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Nachricht vom 26.01.2020    

Marienthaler Forum: Woher kommt der Werteverfall unserer Zeit?

Das Thema des Werteverfalls in unserer heutigen Zeit beim des 1. Marienthaler Forum im neuen Jahr sprach viele Interessierte an. Rund 60 Gäste, darunter die beiden ehemaligen Landräte Alfred Beth und Rudolf Schwan, lauschten der Podiumsdiskussion im Hotel Germania in Wissen zu der der Initiator des Marienthaler Forums, Ulrich Schmalz geladen hatte.

Pädagoge Bernhard Meffert, Pfarrer Dr. Michael Klein, Moderator Ulrich Schmalz, Pastor Martin Kürten, Ärztin Dr. Katrin Salveter (Foto: ma)

Wissen. Schmalz hatte die beiden Pastoren Martin Kürten von der kath. Pfarrgemeinde Wissen und Dr. Michael Klein von der evgl. Kirchengemeinde Hamm, die Ärztin Dr. Katrin Salveter und den Pädagogen und Schulleiter Bernhard Meffert vom Raiffeisen-Campus für die Veranstaltung gewinnen können.

„Man muss nicht unbedingt das Buch von Karl-Heinz Gärtner, einem Polizeibekannten im Ruhestand der viele Jahre in Berlin lebte, gelesen haben“ so Schmalz. Das Werk trägt den Titel „Sie kennen keine Grenzen mehr, die verrohte Gesellschaft“. Darin beschreibt der Autor seine Eindrücke und Erlebnisse in der jüngeren Zeit.

Es vergehe kaum ein Tag an dem nicht öffentlich tätige Persönlichkeiten angegriffen und beleidigt würden, so Moderator Schmalz. Seiner Meinung nach würden dazu die auch die neuen medialen Möglichkeiten erheblich beitragen. Wer aufmerksam unsere Gesellschaft beobachte, der komme nicht umhin einen allgemeinen Werteverlust, der in einem demokratischen Prozess entstanden sei, zu beobachten. Die Frage sei, ob sich die Wertevorstellung einer ständigen Veränderung unterwerfe wie beispielsweise durch die Zunahme des Wohlstands in einem halben Jahrhundert.

Gesellschaftlicher Kontext des „Anything Goes“
Aus der Sicht der Kirche gäbe es Gut und Böse, so Pastor Kürten. „Wenn ich das nicht akzeptiere, dann funktioniert auch das System unserer Freiheit nicht“. Die dafür erforderlichen Werte könne man nicht durch Mehrheitsentscheidungen finden und auch nicht auf Dauer erhalten, wenn es keine grundsätzliche Orientierung zwischen Gut und Böse gäbe, wenn sie sich erschöpften durch die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse. Wieso Kirchen als Verkünder von Werten die der Demokratie vorausgehen schwächer geworden seien, da müsse man die Schuld bei sich selbst suchen. Das läge auch an den in den letzten Jahren zu Recht gemachten Vorwürfen gegen einzelne Diener der Kirche, die zu sehr mit sich selbst, mit kircheninternen Problemen und Diskussion über vordergründige Dinge beschäftigt gewesen seien. Es sei zwar populär sich zu anscheinend aktuellen Fragen zu äußern, aber leider sei vernachlässigt worden in dieser Aufgabe für Werte einzustehen die unserer Demokratie vorgegeben sind.

Ob der Einfluss der Kirchen auf die Wertefrage abnimmt, das setzte vielleicht ein falsches Weltbild voraus, so Dr. Michael Klein. Ein Weltbild, in der die Kirche noch eine unhinterfragte Rolle als öffentlicher Ratgeber, als öffentlicher Mahner habe. Man müsse sich deutlich machen, dass wir nicht mehr im christlichen Abendland, sondern in einer postchristlichen Gesellschaft lebten. Das bedeute nicht, dass sie unchristlich sei, sondern christlich geprägt, wobei aber das Christentum in ihr keine vorherrschende Rolle mehr spiele. Das Christentum sei weit entfernt davon so etwas wie die Leitregion unserer Gesellschaft zu sein. Stattdessen seien wir Anhänger des Naturalismus, der seit Darwin vorherrsche und Darwins Lehre vom „Survival Of The Fittest“ werde letztlich auch übertragen gelebt, in allen menschlichen Bereiche hinein. Das sich Menschen dann doch wieder zur anderen Verhaltensweisen wie Barmherzigkeit oder Mitleid entschlössen, was Darwins These widerspreche, das hätte schon Friedrich Nietzsche herausgearbeitet und diesen Selbstwiderspruch auf die Figur des Philisters gebracht. Wir lebten in einem gesellschaftlichen Kontext der die Haltung des „Anything Goes“ propagiert.

