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Nachricht vom 23.09.2016    

Seid doch endlich mal stolz auf den Westerwald

Am Donnerstagabend, den 22. September wurde die Arbeit der Kleinkunstbühne Mons-Tabor mit dem Kulturpreis des Westerwaldes gewürdigt. Darüber hinaus wurde -mehr oder weniger- über die Zukunft des Westerwaldes in Form einer Podiumsdiskussion geredet. Immer wieder wurde thematisiert, dass die Wäller, doch endlich mal stolz auf ihre Heimat sein und dies auch nach außen tragen sollten. Fazit des Abends war, dass es zwar viele Ideen für die Region gibt, kaum jemand jedoch bereit ist, den Anfang zu machen.

Auf der Bühne saßen v.l. Ulrich Schmalz, Julia Klöckner, Hendrik Hering, Susanne Szczesny-Oßing, Andy Becht, Michael Lieber und Edmund Schaaf Foto: jkh

Altenkirchen. Die sieben Rotary und Lions-Clubs aus der Region luden am Donnerstagabend, den 22. September in die Stadthalle Altenkirchen zur Verleihung des Kulturpreises und einer Podiumsdiskussion zum Thema "Zukunft der Region Westerwald" mit den Akteuren aus der Landespolitik: Hendrik Hering, Julia Klöckner und Andy Becht, sowie aus der Region: Michael Lieber, Edmund Schaaf und Susanne Szcesny-Ossing ein.

Die Entscheidung über den Sieger des Kulturpreises des Westerwaldes viel dieses Mal nicht leicht, erklärte Dr. Ulrike Fuchs, da die 18 Bewerber eine Vielfalt bedienten, die man es sich nur wünschen kann. Mit einer Stimme Vorsprung gewann schließlich die Kleinkunstbühne Mons-Tabor. Unter der Leitung des Vorsitzenden Uli Schmidt organisieren die 15 Mitglieder seit 29 Jahren erfolgreich kulturelle Veranstaltungen, wie die Westerwälder Kabarettnacht. Die Entscheidung fiel vor allem auf die Kleinkunstbühne Mons-Tabor wegen der großartigen Veranstaltungsreihe „Musik in alten Dorfkirchen“, die vielen Orten zugutekommt. Den zweiten Platz machte das Jugendkulturbüro Haus Felsenkeller.

Anschließend leitete Ulrich Schmalz, der Moderator des Abends, mit der Geschichte des Westerwaldes die Podiumsdiskussion ein und fragte Susanne Szczesny-Oßing, Vorsitzende der EWM Welding AG und stellvertretende IHK-Vorsitzende, wie sie den Westerwald aus ökonomischer Perspektive wahrnehme.
Szczesny-Oßing ist eine der wenigen, die in der Region aufgewachsen und geblieben ist. Doch, ob man im Westerwald bleibt, hängt von den weichen und harten Standortfaktoren ab. Am Montag, den 26. September wird die neue Standortumfrage der IHK veröffentlicht. 2007 wurde die letzte durchgeführt und zum Bedauern von Szczesny-Oßing hat sich seitdem nicht viel getan. „Es fehlt vor allem ein Kreisentwicklungskonzept“, betont sie. Zudem fiele die Anwerbung von Mitarbeitern für ihr Unternehmen schwer. „Ingenieure sind Mangelware“, sagt Szczesny-Oßing, „Wir müssen oft den ersten Schritt tun, damit sich was bewegt.“

Landtagspräsident Hendrik Hering appellierte an die Bürger, dass die Wäller stolzer auf ihre Region sein sollten. Im Westerwald gibt es schließlich eine niedrigere Arbeitslosenquote als im Durchschnitt von Rheinland-Pfalz und auch die Ausbildungsmöglichkeiten mit dualen Studiengängen und guten Aufstiegschancen sind sehr gut in der Region. Ferner liegt der Westerwald mitten in Europa und einige Städte und Knotenpunkte, wie Bonn und Frankfurt liegen nicht weit entfernt. Hering gab zu, dass der Ausbau der Infrastruktur und des Breitbandes besser und schneller sein müssten. Dennoch sind bereits die Weichen dafür gestellt worden und es komme nun darauf an sich als starke Region zu verkaufen. Auf die Nachfrage Schmalz‘ hin, ob nicht zu wenig für den Westerwald getan werde, antwortete Hering, dass die Region nicht benachteiligt wurde, sondern, dass sogar mehr Mittel als in andere Regionen in Rheinland-Pfalz geflossen sind.

