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Nachricht vom 01.05.2009    

Neue Töne bei Krieg gegen Wildschweine

Die Jäger im Kreis Altenkirchen haben ihre Hausaufgaben gemacht: 1652 Stück Schwarzwild wurden im Jagdjahr 2008/09 erlegt. Damit hat sich die Strecke gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Das Thema "Schweinepest" war das Generalthema in der diesjährigen Regionalkonferenz im Naurother Bürgerhaus, die der Jahresversammlung der Kreisgruppe voranging. Ein Team des zuständigen Ministeriums in Mainz informierte dabei über den Seuchenverlauf.

Nauroth. Die im Landesjagdverband (LJV) organisierten Jäger des Kreises Altenkirchen haben unter dem Zeichen der Schweinepest ihre Hausaufgaben gemacht. Nicht weniger als 1652 Stück Schwarzwild wurden im Jagdjahr 2008/09 erlegt. Damit verdoppelte sich die Strecke gegenüber dem Vorjahr. Kreisgruppen-Vorsitzender Alois Trapp lobte die Waidgenossen für ihren nachhaltigen und durchaus nicht geruhsamen Einsatz. Die im Naurother Bürgerhaus tagende Jahresversammlung der LJV-Kreisgruppe wurde mit der so genannten Regionalkonferenz zum Generalthema Schweinepest eröffnet. Ein Team des Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz informierte über Seuchenverlauf, Monitoring und Impfung allgemein und speziell im Westerwald. Erkenntnis der Tierseuchen-Referentin Dr. Birgit Straubinger: "Die Schwarzwild-Bestände sind viel zu hoch." Besonderes Augenmerk gilt den Frischlingen, die 82 Prozent der virologisch positiven Schweine ausmachen. Überläufer stehen mit zwölf, erwachsene Sauen mit sechs Prozent in der Statistik. Im Kreis Altenkirchen gibt es bisher vier positiv getestete Tiere.
Befremdlich klangen in vielen Jäger-Ohren neue Thesen zum Sozialverhalten des Schwarzwildes und seiner Bejagung. Der regulierende Einfluss der Leitbachen auf den Zuwachs in den Rotten wurde von Dr. Ulf Hohmann in Frage gestellt: "Wer sagt, dass das so sein soll?" Er sprach von abgeschriebenen Hypothesen und einem "deutschsprachigen Jagdmärchen". Im europäischen Umkreis hatte er keine Bestätigung für die hierzulande unter Jägern weithin anerkannte Funktion der Leitbache im Sozialverband und ihre daraus abgeleitete Schonung gefunden.
"Leitbachen-Erlegung ist kein Drama", erklärte Reinhold Rosenbach, Jagdsachbearbeiter im Ministerium. Überdies sollten weder Gewichts- noch Altersbeschränkungen bei der Jagd gelten. Grundsätzlich gelte für den Abschuss: Bache vor Keiler und Reduktion vor Selektion. Übereinstimmung herrsche, so der Referent, dass 80 Prozent der Frischlinge "zu eliminieren" seien. Erst bei einer Abschussquote jenseits der 70 Prozent gebe es keinen Zuwachs mehr. Auch Überläuferbachen seien scharf zu bejagen.
Rosenbach sprach sich bei korrekter Handhabung auch für die umstrittenen Frischlingsfallen aus. Der Schweine-Nachwuchs wird dabei in Käfige gelockt und dort getötet. "Eine Bankrotterklärung" hatte Wildmeister Helmut Hilpisch dieses Verfahren eine Woche zuvor in der Versammlung des Hegerings Altenkirchen genannt.
Dass Schwarzwild zumal in der Jugendklasse intensiv bejagt werden muss, ist so unumstritten wie die Schonung führender Bachen. Die Jäger des Kreises handelten ensprechend. Kreisjagdmeister Josef Weitershagen nannte mit 1652 erlegten Sauen eine Strecke auf Rekordniveau. Auch die Altersstruktur lässt sich sehen: 870 Frischlinge, 571 Überläufer, 76 Bachen und 135 Keiler.
Für die hohen Zuwachsraten beim Schwarzwild macht Hohmann grundsätzlich die so genannte r-Strategie (r=Reproduktion) dieser Tierart verantwortlich. In Zeiten hohen Nahrungsangebots in Mastjahren (Buche, Eiche) steige die Vermehrungsrate sprunghaft, weil sich die Jugendklasse ohne Rücksicht auf Leitbachen an der Vermehrung beteilige. Entsprechend kritisch betrachtete er überzogene Kirrungs-Praktiken, die natürliche Ausfälle in Fehlmastjahren und damit die Dezimierung der Bestände verhindert hätten. Nicht die zunehmende Häufigkeit der Mastjahre sondern der Nahrungs-Ausgleich durch Kirrung mache den Zuwachs der Schweine-Bevölkerung erklärbar.
Lorenz Steden, Vizepräsident des Landesjagdverbandes, nannte die Jäger "zuverlässige Partner der Veterinärverwaltung". Ihr Einsatz bei der Vergrabung der (im Kreis bisher 35.000) Impfköder, für die Untersuchung (Sammelstellen) und bei der Jagd sei ebenso beispielhaft wie freiwillig und kostenlos. Unter diesen Umständen hält Steden es für vertretbar, auf die Gebühr für die Trichinenschau zu verzichten. Im Kreis Altenkirchen wurde sie schon halbieret. Im Gegensatz zu Hohmann forderte Steden eine Lockerung der Jagd erschwerenden stringenten Mengenbegrenzung in der Fütterungs- und Kirrungsverordnung.
Den zeitlichen Einsatz des Jägers pro erlegte Sau bezifferte Steden auf 15 Stunden. In Zeiten großflächigen Mais-Anbaus lebe das Schwarzwild wie im Schlaraffenland, finde dort Einstand und Nahrung gleichermaßen. Er richtete einen Appell an die Landwirte, die jagdlichen Voraussetzungen zu optimieren - etwa durch Schneisen in den Maisfeldern. (ho)
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Dr. Ulf Hohmann konfrontierte die Versammlung der LJV-Kreisgruppe mit neuen Untersuchungen hinsichtlich Sozialverhalten und Reproduktion des Schwarzwilds. Foto: Klaus Holl



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