Ausstellung: Als „Bomben auf Betzdorf“ die Stadt zerstörten
Die Vorbereitungen des Geschichtsvereins zur Ausstellung „Bomben auf Betzdorf“ am 12. März 2020 sind in vollem Gange. Das Vorstandsteam des Vereins, Heinz Stock, Gerd Bäumer sowie Hans Schmidt und Karl-Heinz Brato hat sich viel Arbeit gemacht, gemeinsam Recherchen angestellt, ca. 70 Fotos gesichtet und bearbeitet
Betzdorf. „Wir wollen der Bevölkerung zeigen, wie es vor 75 Jahren hier aussah und vor allem den Jüngeren einen Einblick geben, was sich damals hier abspielte“, so der Vorsitzende des Betzdorfer Geschichtsvereins, Heinz Stock, beim Pressegespräch in den Räumen des Vereins.
Der 12. März 1945 ist in der Erinnerung vieler Deutscher ein Tag, der unauslöschliche Wunden in viele Seelen gebrannt hat. Massenhaft Bomben hagelten auf viele deutsche Städte nieder und das, obwohl der Krieg praktisch zu Ende war. Kurz vor Ende des 2. Weltkriegs wurde auch die Kleinstadt Betzdorf an der Sieg durch einen Großangriff der alliierten Luftstreitkräfte in Schutt und Asche gelegt.
Betzdorf war strategisch wichtiges Ziel
Betzdorf war durch seine strategisch wichtige Lage und als Eisenbahn-Knotenpunkt durch das Vorrücken der Westfront ein vorrangiges Ziel der alliierten Luftwaffe. Am Nachmittag des 4. Advent 1944 gingen erste Bomben auf dem Gelände der Turnhalle nieder, vermutlich war das geplante Ziel die Rüstungsgüterfabrik Jung-Jungenthal. Das Haus von Rechtsanwalt Robert Schneider „Am Stößchen“, in dem sich zu diesem Zeitpunkt 15 Personen befanden, die in Betzdorf Schutz gesucht hatten, wurde wohl durch einen Testflug mit dem Bahnhof als eigentlichen Ziel völlig zerstört, alle im Haus befindlichen Menschen unter den Trümmern begaben.
Am 19. Februar wurde Betzdorf erneutes Ziel eines Angriffs. Der Bahnhof mit den Gleisanlagen und logistisch genutzte Gebäude bleiben aufgrund der Tallage weitgehend verschont. Große Teile von Betzdorf allerdings brannten bis in die darauffolgende Nacht, viele Häuser wurden vernichtet und 34 Opfer waren zu beklagen. Drei Wochen später, am 9. März, wurde die Zivilbevölkerung durch Flugblätter mit der Ankündigung „Betzdorf im Loch, wir finden dich doch“, in Angst und Schrecken versetzt.
Schwerstes Bombardement in der Betzdorfer Geschichte
Am 12. März 1945 zwischen 13.12 Uhr und 13.23 Uhr folgte das schwerste Bombardement in der Geschichte von Betzdorf. Elf Minuten lang schütteten die Bomber ihre todbringende Fracht aus. 232 2,5-Zentner-Bomben, 180 3-Zentner-Bomben, 228 5-Zentner-Bomben und unzählige Brand- und Stabbrandbomben, oftmals gefüllt mit flüssigem Phosphor, gingen über die Stadt an der Sieg nieder.
2011 kam bei Erdumwälzungen im Rahmen der Umbaumaßnahmen auf dem AKA-Parkplatz eine zentnerschwere Bombe zum Vorschein. Spezialisten des Kampfmittelräumdienstes Rheonland-Pfalz stellten fest, dass es sich um eine amerikanische 1-Zentner-Bombe handelte. Auch dieses verhältnismäßig kleine Exemplar hätte gewaltigen Schaden anrichten können. Bei der großen Anzahl der Bomben, die nach den Aufzeichnungen der Geschehnisse in Betzdorf im 2. Weltkrieg abgeworfen worden waren, muss befürchtet werden, dass evtl. noch weitere Fundstücke zu Tage gefördert werden.
Zeitzeugin berichtet
Eine Zeitzeugin, Frau Liesel Brühl-Gütelhöfer, als Kind wohnhaft in der Bismarckstraße in Hohenbetzdorf, erinnert sich noch gut an das schreckliche Geschehen, in dessen Folge ihr Elternhaus am 12. Februar 1945 ausgebombt wurde. Sie wird bei der der Ausstellungseröffnung des Betzdorfer Geschichtsvereins davon erzählen.
Von ehemals 1400 Häusern wurden 950 zerstört, davon 170 Gebäude total. 61 Betzdorfer kamen an diesem Nachmittag ums Leben, viele Menschen litten unter den Folgen. Ganze Straßenzüge, vor allem in Hohenbetzdorf, lagen in Schutt und Asche. Das Pfarrhaus, das Gemeindehaus und das Vereinshaus waren zerstört, der ehemals 74 Meter hohe Turm der Ev. Kirche hatten einen Volltreffer erhalten. Zudem ging im rechten Teil des Chorraumes eine Granate nieder, die zeitversetzt um 18.30 Uhr zündete. Durch den sich anschließenden Brand wurde das Dachgestühl völlig zerstört. Tage später, so berichten Augenzeugen, hätten sie Blätter aus den Gesangbüchern der Betzdorfer Kirche in ihrem Ort gefunden.
Massive Keller dienten der Bevölkerung als Luftschutzbunker, ohne die die Liste der Toten sicher noch viel länger wäre. Allerdings setzte der Sauerstoffmangel den Säuglingen und Kleinkindern so zu, dass 80 von ihnen tot von ihren Müttern aus dem Bunker getragen wurden.
Unzählige starben an den Folgen des Krieges
Offizielle Stellen meldeten den Tod von 138 Zivilisten und 36 Soldaten, nur im Frühjahr 1945, nur im Amt Betzdorf. Wie viele wirklich an den schrecklichen Folgen der Kriegsereignisse ihr Leben verloren, das lässt sich nicht einmal erahnen. Das Gedenkbuch des BGV (Betzdorfer Geschichtsverein) listet für den Krieg im Bereich Betzdorf 616 Gefallene, 194 Vermisste, 145 Zivilopfer und zusätzlich 82 sogenannte Bunkerkinder auf.
(Quelle: Vortrag Gerd Bäumer 2015)
Die Ausstellung Haus der Betzdorfer Geschichte in der Bismarckstraße 20 in Betzdorf wird offiziell eröffnet am 12. März 2020 um 17 Uhr.
Termine: 12. und 13. März, 17 bis 20 Uhr. 14. und 15. März, 15 bis 17 Uhr. Eintritt für Erwachsene: 2 Euro. Für interessierte Schulklassen ist es möglich einen Sondertermin mit dem Vorstand des BGV anlässlich Besuch der Ausstellung zu vereinbaren. (ma)
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