Ulrich Schmalz fragte anschließend Julia Klöckner, Landesvorsitzende der CDU, wie es mit der Verwaltungsreform weitergehen wird und warum man Betzdorf und Gebhardshain zusammengelegt habe. „Größe sagt nichts über Qualität aus.“, sagt Klöckner. Sie ist zuversichtlich, dass die Verwaltungsreform zu einem Ergebnis komme, die den Namen Reform verdient. Schließlich sind die Ansprüche der Bürger an die Verwaltung ganz anders als noch vor 50 Jahren. Sie sind gewohnt das Internet zu verwenden, es sollte schnell gehen und sich an die aktuellen Arbeitszeiten richten. Daher sollte man erst die Funktion definieren und dann erst den Rest. Zudem findet Klöckner es nicht gut, dass immer mehr junge Menschen Beamter werden wollen. Daher sollte nach ihrer Meinung Bestenauslese in dem Bereich betrieben werden. Weiter fordert Klöckner, dass ein Teil der Rekord Steuereinahmen in Forschung und Entwicklung fließen sollten. „Wir müssen es schaffen“, betont Klöckner immer wieder, dass die Hemmschwelle vom kleinen Unternehmen zu einem großen Konzern nicht mehr so groß ist. Man sollte daher nicht nur die sozialschwachen, die es benötigen, fördern, sondern auch die Begabten. Außerdem bräuchte Deutschland eine Experimentierregion, ähnlich dem des Silicon Valley. „Der Westerwald wäre dazu gut geeignet“, so Klöckner.

Edmund Schaaf, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Montabaur, antwortet auf die Frage von Schmalz hin, ob er nicht glücklich wäre, so einen „Edelstein zu regieren“, dass er sehr dankbar sei. Doch bis dahin war es ein langer Weg gewesen. Als die Idee des ICE-Bahnhofs geboren wurde, musste man sich zunächst von allen Seiten Spott anhören. Heute profitiert der ganze Westerwald von der Steuerkraft in Montabaur. Damals wurde Schulden in Höhe von 36,8 Millionen Euro für den ICE Park aufgenommen. 10 Millionen trug das Land, 11 Millionen die Stadt bei. Der Rest wurde über Grundstücksverkäufe finanziert, dabei wurde lange Zeit keins verkauft, was Schaaf viel Sorgen bereitete. Heute ist er glücklich über diese Entwicklung. Zum Kreisentwicklungsplan, den Szczesny-Oßing bereits ansprach, erwiderte Schaaf, dass jeder Bürger mitmachen könnte diesen auf der Homepage weiterzuentwickeln und zu gestalten. Schaaf wünscht sich für die Zukunft, dass sich mehr Unternehmer in die Lokalpolitik einmischen.



Staatsekretär Andy Becht ist nun vier Monate im Amt. 100 Millionen Euro sollen für die Infrastruktur und den Breitbandausbau im Kreis Altenkirchen investiert werden. „Ist dies überhaupt zu stemmen?“, fragt Schmalz. Nach Bechts Meinung gibt es keine weichen Standortfaktoren mehr, sondern nur noch harte. Zudem werden 15 Prozent der jetzigen Bevölkerung in 30 Jahren fehlen. Weiter lobte Becht, dass über einen Kreisentwicklungsplan nachgedacht wird. Dabei bietet der Westerwald beste Voraussetzungen. Das drei-Länder-Eck bietet eine große Chance und Deutsche Technologie wird immer noch in der Welt gefordert. Bis 2018 soll das Internet flächendeckend 50MB schnell sein, die Infrastruktur soll verbessert und Start ups sollen mehr gefördert werden.

