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Nachricht vom 11.02.2016    

Flüchtlinge zwingen zum Blick auf die Fluchtursachen

Der Weltladen Betzdorf möchte eine neue Sichtweise in die Thematik Flüchtlinge einbringen und auf die Möglichkeiten hinweisen, die fairer Handel bei der Bekämpfung von Fluchtursachen leisten kann. Denn nicht nur die Kriege auch die Armut zwinge Menschen zur Flucht.

"Durch den Einkauf im Weltladen kann jeder Fluchtursachen bekämpfen“, meinen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Weltladens, denn nicht die Flüchtlinge, sondern die Fluchtursachen seien das Problem, das gelöst werden müsse. Foto: pr

Betzdorf. Wenn in diesen Tagen von Flüchtlingen die Rede ist, so wird die Debatte von Begriffen wie „Obergrenzen“, „sicheren Außengrenzen“, „Sicherung der nationalen Grenzen“, „Integrationspflicht“, „sichere Herkunftsländer“, „Hotspots“, „Verschärfung der Asylgesetze“, Tageskontigente“, und anderen Begriffen dominiert.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Weltladens weisen aber darauf hin, dass uns die Geflüchteten, die es bis zu uns schaffen, ein besonderes Präsent mitgebracht haben. Geschenkt haben uns die Migranten etwas ganz Wichtiges: den nützlichen Zwang über den Horizont unsere Wohlstands-Oase hinauszublicken. Sie sind Botschafter einer Welt, wie sie wirklich ist. Sie zeigen uns in Nahaufnahme den Skandal, dass wir viel zu lange glaubten, unseren Wohlstand zum großen Teil auf Kosten anderer erhalten zu können, statt mit ihnen gemeinsam. Sie sind die Sehhilfe, mit der wir erkennen können, dass Krisen und Kriege mit unserer vergesslichen Lebensweise mehr zu tun haben, als wir wahrhaben wollen. Sie haben uns die zerrissene Welt buchstäblich ins Haus gebracht.

Dass diese zerrissene Welt irgendwie mit der Ausplünderung und Ausbeutung der sogenannten Entwicklungsländer und damit der Flüchtlinge zusammenhängt, ahnt man dunkel. So genau will man das wiederum nicht wissen. Wissen könnte das Gewissen belasten. Die Flüchtlinge erteilen uns eine Lektion. Es ist eine Lebenslüge zu glauben, ein kleiner Teil der Welt könne in Frieden leben, während ein Großteil in Armut und Kriegen versinkt. Dass sich früher oder später eine Völkerwanderung in Bewegung setzen würde, haben wir geahnt. Eigensüchtig haben wir gehofft: später. Sollen die Enkel sehen, wie sie damit klarkommen. Nach uns die Sintflut.

„Die wenigsten Menschen verlassen ihre Familie und ihre Heimat ohne Grund“, sagt Hermann Reeh vom Weltladen, „vor allem, wenn der Fluchtweg lebensgefährlich ist.“ Meist seien kriegerische Konflikte, politische Verfolgung, Armut, Klimaveränderung, Verletzung von Menschenrechten die Ursache von Flucht. Wird das Recht auf Nahrung, auf Bildung, auf Gesundheitsfürsorge, auf ein existenzsicherndes Erwerbseinkommen – also auf ein menschenwürdiges Leben – nicht verwirklicht, dann haben Menschen keine Perspektiven. Sie sehen sich gezwungen, ihr Land zu verlassen, um für sich und ihre Familien eine neue Zukunft aufzubauen. Nicht die Flüchtlinge, sondern die Fluchtursachen seien das Problem, dass gelöst werden müsse.



Doch wenn Menschen nicht vor bewaffneten Konflikten fliehen oder nachweislich politisch verfolgt werden, haben sie meist geringe Chancen, in reichen Ländern Asyl zu erhalten. Sie werden hierzulande oft als „Wirtschaftsflüchtlinge” bezeichnet. In diesem Fall wird den Menschen, die aufgrund von Armut ihre Heimat verlassen, ihr legitimer Anspruch auf Rechte und ein Leben in Würde nicht gewährt. Im Gegenteil, auch in Europa werden die Menschenrechte dieser Flüchtlinge noch verletzt. Viel zu oft müssen sie in menschenunwürdigen Umständen leben, ohne Nahrung, ohne Sicherheit und ohne ein Dach über dem Kopf. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Weltladens weisen darauf hin, dass der Faire Handel die Flucht von Menschen verhindert, weil er dafür sorgt, dass die Menschen Nahrung, Kleidung, Unterkunft, medizinische Versorgung, Schul- und Berufsausbildung der Kinder und damit eine Perspektive für die Zukunft haben.

„Menschen haben ein Bedürfnis, in einer Welt zu leben, in der es vorhersehbar und gerecht zugeht“, meint Jutta Bauer vom Weltladen. Das sei aber in vielen Teilen der Welt nicht gegeben. Die Bekämpfung der Fluchtursachen sei wie der Klimawandel eine globale Herausforderung, es wäre hilfreich, wenn wir einen Teil zu deren Lösung beitragen würden. Wenn es darum gehe, Fluchtursachen zu bekämpfen, müsse es also auch um Armutsbekämpfung, um eine gerechte Verteilung des Reichtums auf der Welt gehen.

Im Weltladen hat jede Frau und jeder Mann die Möglichkeit, durch den Kauf fair gehandelter Produkte Fluchtursachen zu bekämpfen. Die Politik müsse durch die Einführung von sozialen und ökologischen Mindeststandards und eine gerechte Verteilung des weltweiten Reichtums für existenzsichernde Einkommen sorgen.



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