützung von DIHK-Netzwerk

Wissen. In einer Zeit, in der Integration eine zentrale Herausforderung darstellt, hat das Projekt "Zweitsprachler:innen" ...

Entdecken Sie die KONEKT Westerwald: Ihre Plattform für regionale Geschäftsvernetzung

Rennerod. Die Westerwaldhalle in Rennerod wird zum Schauplatz der ersten KONEKT Westerwald, einer Veranstaltung, die darauf ...

Entdecken Sie Regionales und Nachhaltiges: Neue Speisekarte im Restaurant Maracana

Altenkirchen. Im Herzen von Altenkirchen erneuert das renommierte Restaurant Maracana sein kulinarisches Angebot mit einer ...

Theanex – Balance für Körper und Gewicht

Für wen eignet sich Theanex Kapseln?
Theanex eignet sich für alle Menschen, die sich wieder ein harmonisches Körperempfinden ...

Maimarkt in Wissen: Markttreiben, verkaufsoffene Geschäfte und Livemusik am 12. Mai

Wissen. Organisiert von der Aktionsgemeinschaft Treffpunkt Wissen findet am Sonntag, dem 12. Mai von 11 bis 18 Uhr, der weithin ...

Weitere Artikel


Abschlussveranstaltung des Netzwerks „Frühe Chancen“

Altenkirchen. Die nachhaltige Verbesserung der sprachlichen Bildungsarbeit – diesem Ziel widmeten sich die vergangenen Jahre ...

Jahresabschlussübung der Feuerwehr Harbach

Harbach. Als Lage hatte der Gruppenführer Konrad Jung folgendes ausgearbeitet: bei Reparatur- und Schweißarbeiten kommt es ...

Frauenchor Pracht besuchte Mallorca

Pracht. Nach über 30 Jahren Busreisen ging es in diesem Jahr mit dem Flieger für vier Tage auf die Sonneninsel Mallorca. ...

Zum Auftakt ins Jubiläumsjahr

Wissen. Dieser grandiose Weltklasse-Chor, bekannt aus unzähligen Fernsehsendungen und CD-Einspielungen, wird im Februar kommenden ...

Kennenlernen und Gemeinsamkeiten entdecken

Betzdorf/Gebhardshain. Positive Resonanz fand die erste gemeinsame Wanderung der CDU-Gemeindeverbände Betzdorf und Gebhardshain. ...

IHK kritisiert den Verkehrsetat

Region. Das Land Rheinland-Pfalz will den Etat für den Straßenbau und die Sanierung von Straßen von 75 auf 87 Millionen Euro ...

Werbung