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Nachricht vom 13.12.2015    

Telemedizin - Ein Modell der Zukunft für das Land?

Die Kreis-CDU diskutierte mit Experten den Einsatz digitaler Instrumente zur Unterstützung bei der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum in Hamm. Diskutiert wurden unter anderem der Datenschutz und das Arzt-Patientenverhältnis.

Diskutieren in Hamm über die Möglichkeiten der Telemedizin, von links: Admir Kulin (Vitaphone GmbH), Dr. Burkhard Zwerenz (Hausärzteverband Rheinland-Pfalz), „TeleArzt“-Initiator Dr. Thomas Aßmann, MdL Michael Wäschenbach, „TeleArzt“-Assistentin Frauke von Wirtz, MdL Dr. Peter Enders und Dr. Erich Gehlen (Duria eG). Foto: pr

Hamm/Kreisgebiet. Die Rechnung ist ganz einfach: Ein Arzt, der einen Großteil seiner Zeit hinter dem Steuer verbringt, um Patienten zu besuchen, verliert Zeit für seine eigentliche Profession. Entpuppt sich der Hausbesuch dann noch als vermeintliche Routine, fragt sich der Mediziner, wie man es besser machen kann.

Dr. Thomas Aßmann aus Lindlar hat mit dem bundesweiten Pilotprojekt „TeleArzt“ eine Möglichkeit gefunden, die er bei der Veranstaltung „Hausarzt 4.0 - Die Zukunft der hausärztlichen Medizin in der digitalen Welt“ auf Einladung des CDU-Kreisverbandes und der beiden Landtagsabgeordneten Dr. Peter Enders und Michael Wäschenbach in Hamm vorstellte. Im oberbergischen Lindlar hat er das Projekt gemeinsam mit dem Mannheimer Telemedizin-Dienstleister Vitaphone und dem Deutschen Hausärzteverband gestartet. Dabei fährt der Arzt selbst nicht zum Patienten, sondern wird bei Bedarf online zugeschaltet. Den eigentlichen Hausbesuch übernimmt die so genannte Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis (VERAH).

VERAH ist die zusätzliche Qualifikation für medizinische Fachangestellte, die den Hausarzt auch bisher schon bei hochqualifizierten Tätigkeiten inner- und außerhalb der Praxis unterstützten. Ein Plus für den Patienten: „Er wird in der Regel vom Personal seiner Hausarztpraxis betreut, das schafft Vertrauen in die digitalen Angebote“, so Frauke von Wirtz, die als VERAH für Aßmann im Einsatz ist. „Ich habe unseren Doktor in der Tasche.“
Ausgerüstet mit modernster Technik in einem so genannten Telemedizin-Rucksack, unter anderem mit Dreikanal-EKG, Blutdruck- und Blutzuckermessgerät, Pulsoximeter und Tablet-PC, übermittelt sie Daten wie Herzfrequenz, Atemvolumen oder Blutzucker über eine gesicherte Datenverbindung in die Praxis, wo sie den Arzt per Videokonferenz zuschalten kann. Diagnosen stellen darf sie natürlich nicht. Darauf legt auch Landtagsabgeordneter Enders großen Wert: „Die rein ärztlichen Leistungen dürfen nicht ersetzt werden. Die Beurteilung der übermittelten Parameter, Diagnose und Therapie obliegen dem digital anwesenden Arzt.“

Aßmann rechnete auch ein mögliches Einsparpotenzial vor: Würde bislang oft der Rettungswagen gerufen, wenn kein Arzt erreichbar sei, der den Patienten in eine Klinik bringe, könnte dies durch die Vernetzung der VERAH mit dem Hausarzt zumindest teilweise vermieden werden. „Würde jede Versorgungsassistentin nur einen einzigen eigentlich unnötigen Notfalltransport in die Klinik pro Monat verhindern, ließen sich bundesweit 84 Millionen Euro jährlich sparen.“ Vier große Krankenkassen sind mittlerweile mit im Boot der Projektpartner und übernehmen die Kosten.

Technik-Einsatz ist kein Selbstzweck
Viele niedergelassene Ärzte tun sich mit der Telemedizin jedoch noch schwer. Zu groß ist die Befürchtung, das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten könnte darunter leiden. Zudem harmonieren technische Standards, Hard- und Software, zum Teil noch nicht in gewünschtem Maß, die gesetzlichen Rahmenbedingungen spielten ebenfalls eine Rolle. Das wurde auch in Hamm deutlich. So beschrieb Dr. Erich Gehlen, Vorstand der auf Ärztesoftware spezialisierten Duria eG, die Bemühungen der Branche, die Akzeptanz von Telematik-Lösungen bei Patienten und Anwender zu steigern. Sein Anliegen ist „die Verbesserung der medizinischen Versorgung durch eine verantwortungsvolle Verbreitung der Digitalisierung unter geeigneten gesetzlichen Rahmenbedingungen.“ Technik zum Selbstzweck hält er für unangebracht, im Mittelpunkt müssten Nutzerorientierung, Sicherheit und Standardisierung stehen.



Admir Kulin vom Medizintechnik-Hersteller Vitaphone machte deutlich, dass die beim „TeleArzt“-Projekt genutzte Technik eine belastbare Basis bildet, die diesen Anforderungen gerecht wird: In puncto Vitaldatenmonitoring liege die entsprechende Zulassung als Medizinprodukt vor, Qualitätsstandards und Anwendungsregeln der Branche würden eingehalten. Gleiches gelte für den Datenschutz: „Die Aufklärung des Patienten und eine schriftliche Freigabe durch ihn ist zwingend. Die Daten des Patienten werden anonymisiert und über eine gesicherte Datenleitung verschickt, die Firma Vitaphone wird keine dieser Daten speichern.“

Für Dr. Burkard Zwerenz, den Vorsitzenden des Hausärzteverbandes Rheinland-Pfalz, ist das „TeleArzt“-Konzept „sehr tragfähig“ und ein „Schritt in die richtige Richtung“. Er hält es vor allem für den ländlichen Raum für eine hilfreiche Ergänzung des bestehenden Angebotes, auch angesichts der rückläufigen Zahlen junger Mediziner, die es aufs Land zieht. „Die Hausärzte müssen bereit sein, mehr zu delegieren, nicht zu substituieren.“ Dazu biete der „TeleArzt“ in Verbindung mit VERAH die Möglichkeit. Er machte zudem deutlich, dass es in Rheinland-Pfalz auch deshalb so wenige junge Ärzte gibt, weil die Landesregierung es seit Jahren versäumt habe, einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin an der Universität Mainz einzurichten bzw. diesen nunmehr adäquat zu besetzen. Ein Appell, den die Landespolitiker Enders und Wäschenbach erneut mit nach Mainz nehmen wollen, um bei der Landesregierung Druck zu machen.

Der Einsatz der Telemedizin, so das Resümee der beiden Abgeordneten, biete viele Möglichkeiten für Mediziner und Patienten. Wichtig ist beiden die Praxistauglichkeit: „Wir müssen bei den Problemen der Ärzte und Patienten im ländlichen Raum ansetzen und Lösungsvorschläge erarbeiten, mit dem alle Beteiligten zufrieden sein können. Der "TeleArzt" beispielswiese kann einerseits die Versorgungsqualität sichern und andererseits den Hausarzt entlasten.“



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