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Nachricht vom 25.05.2016    

BID für BID zur attraktiven Innenstadt?

Wie kann das Sterben der Läden vor Ort verhindert oder gar umgekehrt werden? Mit der Realisierung von Business Improvement Districts (BIDs)? In Wissen wurde nun dieses Instrument zur Aufwertung von Innenstädten vorgestellt und diskutiert.

Landtagsabgeordneter Michael Wäschenbach (links; CDU) und Landtagspräsident Henrik Hering (Mitte; SPD) diskutierten in Wissen das neue Landesgesetz über lokale Entwicklungs- und Aufwertungsprojekte (LEAP) unter anderem mit der Quartiersmanagerin Nina Häder aus Hamburg, wo ähnliche Modelle seit längerem durchgeführt werden. Fotos: Daniel Pirker

Wissen. „Geschäftsräume zu vermieten“ – so oder so ähnliche Schilder finden sich oft in den Innenstädten, nicht nur im AK-Gebiet. Ein Hoffnungsschimmer könnten Business Improvement Districts sein, kurz (BIDs). Private Initiativen sollen in klar abgegrenzten Gebieten Verantwortung übernehmen und so für die Aufwertung des „Quartiers“ sorgen. Mit dem Landesgesetz über lokale Entwicklungs- und Aufwertungsprojekte (LEAP) gibt es nun auch in Rheinland-Pfalz die gesetzlichen Voraussetzungen für deren Errichtung. Doch was verbirgt sich hinter dem Modell, das seinen Ursprung in Nordamerika hat? Welche Chancen hält es bereit? Und welche Hürden sind zu nehmen?

Eine Veranstaltung der IHK Koblenz befasste sich nun im Wissener Ausbildungs- und Weiterbildungszentrum (AWZ) mit diesen Fragen. Gleich zu Beginn setzte sich Patric Raeschke von der IHK damit auseinander, worin der Vorteil des neuen Modells gegenüber den auch im AK-Land etablierten Werbe- und Aktionsgemeinschaften liegt. Zum einen finanzieren sich diese Gruppen über freiwillige Beiträge, was langfristige Planungen erschwere. Grundsätzlich fehle es auch an Geld. Außerdem beteilige sich nur ein gewisser Teil der Gewerbetreibenden an den Gemeinschaften. Von den Erfolgen profitieren dann allerdings alle, auch die Nicht-Mitglieder.

BIDs gehen einen anderen Weg – und der ist durchaus mit mehr Pflichten verbunden. Die Chancen des Modells gibt es nicht zum Nulltarif. Das tragende Prinzip lautet Eigenverantwortung. Aber von vorne: Die jeweilige Gemeinde muss einen Projektbereich festlegen, zum Beispiel Straßenzüge. Mindestens 15 Prozent der Eigentümer, die zudem mindestens 15 Prozent der Flächen im Gebiet besitzen, müssen die Beteiligung am BID unterstützen und sich zu einem Aufgabenträger zusammenschließen, beispielsweise einem Verein. Dieser unterwirft sich der Aufsicht der jeweiligen Gemeinde. Außerdem muss ein Maßnahmen- und Finanzierungsprojekt und der Entwurf eines öffentlichen Vertrags erstellt werden. Die Laufzeit eines BIDs beträgt schließlich höchstens fünf Jahre. Nach dem Auslaufen, kann sich allerdings für eine neue Projektrunde entschieden werden. Und nicht zu vergessen: Alle Immobilienbesitzer innerhalb des Gebiets müssen zahlen. Ein Hebesatz richtet sich nach dem Gesamtaufwand des Gebiets und dem Einheitswert aller Grundstücke. Wie viel zu zahlen ist legen die Betroffenen selbst fest.

In Rheinland-Pfalz wurden ähnliche Ansätze bereits erprobt in sechs Modellkommunen. Eine von ihnen war Diez, eine Verbandsgemeinde mit fast 11.000 Einwohnern. Als der Stein für das Projekt 2005 ins Rollen kam, war ein Hauptantrieb die Sorge um die Entwicklung der Innenstadt, erinnerte sich Holger Caspers vom BID Diez. „Wir müssen was tun, sonst geht’s weiter bergab“, beschrieb er die damalige Gefühlslage der Immobilienbesitzer. Ein Hauptprojekt der Initiative bestand im Umbau der Innenstadt. Das Ziel: Weniger Verkehr und damit mehr Platz für Märkte und Menschen. Laut Caspers war man erfolgreich.

