Werbung

Nachricht vom 11.03.2019    

Dieselskandal: Landgericht Koblenz spricht Autofahrer Schadenersatz zu

Bekanntlich beschäftigt der sogenannte Dieselskandal nicht nur die Autobauer und natürlich deren Kunden, sondern in erheblichem Umfang auch die Gerichte. Im Jahr 2018 sind bei dem Landgericht Koblenz 945 Verfahren neu eingegangen, die sich allein gegen einen großen Autohersteller richten. In einem Fall wurde nun die folgende Entscheidung getroffen.

Symbolfoto

Koblenz. Bei einem Geschäftsanfall 2018 in Zivilsachen bei dem Landgericht Koblenz von insgesamt 4.505 Verfahren entfallen damit rund 21 Prozent auf den sogenannten Dieselskandal. Zu prüfen ist dabei jeder Einzelfall gesondert mit erheblichem Personal- und Zeitaufwand. Der Dieselskandal wird die Gerichte auch weiter beschäftigen. Allein in den ersten beiden Monaten des Jahres 2019 sind bei dem Landgericht Koblenz weitere 173 Verfahren gegen diesen Autohersteller neu eingegangen. Sollten die Eingänge in dieser Höhe weiter anhalten, bedeutete dies für 2019 wiederum mehr als 1.000 neue Verfahren. Zum Vergleich: Nach der Personalbedarfsberechnung für die Justiz sind alleine für diese Verfahren knapp sechs Richter mit ihrer vollen Arbeitskraft erforderlich

Der Fall
Abgasrückführungsmodus 1 schaltet, wodurch es zu einem geringeren Emissionsausstoß kommt. Im normalen Straßenverkehr ist der Abgasrückführungsmodus 0 aktiv. Die gesetzlich vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte hält das Fahrzeug lediglich in Modus 1 ein. Der Kläger begehrt Schadenersatz in Höhe des vollen Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeuges sowie Erstattung der Kosten, die er für die Finanzierung des Fahrzeuges aufgewandt hat. Des Weiteren verlangt der Kläger Ersatz der Kosten, die er für die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Durchsetzung seiner Interessen aufgewandt hat. Der Kläger beruft sich darauf, dass die Typengenehmigung basierend auf der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 für dieses Fahrzeug nicht hätte erteilt werden dürfen. Auch hätte er das Fahrzeug in Kenntnis der Sachlage nicht gekauft. Das Fahrzeug leide unter einem erheblichen Wertverlust. Zudem sei zu erwarten, dass es durch das Aufspielen des von der Beklagten angebotenen Software-Updates zu einem höheren Verbrauch und einem Leistungsverlust komme. Auch sei mit einer geringeren Lebensdauer des Rußpartikelfilters sowie des Motors selbst zu rechnen.

Die Beklagte wendet ein, die Typengenehmigung sei wirksam erteilt. Auch sei durch das Software-Update nicht mit negativen Auswirkungen auf den Verbrauch, die Leistung oder die Lebensdauer der einzelnen Bauteile zu rechnen. Schließlich seien die Gebrauchtwagenpreise ungeachtet der vorliegenden Dieseldebatte stabil geblieben, sodass auch keine Wertminderung vorliege.

Die Entscheidung

Die 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat der Klage dem Grunde nach in vollem Umfang stattgegeben. Nach den Feststellungen des Gerichtes ist das Fahrzeug mit einer nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet. Bereits hierdurch sei der Kläger geschädigt, da der erworbene PKW von den Erwartungen des Klägers als Erwerber abweiche. Auch habe der Kläger nachvollziehbar dargelegt, dass er das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er von dieser Softwareprogrammierung des Motors Kenntnis gehabt hätte. Hierfür haftet die VW-AG zur Überzeugung des Gerichtes nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.



AK-Kurier Newsletter: So sind Sie immer bestens informiert

Täglich um 20 Uhr kostenlos die aktuellsten Nachrichten, Veranstaltungen und Stellenangebote der Region bequem ins Postfach.

Die Kammer hat ausgeführt: „Die im Rahmen des § 826 BGB geforderte besondere Verwerflichkeit des Verhaltens begründet sich aus dem Umstand, dass die Beklagte als größter Fahrzeughersteller und -Exporteur Deutschlands diese für potentielle Fahrzeugkäufer aufgrund der bezeichneten Erwägungen höchst relevanten rechtswidrigen Motormanipulationen in einer Vielzahl von Fällen vorgenommen und verschwiegen hat. Hierin zeigt sich ein übersteigertes Gewinnstreben um den Preis der bewussten Täuschung und Benachteiligung von Kunden. Denn Ziel der Manipulation kann es nur gewesen sein, Wettbewerbsvorteile in Gestalt weiterer Abschlüsse von Kaufverträgen zu generieren, welche bei Offenlegung der tatsächlichen Gegebenheiten nicht abgeschlossen worden wären.“

Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als hätte er das Fahrzeug nicht erworben. Danach hat die Beklagte gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges den gezahlten Kaufpreis zuzüglich Zinsen zu erstatten. Hiervon in Abzug zu bringen ist aber ein Anspruch auf Nutzungsersatz. Die Höhe dieses Nutzungsersatzes ist nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung des Gerichts festzusetzen. Hier hat das Gericht einen Nutzungsersatz in Höhe von 12.084,54 Euro angerechnet bei einer erfolgten Laufleistung des Fahrzeuges von 94.330 km und einer geschätzten Gesamtlaufleistung von 250.000 km.

