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Nachricht vom 13.11.2016    

Zukunftsfähigkeit der Kirchengemeinden fest im Blick

Bei der Herbstsynode des Kirchenkreises, die diesmal in Herdorf zusammentrat, wurde von den rund 70 Delegierten aus dem Kirchenkreis und den 16 Evangelischen Kirchengemeinden viel Organisatorisches abgearbeitet, wurden personelle und finanzielle Rahmen abgesteckt und viel Zeit in Zukunftsfragen investiert. Gastredner Prof. Dr. Okko Herlyn setzte deutliche Impulse und appellierte für mehr Öffentlichkeit und Einmischung.

Prof. Dr. Okko Herlyn (rechts) gab der Synode Impulse auf ihrem Weg in eine zukunftsfähige Gemeinschaft. Der Theologe nutzte auch die Synodenpausen zum Austausch mit den Abgeordneten aus den 16 evangelischen Kirchengemeinden im Kreis Altenkirchen. Fotos: Petra Stroh

Kreis Altenkirchen. Wie kann man unter den geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, dem demographischen Wandel, trotz schwindender finanzieller und personeller Ressourcen auch künftig den Menschen in der Region das Evangelium nahebringen? Klar ist für Pfarrerin Andrea Aufderheide, gerade für eine zweite achtjährige Amtsperiode wiedergewählte Superintendentin des Kirchenkreises Altenkirchen, dass im Diskussionsprozess um den „Evangelischen Kirchenkreis im Jahr 2025“ die geistliche Ermunterung statt „ermüdender Strukturdiskussionen“ obenan steht.

Im Gleichklang von Haupt-, Neben- und Ehrenamtlichen sollen bei einem Synodenworkshop im Juni 2017 Visionen und Machbares erarbeitet werden. Folgen sollen dann konkrete Verabredungen; begleitet von einem Moderator, aber auch von den Freunden aus dem Partnerkirchenkreis „Oberes Havelland“ in Brandenburg, die permanent Veränderungsprozesse stemmen mussten und müssen, will die Synode den Kirchenkreis mit seinen derzeit rund 38.600 Mitgliedern zukunftsfähig gestalten.

200 Jahre alt wird der Kirchenkreis Altenkirchen 2017, und das bevorstehende Jubiläum wirft für die Superintendentin, die seit 2008 die Geschicke des Kirchenkreises leitet, Fragen auf. „Wie können wir das, was wir tun als Kirche und als Gemeinden im ländlichen Raum, konsequent von den Menschen her denken, die sich engagieren wollen und können, und von den Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen?“ „Wie können wir die Bedingungen so gestalten, dass unsere kirchlichen Berufe Freude machen, dass Zeit für’s Wesentliche, Zeit für Gott und die Menschen bleibt und dass wichtige Kraftreserven nicht durch immer mehr Orte, weitere Wege, größere Seelsorgeeinheiten und höhere Stapel von Verwaltungsaufgaben aufgefressen werden? Wie können wir uns gegenseitig ermutigen, dass nicht mehr alle alles anbieten müssen, sondern Veränderungen, Einschnitte, Bündelungen vorzunehmen, Brachen auszuhalten und Freiräume für die Entstehung von Neuem zu ermöglichen bzw. zu erkämpfen?

Aufderheide, die auch in der Leitung der Landeskirche Verantwortung trägt, sieht angesichts der vielen Herausforderungen aber keinen Grund mutlos zu sein, geschweige denn resignativ zu werden: „Wenn wir uns in allen anstehenden strukturellen Fragen und Veränderungen auf allen Ebenen unseres Kirche-Seins frühzeitig miteinander verständigen und Gespräche suchen! Wir werden uns sogar gegenseitig stärken können, wenn wir die Erfüllung unserer Aufgaben gemeinsam angehen“, appellierte sie an die Verantwortlichen vor Ort.

Prof. Dr. Okko Herlyn, langjähriger Pfarrer in Duisburg, später unter anderem Professor für Ethik, Anthropologie und Theologie an der Evangelischen Hochschule in Bochum, versorgte die Kreissynode bei ihrer Tagung in Herdorf mit Impulsen zu ihrem „Reformprozess“. Ausgehend von der Frage „Ich glaube…ja was eigentlich?“ legte der Theologe die grundlegenden Erkenntnisse der Reformation auf ihre heutige gesellschaftliche und kirchliche Bedeutung hin aus. Herlyn setzte auf die „Kraft der Gottesdienste“, die nicht als „Angelegenheit von Insidern“ rüberkommen dürften. Er forderte auch rein praktisch das „Priestertum aller Gläubigen“ ein und dass sich gerade in den Gottesdiensten die Lebens- und Glaubenswirklichkeit von Menschen widerspiegeln müsse. Kirche müsse, so der Appell an die Verantwortlichen vor Ort, „öffentlich agieren und sich einmischen in die örtlichen Belange. Das heutige Pfarrersein gehöre überdacht“, forderte er. Angesichts der Realität, dass Pfarrer nur noch zu zehn Prozent als Theologen und zu 90 Prozent als Manager gefordert seien, riet er neu nachzudenken, dass die „Schriftgelehrten“ wieder stärker wirken können. Im interreligiösen Dialog ermunterte er dazu, sich in geschwisterlicher Andersartigkeit zu akzeptieren, aber trotzdem „Profil“ zu zeigen.



