Leerstand in Altenkirchen zeigt Wandel des Einzelhandels
Der Blick in viele Einkaufsstraßen deutscher Städte und Gemeinden macht deutlich: Die steigende Zahl leer stehender Geschäfte ist ein Indikator, dass sich ein Wandel vollzieht. Geht der Trend weiter in Richtung Shopping-Zentren vor den Toren der Kommunen oder übernimmt der Internet-Handel immer mehr Anteile am Umsatz? Noch kann sich Altenkirchen glücklich schätzen. Nicht viele Ladenlokale in der Innenstadt sind verwaist.
Altenkirchen. Ein Spaziergang durch die Altenkirchener Innenstadt von Fußgängerzone (Wilhelmstraße) über Bahnhof-, Quengel- und Kölner Straße und der Straße "Zum Weyerdamm" belegt: Die Zahl der Leerstände hält sich in Grenzen. Mit knapp über 16 Prozent (16 von 84) scheint die Quote gegenüber anderen Mittelzentren noch vertretbar. Das sieht die erste Vorsitzende des Aktionskreises Altenkirchen, Katja Lang, ähnlich. "Der Ist-Zustand ist zufriedenstellend", lautet ihre Wertung, "es war schon schlechter." Sie ist über jede neue Nutzung eines verwaisten Ladenlokals froh. Als Beispiel nennt Lang die Eröffnung des Caritas-Second-Hand-Geschäfts.
Auf der anderen Seite beschäftigt sie "ein großer Brocken", die Schließung des Rewe-Centers auf dem Weyerdamm in wenigen Wochen. "Die Nahversorgung fällt damit weg. Ich werde oft von älteren Leuten angesprochen, die keine Lebensmittel mehr in der Innenstadt kaufen können", weiß Lang. Wahrscheinlich im Sommer wird eine weitere Fläche zu mieten sein. Das Büro der Landesbausparkasse (LBS) zieht von der Wilhelm- in die Frankfurter Straße um, wo gerade ein neuer Geschäfts- und Wohnkomplex gebaut wird.
Lang fordert Attraktivität
Lang kann nicht verstehen, dass Besitzer von Immobilien mit nicht genutzter Parterre nicht mehr Initiative zeigen, um "wieder etwas Attraktives anbieten zu können, denn wir müssen uns bemühen, um Geschäfte wieder ansiedeln zu können". Man müsse diese Räume ganz einfach herrichten, fordert sie, "halt immer dran bleiben". In der Stadt hapere es an exklusiven Geschäften. Lang will nicht müde werden, auch die Politik kontinuierlich mit diesem Thema zu konfrontieren. "Wir werden immer wieder den Stadtbürgermeister darauf aufmerksam machen", erläutert sie, "das wird unser Hauptthema bleiben." Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation setzt Lang auf die Aufnahme der Stadt in ein Städtebauförderprogramm, das einen Posten für einen City-Manager bieten kann und über das gleichfalls private Investitionen für die Sanierung von Gebäuden bezuschusst werden können.
Allheilmittel City-Manager?
Auch Stadtbürgermeister Matthias Gibhardt weiß um die Vorteile für die Innenstadt, wenn Altenkirchen wieder auf fremde Mittel für eine erneute Steigerung der Lebens- und Einkaufsqualität setzen kann, nachdem rund 25 Jahre lang Geld aus Mainz für die Sanierung des Zentrums und des Bahnhofsbereichs geflossen ist. Das Okay für die Teilnahme, die auf zehn Jahre befristet sein wird und in denen zehn Millionen Euro investiert werden sollen (2,7 Millionen Euro entfallen auf die Stadt), wird noch ein wenig auf sich warten lassen. Wie Lang wünscht sich Gibhardt ebenfalls "neue Impulse von einem City-Manager - auch für neuen Wohnraum in der Innenstadt". Im Klaren ist er sich auf der anderen Seite darüber, dass der Einzelhandel nicht mehr das Gesicht der 1960- und 1970er-Jahre haben wird.
Moderates Level
"Momentan sehe ich die Zahl der Leerstände auf einem moderaten Level", charakterisiert Gibhardt die aktuelle Lage, die ihm jedoch parallel auch Kopfschmerzen bereitet: das Aus des Rewe-Centers Ende April. Intensiv arbeitet er an einer Lösung, um die Nahversorgung sicherzustellen, die einen kleinen Supermarkt im ehemaligen Nahkauf-Geschäft in der Frankfurter Straße zum Ziel hat und möglicherweise auf Genossenschaftsbasis betrieben werden könnte. In erster Linie, so stellt er sich vor, könnten regionale Produkte von Direktvermarktern verkauft werden: "Warum sollen da zum Beispiel Kartoffel aus aller Welt angeboten werden, wenn wir Produzenten vor der Türe haben?".
Nach inzwischen vielen Gesprächen deutet sich seiner Ansicht nach eine Lösung an, die die Zukunft des Rewe-Centers betrifft. Aktuell sei er vorsichtig optimistisch, denn sowohl Rewe als auch die Widerkehr-Unternehmensgruppe (Eigentümer der Immobilie) seien daran interessiert, den Standort Altenkirchen nicht fallen zu lassen, ihn weiterzuentwickeln. Gibhardt fasst allgemein zusammen: "Der Einzelhandel in Altenkirchen ist komplett in Bewegung." Wie sich das Bild in zwei bis drei Jahren darstellt, wissen Lang und Gibhardt natürlich nicht - nur so viel: "Alles wird ganz anders aussehen." (hak)
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