Wie die Diezer Gruppe das geschafft hat? Unter anderem, indem sie sich aktiv in die Umbaumaßnahmen eingemischt hat. So bezahlte sie aus eigener Tasche einen Entwurf, damit „der Innenstadtausbau nicht schief geht“, erklärte Caspers. Der Stadtrat setzte schließlich die Ideen nahezu eins zu eins um. Dabei beließ es das Diezer BID aber nicht: Beispielsweise half ein Baustellenlotse Senioren beim Einkauf. Nun wollen die Verantwortlichen im Rahmen des neuen Gesetzes weiter machen. Allerdings kritisierte er, dass das Antragsverfahren kompliziert und zeitraubend sei und es sehr lange dauere bis ein Projekt umgesetzt werde. Weitere Kritikpunkte waren die komplizierte Eingrenzung eines Projekts sowie die schwierige Prognose des Finanzierungsbedarf.



Von noch weitreichenderen Erfahrungen konnte Nina Häder berichten. Sie arbeitet als Quartiersmanagerin der BID Tibarg in Hamburg-Niendorf. In der Hansestadt laufen manche BIDs bereits in der dritten Laufzeit, das BID Tibarg gibt es seit sechs Jahren. Auch hier stand am Anfang die Angst der Grundstückseigentümer um die Zukunft ihres Quartiers. Mittlerweile hat die Initiative einiges auf dem Weg gebracht: etwa Kinderspielbereiche, attraktive Sitzgelegenheiten oder eine Wasseranlage. Die finanzielle Planungssicherheit machte auch die halbe Stelle für das Quartiersmanagement, einen zusätzlichen Winterdienst oder einen Hausmeister möglich. Alles in allem habe sich die Aufenthaltsqualität deutlich verbessert. Zudem habe sich das Mietniveau erhöht oder zumindest stabilisiert. Und Leerstände? Die gebe es immer noch nicht.

Nicht zu vernachlässigen ist zudem, dass sich die Zusammenarbeit mit der Politik und Verwaltung deutlich verbessert habe. Ein Vorteil, den auch der frisch gewählte Landtagspräsident und ehemaliger Wirtschaftsminister, Hendrik Hering, (SPD) in der späteren Diskussionsrunde herausstellte: „So werden Sie vielleicht mal gefragt, wenn Sie aber eine solche Konzeption haben, dann finden Gespräche auf Augenhöhe statt.“
Daneben begrüßte Hering die verpflichtende Abgabe. Denn mit der Bereitschaft der Eigentümer sich selbst finanziell zu beteiligen, steige auch die Motivation der Kommune mehr zu zahlen. Der Landtagsabgeordnete Michael Wäschenbach (CDU) betonte, dass das Modell kein Allheilmittel darstelle, sondern ein Instrument von vielen sei. Patric Raeschke von der IHK hatte zu Beginn in die gleiche Kerbe geschlagen: So ersetze ein BID nicht die kommunale Daseinvorsorge, genauso wie das Stadtmarketing. Und: Als alleinigen Problemlöser der Innenstädte könne das Modell ebenfalls nicht wirken. Hinzu kommt, dass neben dem nötigen Durchhaltevermögen, eine gewisse wirtschaftliche Basis gegeben sein muss. „Wo nur Leerstand vorherrscht, macht BID auch keinen Sinn“, sagte die Hamburgerin Nina Häder. In der Diezer Innenstadt beispielsweise war dies zu rund 17 Prozent der Fall. Heute seien kaum noch Geschäfte verwaist, sagte Holger Caspers vom BID Diez. Das ermutigte eine Immobilienbesitzerin aus Wissen, Anne Schmitz, zu einem Wortbeitrag: „Wir fangen am anderen Ende von Diez an.“ (ddp)



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