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Lehrstellenmarkt hat sich trotz Krise entspannt
Die neuen Auszubildenden haben ihre Lehrstellen angetreten. Das Ausbildungsjahr 2008/2009 ist damit zu Ende. Für die Agentur für Arbeit in Neuwied und die Argen Neuwied und Altenkirchen ist das traditionell der Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen. Und die fällt diesmal – trotz weltweiter Wirtschaftskrise - gar nicht so schlecht aus.
Region. Die gute Nachricht der Agentur für Arbeit Neuwied zuerst: Nur 38 der 2225 jungen Leute, die in den vergangenen zwölf Monaten auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz bei der Arbeitsagentur vorsprachen, sind "übrig geblieben". Im Jahr zuvor waren es noch 101, also fast dreimal so viele. "Das bedeutet aber leider nicht, dass alle anderen 2187 Bewerber auch tatsächlich eine Lehrstelle gefunden haben", bremst Agenturleiterin Ulrike Mohrs allzu großen Optimismus. "Denn auch wenn sich die Situation diesmal deutlich günstiger darstellt als in den vergangenen Jahren, musste mancher Jugendliche schmerzhafte Kompromisse eingehen", heißt es in dem am Dienstagmorgen veröffentlichen Bericht der Neuwieder Arbeitsagentur.
Tatsächlich in Ausbildung sind derzeit 1056, also rund 47 Prozent, der bei der Agentur geführten Bewerber. Die übrigen haben sich - mehr oder weniger freiwillig - für eine Alternative entschieden: 291 gehen etwa weiter zur Schule oder haben ein Studium begonnen, 52 absolvieren Bundeswehr, Zivildienst oder Freiwilliges Soziales Jahr, 82 haben ohne Ausbildung eine Arbeitsstelle angenommen. 304 Mädchen und Jungen sind aber auch in Fördermaßnahmen der Agentur - wie Berufsvorbereitung oder Einstiegsqualifizierung - untergekommen. Und dann gibt es auch noch diejenigen Jugendlichen, die auch auf wiederholte Anschreiben und Einladungen nicht reagierten. "Im günstigsten Fall haben diese jungen Leute ohne unsere Hilfe eine Ausbildungsstelle gefunden und nur `vergessen´, sich abzumelden", hofft Mohrs.
Die Gesamtlage am Ausbildungsmarkt lege eine solche Interpretation durchaus nahe, betont die Agenturleiterin. Im Ausbildungsjahr 2007/2008 hatte es mit 2768 Anfragen noch deutlich mehr Bewerber gegeben als ein Jahr später. Aber auch die Zahl der gemeldeten Stellen nahm von 1852 auf nun 1707 ab. Dennoch: Kamen im Vorjahr statistisch betrachtet noch 1,5 Bewerber auf eine Lehrstelle, so waren es diesmal nur noch 1,3 Bewerber pro Stelle. "Vor allem der Rückgang bei den Jugendlichen macht deutlich, wie schnell sich der demografische Wandel in den nächsten Jahren bei den Bewerberzahlen niederschlagen wird. Deshalb freut mich besonders, dass viele Unternehmen trotz ungünstiger Rahmenbedingungen offenbar erkannt haben, wie wichtig es für ihre eigene Zukunft ist, rechtzeitig Fachkräfte auszubilden - und trotz Wirtschaftskrise auch so handeln. Denn die Zahl der Schulabgänger wird in den nächsten Jahren kontinuierlich zurückgehen, und dann beginnt der Wettstreit um die besten Bewerber."
Spätestens dann, meint die Arbeitsmarktexpertin, müssten sich viele Arbeitgeber auch mit jungen Leuten zufrieden geben, die womöglich nicht exakt ihren Vorstellungen entsprechen. Im abgelaufenen Ausbildungsjahr hat die Arbeitsagentur wieder intensiv in die Vermittlung "schwächerer" Bewerber investiert - sei es durch Förderanreize für die Betriebe oder mit außerbetrieblicher Ausbildung. Derzeit finanziert die AA zum Beispiel 280 außerbetriebliche Plätze.
Kompromisse mussten und müssen aber auch die Jugendlichen machen. Denn noch immer decken sich die Berufswünsche der jungen Leute zu häufig nicht mit dem Bedarf der Unternehmen. So tauchen zwei der bei Mädchen beliebtesten Berufe auf der "Top-Ten"-Liste der angebotenen Ausbildungsstellen überhaupt nicht auf: Friseurin und Arzthelferin. Aber auch bei den kaufmännischen Berufen und beim Spitzenreiter vieler Jungen, dem Kfz-Mechatroniker, ist die Nachfrage deutlich größer als das Angebot. Mohrs: "Das zeigt sehr deutlich, dass sich beim Berufseinstieg längst nicht jeder Traum erfüllen lässt."
Die größte Aufmerksamkeit der Agenturmitarbeiter gehört derzeit den 38 jungen Leuten, die noch völlig unversorgt sind. Spätestens beim "Tag der Chancengarantie", den die Arbeitsagenturen gemeinsam mit den Kammern am 29. Oktober gestalten, soll jedem von ihnen ein Angebot gemacht werden. Das wird vielleicht nicht immer eine Lehrstelle sein, meint Mohrs. Für manchen komme zunächst wohl eher eine Berufsvorbereitung oder eine Einstiegsqualifizierung in Frage. Aber: "Derzeit sind uns noch 20 offene Lehrstellen gemeldet, die Kammern bringen ihren Fundus mit und erfahrungsgemäß kommen kurzfristig noch einige Plätze dazu - etwa weil Jugendliche eine bereits begonnene Lehre wieder abbrechen. Die Chancen für den einen oder anderen verspäteten Ausbildungsstart stehen diesmal also gar nicht so schlecht."
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