Superintendentin Aufderheide dankte Herlyn für seine pointierten Worte, die Mut machten, aus dem reformatorischen Erbe Gelingendes im Heute zu vollbringen, in der Zeit zu stehen und dennoch „Kanten“ zu haben.

Impulse für die Kreissynode gab es von „innerkirchlichen Gästen“, darunter auch Superintendent Uwe Simon und Präses Pfarrer Friedemann Humburg, die aus dem weit entfernten Partnerkirchenkreis „Oberes Havelland“ in Brandenburg angereist waren, aber auch von Bürgermeister Wolfgang Schneider (Herdorf-Daaden) und dem katholischen Dechanten Rudolf Reuschenbach, die ebenfalls Erfahrungen in „Umbauprozessen“ haben, damit, wie auf verschiedenen Ebenen Strukturen zusammengebracht werden, die „gelingendes Miteinander“ erreichbar machen.

Im Nachgang zu den Presbyteriumswahlen im Februar 2016 hatte die Kreissynode in Herdorf auch jede Menge „Wahlaufgaben“ zu bewältigen. Im Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises wurden neben Superintendentin Andrea Aufderheide auch ihr zweiter Stellvertreter, Pfarrer Thomas Rössler-Schaake (Flammersfeld) als sogenannter „Scriba“ wiedergewählt. Aus den Reihen der Nicht-Theologen, der sogenannten Synodalältesten, wurde Ulrike Thiel-Schmidt (Altenkirchen) in ihrem Amt bestätigt. Neu in dem Gremium, in dem die Nichttheologen die Mehrheit stellen, ist Kurt Höblich (Wissen), der die Position von Klaus Dahm (Flammersfeld) übernahm. Wiedergewählt in eine Stellvertreter-Position wurde der Hammer Abgeordnete Bernd Wenghöfer.

Die andere Hälfte des Kreissynodalvorstandes, darunter auch Assessor Pfarrer Marcus Tesch (Wissen), der durch die Wahlen führte, steht erst in vier Jahren zur Wahl.

Neugewählt wurden aktuell alle kreiskirchlichen Ausschüsse und Beauftragungen. Einstimmig verabschiedete die Synode zudem ihre Haushalte. Rund sechs Millionen Euro umfasst die kreiskirchliche Planung für das bevorstehende Haushaltsjahr, rund 193 000 Euro Mehrausgaben als Einnahmen sind zu erwarten, so dass auch diesmal nur mit einer Rücklagen-Entnahme ein Haushaltsausgleich möglich sein wird.

Gerechnet wird im Kirchenkreis mit einem deutlichen Rückgang des Anstieg der Kirchensteuereinnahmen in 2017. Mit ein Grund dafür – so die Haushalter des Kirchenkreises – sind auch die rückläufigen Mitgliederzahlen. Wurde im laufenden Jahr noch mit 39.152 Mitgliedern gerechnet, sind es bei den Planungen für 2017 nur noch 38.605. Diese rückläufigen Mitgliederzahlen machen sich auch bei den Zahlungen aus dem landeskirchlichen Finanzausgleich bemerkbar, der sich an den Mitgliederzahlen orientiert.

Als Gründe für den Verlust an Finanzkraft im Kirchenkreis sieht der Vorsitzende des Finanzausschusses, Pfarrer Hans-Jürgen Volk, neben den sinkenden Mitgliederzahlen die gestiegenen Umlagen, die rückläufigen Zinserträge sowie den steigenden Verwaltungsaufwand.

Herausragende Leistungen im Schulfach „Evangelische Religion“ in den heimischen Schulen will der Kirchenkreis künftig einmal jährlich mit dem „Pfarrer Theodor-Maas-Preis“ würdigen. Diesen Preis versteht der Kirchenkreis als Möglichkeit der öffentlichen Wertschätzung des Unterrichtsfaches Religion, sieht ihn als „Werbemittel“ für das Studienfach Religion (Lehramt) und Theologie (Pfarramt). Benannt wurde der Preis nach dem Altenkirchener Pfarrer Theodor Maas, der in der Zeit zwischen 1933 und 1943 nach der Abschaffung des Religionsunterrichts an kleineren Volksschulen im Kreis Altenkirchen die Stunden in Privathäuser seines Bezirks verlegte und so die evangelische Bildung von Kindern und Jugendlichen aufrecht erhielt. „Dies war ein mutiges Zeichen des Widerstandes gerade angesichts seiner persönlichen Verfolgungsgeschichte als Pfarrer mit jüdischen Vorfahren“, heißt es in dem Synodenbeschluss. (PES).



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