Ersatzfähig sind auch die angefallenen Kreditkosten in Höhe von 2.654,50 Euro. Diese stehen nach den Feststellungen des Gerichts in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages. Nicht ersichtlich ist nach den weiteren Feststellungen des Gerichtes, dass der Kläger hierdurch einen anderweitigen finanziellen Vorteil erhalten habe, der anzurechnen wäre. Erstattungsfähig als weiterer Teil des Schadensersatzes nach § 826 BGB sind schließlich auch die von dem Kläger aufgewandten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Allerdings muss der Kläger nach § 92 ZPO einen Teil der Verfahrenskosten selbst tragen, da er mit seiner Klage eine vollständige Rückzahlung des ursprünglichen Kaufpreises begehrte, hiervon aber wie ausgeführt der Nutzungsersatz in Abzug zu bringen war.

Landgericht Koblenz; Urteil vom 27. Februar 2019; Aktenzeichen: 15 O 331/17 (nicht rechtskräftig, Berufungsfrist läuft).

Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB): § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Auszug aus der Zivilprozessordnung (ZPO) § 92 Abs. 1 Satz 1. Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. § 287 Abs. 1 Satz 1 Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein sich ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. (PM Landgericht Koblenz)



Anmeldung zum AK-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Altenkirchen.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Region


Kaiserschießen beim KKSV Orfgen: Der ersten Titel wird vergeben

Orfgen. Nach zwei Jahren endet die Amtszeit des amtierenden Kaisers Wilhelm Bruch, und die Frage, wer seine Nachfolge antritt, ...

CDU Horhausen nominiert Thomas Schmidt als Kandidat für Bürgermeisterwahl in Horhausen

Horhausen. "Gemeinsam für Horhausen!" Unter diesem Motto haben die Mitglieder der CDU Horhausen einstimmig bei ihrer Mitgliederversammlung ...

Martin Diedenhofen macht auf Förderung für Musikensembles aufmerksam

Landkreise Neuwied/Altenkirchen. Martin Diedenhofe Abgeordnete betont: "Bei uns in der Region haben wir viele Musikvereine, ...

Perspektive für die Innenstadt Wissen 2035 entwickelt

Wissen. In einem Kreativworkshop vergangene Woche im Walzwerk Wissen, der unter Federführung von Stadtbürgermeister und dem ...

Alkoholisierter Radfahrer stürzt beim Versuch, Treppe hinunterzufahren in Altenkirchen

Altenkirchen. In der Nacht des 17. April gegen 22.30 Uhr ereignete sich in der Bahnhofstraße in Altenkirchen ein bemerkenswerter ...

Aktualisiert: Raubüberfall in Wissen - Täter auf der Flucht, Polizei bittet um Hinweise

Wissen. Am Morgen des 18. April, gegen 9.45 Uhr, wurde eine 80-jährige Frau in ihrer Wohnung in der Rathausstraße in Wissen ...

Weitere Artikel


VG Kirchen: 150 Feuerwehrleute am Sturm-Wochenende im Einsatz

Kirchen. Die Feuerwehr-Bilanz in der Verbandsgemeinde Kirchen für das Sturm-Wochenende am 9. und 10. März verzeichnet insgesamt ...

Stadt- und Feuerwehrkapelle modernisiert Corporate Design

Wissen. Dass junge Leute auch weiterhin mit ihrer Heimat verbunden sind, obwohl sie für das Studium den ländlichen Raum verlassen ...

Kommunalwahlen: FWG Weitefeld tritt mit zwölf Bewerbern an

Weitefeld. In der jüngsten Mitgliederversammlung der FWG Weitefeld konnte nun doch ein Wahlvorschlag für die Ortsgemeinderatswahl ...

Heldmaschine nimmt Publikum ins Fadenkreuz

Schladern. Feiern, bis der Arzt kommt! Das garantierte die Band aus dem Raum Altenkirchen schon früher und hielt auch dieses ...

Heimatgeschichte im Daadener Land: Es geht um die PAB

Daaden. Der Arbeitskreis Heimatgeschichte Daadener Land veranstaltet am Freitag, den 29. März, um 19 Uhr im Gasthof Koch ...

Pläne für den Hellerkreisel liegen bald zur Einsicht aus

Betzdorf. Für den Hellerkreisel in Betzdorf sind inzwischen die Planfeststellungsunterlagen fertiggestellt worden. Laut Auskunft ...

Werbung