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Nachricht vom 03.12.2020    

Gastkommentar zu Wölfen im Westerwald: Herausforderungen lösbar

GASTKOMMENTAR | Der Naturliebhaber Markus Dübbert schilderte für die Kuriere bereits seine Begegnungen mit Wölfen. Seine Forderung damals wie heute: Auf allen Ebenen müsse ein Umdenken erfolgen, um den Schutz der Wölfe mit den berechtigten Interessen der Tierhalter und Landwirte in Einklang zu bringen. In einem Gastkommentar führt er nun seine Beobachtungen und Schlussfolgerungen aus.

Symbolfoto: Wolfgang Tischler

Bei meinen Begegnungen mit dem Wolf habe ich gesehen: Wölfe haben keinerlei Interesse am Menschen. Sie ignorieren uns. Sie registrieren den Menschen, wie sie alles in ihrer Umgebung registrieren, und machen dann weiter mit ihrem Job. Allerhöchstens die jungen Wölfe bleiben kurz stehen und schauen, und laufen dann weiter.

Jeder Hund oder Fuchs schenkt dem Menschen mehr Aufmerksamkeit. Das ganze Mystische, emotional Aufgeladene oder Märchenhafte über den Wolf: es stürzt in sich zusammen, wenn man dem Tier begegnet. Der Wolf ist scheu und vorsichtig, aus gutem Grund: er jagt nun mal, so sieht es die Natur in seinem Falle vor, auch größere Tiere als er selbst. Dabei gibt es ein enormes Verletzungsrisiko für ihn: der Tritt eines ausgewachsenen Rehes kann sein Todesurteil sein.

Es gibt keinen Tierarzt im Wald. Dennoch findet er hier im Westerwald einen gedeckten Tisch: die Rehe, so mein Eindruck, fühlen sich auf den abgeholzten Fichten-Lichtungen wohl. Die Wölfe brauchen quasi nur von Lichtung zu Lichtung ziehen. Natürlich inspizieren sie auch Nutztiere am oder vielleicht sogar im Dorf. Sie schauen, ob diese für sie interessant sind. Das ist aber ein ganz normales Verhalten für den Wolf. Das machen sie auch im Wald so.

Der Wolf ist wie oben beschrieben, sehr wählerisch. Ich denke, er geht so schnell auch nicht an ein ausgewachsenes, gesundes Reh. Wenn der Wolf seine Umgebung scannt und sich dem Dorf nähert, hat das auch hier mit dem Menschen überhaupt nichts zu tun. Er interessiert sich im Wald nicht für den Menschen, und im Dorf auch nicht.

Meine persönliche Meinung zum Angriff auf die Rinder: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Wölfe hier wirklich ein Rind reißen wollten. Sie sind über die Weide gelaufen und haben geschaut. Vielleicht haben die Welpen getestet, wie nahe sie rankommen, oder die Eltern haben versucht, es ihnen zu zeigen. Das müssen sie, denn nur so können die Welpen lernen und überleben.



Aber einen Angriff oder eine Jagd bei der günstigen Nahrungssituation (genügend Rehe)? Warum sollten sie das riskieren? Nach meinen Informationen sind Rinder ab einem gewissen Alter keine Beute für Wölfe, es gibt deutschlandweit wenige Fälle, wo der Wolf ein älteres Rind reißt.

Die Forderung nach Änderung des Jagdrechts in dieser Situation, zu diesem Zeitpunkt hier im Westerwald, ist meiner Meinung nach absurd. Solange hier kein Herdenschutz praktiziert wird, ändert auch die Tötung eines einzelnen Wolfes nichts daran, dass ungeschützte Nutztiere gefährdet sind. Oder will man das ganze Rudel ausrotten? Das ist schwer möglich. Der Wolf ist viel zu schlau dafür, es würde Jahre dauern und Unsummen an Geld und Ressourcen verschlingen.

Von den rechtlichen Hindernissen mal ganz abgesehen. Warum wird hier der Begriff Jagdrecht überhaupt ins Spiel gebracht? Herdenschutz ist das Stichwort. Hier sollten alle an einem Strang ziehen und den Bauern so viel Hilfe wie möglich zukommen lassen. Die Gesellschaft will den Wolf, die Gesellschaft muss aber auch gewisse Risiken mittragen und darf die Landwirte nicht alleine damit lassen. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass der Landwirt dafür haften soll, wenn ein Wolf seine Herde aufscheucht und dadurch Schäden entstehen. Das müsste gemeinschaftlich getragen werden.

Es bleibt viel zu tun, insbesondere die Politik ist hier gefragt. Es reicht bei weitem nicht aus, den Landwirten nur den Zaun zu finanzieren. Der Wolf stellt uns vor gewisse Herausforderungen, aber die kann man, so denke ich, lösen, wenn alle ihren Teil dazu beitragen. Dafür ist unsere Natur dann um ein wunderbares Tier reicher. (Markus Dübbert)


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