Einst war der Kreis Altenkirchen der wirtschaftlich Stärkste im Westerwald, heute ist er der Schwächste. Während in Altenkirchen das pro Kopf Einkommen bei 20.107 Euro liegt, gibt es jeweils im Westerwald und in Neuwied ein Einkommen pro Kopf von über 22.000 Euro, erklärt Schmalz und fragt Landrat Michael Lieber, was nach seiner Meinung in den nächsten Jahren getan werden muss. Dieser kann die Enttäuschung der Bürger über die schwache Infrastruktur nachvollziehen. „Doch jetzt kommt die Hoffnung“: Es wird über einen Kreisentwicklungsplan nachgedacht und auch der Breitbandausbau schreitet fort. Das Kooperationsabkommen mit der Universität Siegen wird gelebt. Die Westerwälder Literaturtage bringen seit Jahren Kultur in die Region. Die Sparkasse ist fusioniert. All das genannte zeigt, dass es wichtig ist im Westerwald zusammen zu arbeiten. Was Lieber jedoch große Sorgen bereitet ist die ärztliche Versorgung. Dennoch leben die Westerwälder in einer wunderschönen Landschaft und auch die Bildungsstruktur ist vielsagend. Zum Schluss fügte Lieber sein Motto hinzu, dass man nicht alles schön reden soll, doch jeder kann etwas beitragen. „Das ist nämlich über den Westerwald positiv zu reden.“

Erst am Ende, obwohl dies eigentlich das Thema der Podiumsdiskussion sein sollte, wurde die Zukunft des Westerwaldes konstruktiv angesprochen. Ulrich Schmalz schlug ein paar bereichernde Punkte vor, wie dass man auch mal die Musik und nicht nur die Literatur in den Vordergrund stellen sollte und was die Anwesenden von der Einführung eines „Westerwälder Zyklus“ halten würden. Darüber hinaus wäre es doch schön eine „Westerwälder Wanderwoche“ einzuführen, um den Tourismus zu stärken oder eine „Genussmesse“ zu etablieren, die lokale Produkte vorstellt, äußerte sich der Moderator.
Susanne Szczesny-Oßing bejahte die Vorschläge und meinte, dass das Problem sei, dass sich die Region nicht richtig darstelle. „Es gibt so viele Ideen, doch niemand setzt diese um. Man sollte sich zusammensetzen und diese niederzuschreiben, um sie dann umsetzen zu können.“, fordert sie. Dafür benötigt man jedoch einen Auftakt. Szczesny-Oßing wünscht sich, dass die Politik den Anfang macht und eine Plattform schafft. Gerne bietet sie auch ihre Hilfe bei dem Vorhaben an. Doch Hendrik Hering nimmt der Unternehmerin gleich den Wind aus den Segeln. Die Politik sollte sich nicht um solche Aufgaben kümmern. „Es soll von Unten kommen.“, sagt Hering.

Insgesamt hatte die Podiumsdiskussion, die eigentlich keine war, da nicht wirklich diskutiert wurde, sondern sich zumeist jeder Teilnehmer einmal äußerte, manchmal auch ohne auf die Frage des Moderators einzugehen, ein großes Publikum. Dennoch wurde kaum konstruktiv das Hauptthema der Veranstaltung, die Zukunft des Westerwaldes, vertieft. Stattdessen wurden die üblichen Verdächtigen, die Infrastruktur und der Ausbau des Breitbandes thematisiert, die jedoch nicht die einzigen Probleme der Region darstellen und daher auch nicht die rundum Lösung für den Westerwald sein werden, wenn sie einmal zufriedenstellend für das Bürgertum vorhanden sein sollten. Zudem war der einheitliche Konsens der Redner, dass die Bürger doch einfach mal stolz auf den Westerwald sein sollten. Auf viele Fragen, wie zum Beispiel wieso so viele junge, gut ausgebildete Leute den Westerwald verlassen, obwohl es angeblich genug Perspektiven in der Region gibt und die Bevölkerung immer älter und kleiner wird, wurde gar nicht näher drauf eingegangen oder gar ein Lösungsansatz gefunden.

Das Fazit der Podiumsdiskussion ist letztendlich, dass es viele Ideen und Verbesserungsvorschläge gibt, kaum jemand jedoch bereit ist, den Anfang zu machen. Nichtsdestoweniger wird am Beispiel des ICE-Bahnhofs deutlich, dass sich die Mühe lohnt, trotz Hindernissen und großen Sorgen, einmal den Anfang zu machen und Ideen umzusetzen. (jkh)


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