Der Ton ist rauer geworden
Für die Ärztin Salveter zeigt sich der Werteverlust unter anderem in der mangelnden Akzeptanz einer anderen Meinung. Der Ton sei rauer geworden, was vor allem ihre Mitarbeiterinnen zu spüren bekämen. Die Höflichkeit des Umgangs miteinander habe sich durch die zunehmende Freiheit der Meinungsäußerung vermindert, dadurch seien Werte verloren gegangen. Sie bemerke eine große Unsicherheit in der Gesellschaft, wie man mit dem Massenangebot an Informationen, Meinungen, Richtungen umgehen solle. Auch die Kirchen hätten ihre Integrationsfunktion verloren, die Leute seien unsicher und das drücke sich in einem Rückgang der Akzeptanz von Werten aus.



Der Schulleiter Bernhard Meffert verblüffte mit einem Zitat von Sokrates, das zeigt, dass der Wertverlust vor rund zweieinhalbtausend Jahren schon genauso thematisiert wurde wie heute: „Die Jugend liebt heutzutage den Luxus, hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität. Sie hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwänzt, wo sie arbeiten soll. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten, sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer“.

Im letzten Jahr habe es einen Spendentag an der Schule gegeben, der verschiedenen Spendenzwecken hätte dienen können. Einer davon war für die Schule ein Kleinspielfeld zu bauen, ein anderer das Anliegen Menschen, die in Not geraten sind, Unterstützung zu gewähren. Die Stiftung, die Menschen hilft, habe bei der freiwilligen Entscheidung jedes Einzelnen mit Abstand den größten Beitrag bekommen. Also seien Werte tatsächlich nicht vorhanden, sondern die Abstraktion von konkretem Verhalten. Sie würden erst wirkungsvoll in einer konkreten Gesellschaft. „Wir verhalten uns, diskutieren darüber und irgendwann kommen wir auf die Idee, dass dahinter ein gemeinsamer Konsens steckt. Das nennen wir dann Wert, beispielsweise Ehrlichkeit“.

Werteverlust in den Familien
Viele der Anwesenden sahen in der sich anschließenden Diskussion das Problem des Werteverlust in den Familien aber auch in der Bildungspolitik. „Wenn wir keine Vorbilder mehr haben, die den Kinder Grenzen setzen, dann kommen wir nicht weiter,“ so eine Teilnehmerin des Forums. Und eine andere ergänzt: „Ohne Abitur ist auch heute noch ein Kind minderwertig“. Für den ehemaligen Leiter der Grundschule in Etzbach, Wolfgang Heinrich, ist die Bewegung „Friday For Future“ jedenfalls ein Wertevermittlungserfolg.

Ein Teilnehmer, der im sozialen Bereich tätig war, berichtete von seiner 25-jährigen Erfahrung mit „Problemkindern“. Die suchten nach einer Orientierung, die in der Verantwortung der Erwachsenen läge. Hans Christoph Pfeifer aus Betzdorf, der seine Grundschulausbildung an einer Realschule absolvierte, stellte an Ulrich Meffert die Frage bezüglich des aktuellen Falls der sogenannten „Resteschule“ in Betzdorf. „Welchen Weg könnte man beschreiten, um die Situation zu verbessern?“ Dieses Problem beschäftigte viele der Anwesenden. Es wäre nicht von Schaden, wenn auch im Diskurs der Kommunen miteinander einmal verdeutlicht würde, was diese Wertfragen für unsere Gesellschaft im Blick auf die Zukunft ausmachten, so Moderator Ulrich Schmalz.

Alle Fragen konnten nicht mehr beantwortet und diskutiert werden, weshalb Ulrich Schmalz vorschlug, noch einmal eine gesonderte Veranstaltung ins Leben zu rufen.

Die nächste Veranstaltung des Marienthaler Forums findet statt am 5. März im Breidenbacher Hof in Betzdorf . Dann referiert Professor Martin Aust von der Universität Bonn über „Die Schatten des Imperiums Russland seit 1991“. (ma)


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