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Nachricht vom 12.04.2020    

Der Osterhase ist ein Feldhase

Von Helmi Tischler-Venter

Der Feldhase (Lepus europaeus), wegen seiner sprichwörtlichen Fruchtbarkeit zum „Eierbringer“ an Ostern erklärt, gehört so lange schon zu unserer Kultur, dass er nicht mit nur einem Namen auskommt. Er wird auch Meister Lampe, Mümmelmann, Krummer oder Löffelmann genannt. In unzähligen Kinderbüchern taucht er auf. Berühmt ist er auch durch seine Rolle in Märchen, Fabeln und Redewendungen. Jeder kennt "Der Hase und der Igel" oder die Bezeichnung "Angsthase".

Feldhase. Foto: Wolfgang Tischler

Dierdorf. Letztendlich hat sich der Hase das ja auch selbst zuzuschreiben – immer scheu, schnell und wendig beim Wegrennen. Fotografen können die Flüchtigkeit des Tiers mit ungewollt unscharfen Fotos belegen. Oft sieht man nur seine langen Löffel, wie die bis zu 15 Zentimeter langen Ohren bezeichnet werden, aus dem Gras spitzen. Mit den Ohren kann der Hase ausgezeichnet hören und sich so meist rechtzeitig vor nahenden Gefahren in Sicherheit bringen.

Bei der Flucht macht der Hase mit seinen langen Hinterbeinen große Sprünge. Bis zu drei Meter weit und zwei Meter hoch kann er springen und mit 80 Stundenkilometern hängt er jeden Menschen garantiert ab. Wenn er flitzt und Haken schlägt, sieht man nur das weiße Schwänzchen aufblitzen, in der Fachsprache als Blume bezeichnet. Tagsüber duckt sich der Hase unsichtbar in eine flache Mulde, die Sasse, von der aus er abends auf Futtersuche geht. Er frisst saftige Kräuter, Gräser, Kohlpflanzen, Knollen, Wurzeln oder auch die Rinde junger Bäume, um seine Schneidezähne kurz zu halten. Teile seines Kots nimmt der Mümmelmann wieder auf, um seinen Vitamin B1-Bedarf zu decken.

Um zur Paarung zu gelangen, muss der männliche Rammler in Wettläufen und Boxkämpfen muss seine körperliche Fitness beweisen werden, um die Gust einer Häsin zu gewinnen. Mit dieser Anstrengung erkämpft sich der Rammler nur einen Platz als Samenspender, denn die Häsin paart sich oft mehrmals. So können sich in ihrer Gebärmutter mehrere Embryonen unterschiedlicher Entwicklungsstadien mit unterschiedlichen Vätern befinden.

Doch der Osterhase ist bedroht. Darauf weist der BUND in seinem Apriltipp hin: „Durch die Intensivierung in der Landwirtschaft verliert der Feldhase an Lebensraum und Nahrungsangebot. Gerade Hasenmütter brauchen vielfältige und fettreiche Pflanzenkost für energiereiche Milch für ihre Jungen – doch viele Äcker werden vollständig abgeerntet und Felder so angelegt, dass sie dem Feldhasen keine Versteckmöglichkeiten mehr bieten. Intensiver Maschineneinsatz gefährdet vor allem Junghasen, die auf ihre Tarnung vertrauen und sich in der freien Landschaft verstecken. Zudem vergiften in der Landwirtschaft eingesetzte Dünger und Pestizide die Nahrungsgrundlage des Löffelmanns.“

Es gibt auch positive Nachrichten: Der Hase ist ein Überlebenskünstler. Darauf weist die Deutsche Wildtierstiftung hin. Die Junghasen, die kürzlich - nach einer Tragzeit von 42 Tagen - geboren wurden, wiegen knapp unter 100 Gramm und sind damit etwa so groß wie ein Überraschungs-Ei. Mit dem Säugen ihres Nachwuchses wartet die Häsin bis zur Dunkelheit, um nicht die Aufmerksamkeit von Fressfeinden wie Füchsen, Wildschweinen und Greifvögeln zu erregen. Wenn die Kleinen sich auf den Ackerboden drücken, sind sie perfekt getarnt. „Das stabile Hoch und das trockene Wetter, das wir jetzt haben, hilft ihnen zu überleben“, sagt Dr. Andreas Kinser. Der Experte der Deutschen Wildtier Stiftung hat zum Feldhasen promoviert und weiß sehr genau, dass Junghasen witterungsanfällig sind. „Ist das Frühjahr zu nass, sinken die Überlebenschancen.“ Zwar werden die Kleinen mit offenen Augen geboren, aber erst nach drei bis vier Wochen sind sie selbstständig.



Eine weitere Gefahr geht von der Landwirtschaft aus: „Im Frühjahr werden viele Junghasen beim Bestellen der Felder von landwirtschaftlichen Maschinen untergepflügt oder beim Walzen der Wiesen erdrückt. Im Sommer ist der Bewuchs oft so dicht, dass sie sich nur in den Fahrspuren der Maschinen bewegen können. Ihnen wächst quasi das Getreide über den Kopf. Auch der Speiseplan ist in der intensiven Landwirtschaft nicht so reichlich wie früher. Die Ernährung beschränkt sich im Wesentlichen auf Weizenhalme, Raps und andere Kulturpflanzen“, klagt Kinser.

Auf Osterbildern sind oft Kaninchen anstelle des Hasen abgebildet. Sie gehören zur Familie der Hasen, aber sie bringen nackte und blinde Junge zur Welt (Nesthocker), leben in Gruppen und in unterirdischen Bauten. Wenn sich Kaninchen bedroht fühlen, klopfen sie mit den Hinterläufen auf den Boden, um die anderen Gruppenmitglieder zu warnen. Hasen sind dagegen Einzelgänger. Deutlich zu erkennen sind die längeren Ohren und Hinterbeine des Hasen, außerdem verfügen Hasen über einen kürzeren Jochbeinfortsatz im Vergleich zu Kaninchen.

Naturfreunde konnten eine Erholung des Hasenbestands beobachten, denn nach Jahren gänzlicher Abwesenheit sieht man in diesem Jahr hin und wieder einen Hasen aus dem Unterholz brechen und über Wiesen rennen.

Angesichts des schönen Frühlingswetters gibt der BUND Beobachtungstipps: „Der Feldhase bevorzugt trockene, offene Flächen wie Äcker, Weiden oder Wiesen, wo man ihn jetzt zur Frühlingszeit nicht nur in der Morgen- und Abenddämmerung sondern auch tagsüber beobachten kann. Aber genau hinsehen muss man schon, denn gut getarnt und bewegungslos an den Erdboden geschmiegt, kann man Meister Lampe leicht übersehen.“ htv



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