Naturschutzinitiative: Keine Windindustrie auf Stegskopf!
Das nationale Kulturerbe Stegskopf müsse Naturschutzgebiet werden – das fordert der Verein Naturschutzinitiative. Die Aktivisten um dem bekannten Naturschützer Harry Neumann machen unmissverständlich klar: Eine Industrialisierung des Stegskopfes werden sie nicht hinnehmen. Von der Gemeinde Emmerzhausen zeigt sich die Initiative enttäuscht. Der Landesregierung und besonders dem von den Grünen geführten Umweltministerium macht sie schwere Vorwürfe.
Emmerzhausen. Der Stegskopf sei ein einzigartiges ökologisches Juwel, ein Hotspot an biologischer Vielfalt und von landesweiter Bedeutung für den Natur-, Landschafts- und Artenschutz. Gerade wegen seiner ökologischen Bedeutung sei der ehemalige Truppenübungsplatz in das Nationale Naturerbe aufgenommen worden. Er gehöre jetzt zum Tafelsilber der Bundesrepublik Deutschland. So weit so gut. Viele werden dieser Beurteilung der Naturschutzinitiative um den ehemaligen Landesvorsitzenden des BUND wahrscheinlich noch zustimmen können. Aber hier hört die aktuelle Pressemitteilung des Vereins nicht auf. Denn weiter heißt es darin:
Wer im Zeitalter des Artensterbens, dem Verlust an Biodiversität, der Zerstörung von Lebensräumen jetzt wieder auf die Idee komme, in einem Nationalen Naturerbe Windindustrieanlagen und ein Logistiklager mit Schwerlastverkehr errichten zu wollen, handelt völlig verantwortungslos gegenüber unseren Lebensgrundlagen. Daher müsse das Nationale Naturerbe auch Naturschutzgebiet werden und zwar auf der gesamten Fläche.
Rheinland-Pfalz gehöre sowohl in der Personalausstattung seiner Naturschutzbehörden, der Vogelschutzwarte als auch in der Ausweisung von Naturschutzgebieten zu den bundesweiten Schlusslichtern. Überproportionale Personaleinstellungen gebe es offensichtlich nur im Ministerbüro der noch amtierenden Umweltministerin Ulrike Höfken, schreibt die Naturschutzinitiative sarkastisch. In den vergangen sechs Jahren seien im Bereich der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord lediglich drei Naturschutzgebiete ausgewiesen worden, davon kein einziges im nördlichen Rheinland-Pfalz. Auch aktuell gebe es keine Unterschutzstellungsverfahren.
Die Naturschutzinitiative fordert das Land erneut auf, „endlich Verantwortung für den Stegskopf zu übernehmen und das Nationale Naturerbe Stegskopf auch als Naturschutzgebiet auszuweisen. Es ist für die Naturschutzinitiative e.V. (NI) unverständlich und ein Armutszeugnis, dass sich das Umweltministerium und die SGD Nord seit fast 10 Jahren dieser Verantwortung entziehen.“
Der Zweck von Naturschutzgebieten sei unter anderem die Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen, Lebensgemeinschaften bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten, wissenschaftliche und landeskundliche Gründe oder deren Seltenheit, besondere Eigenart oder hervorragende Schönheit. Alles das sei auf dem Stegskopf gegeben und dürfe nicht zerstört werden.
Die Laubmischwälder auf dem Stegskopf seien ein sehr gutes Beispiel, wie in Anbetracht der beiden letzten Hitzesommer Wälder der Zukunft als Ökosystem aussehen sollten: Wiederbewaldung durch natürliche Sukzession, deutlich mehr Biomasse als in den bislang überwiegend ökonomisch bewirtschafteten Wäldern, deutliche Erhöhung des Baumbestandsalters, Zulassen von Alters- und Zerfallsphasen, Zulassung einer natürlichen Walddynamik, Orientierung der Baumartenvielfalt an einheimischen Waldgesellschaften, höhere Biodiversität, Mikrohabitate- und Strukturen für Vögel, Fledermäuse, Insekten, Karnivoren, Moose, Flechten, Verbleib von Wasser im Wald anstatt Entwässerung und Versiegelung, kein Schirmschlag (als vorgezogener Kahlschlag), der das Kronendach schädigt. Daher seien auf dem Stegskopf auch so gut wie keine Schäden durch die beiden letzten heißen Sommer zu erkennen und es sei reichlich Wasser vorhanden.
Die Ausweisung eines Gewerbe- und Industriegebietes im Lager Stegskopf, angrenzend an eines der größten und wertvollsten Nationalen Naturerbeflächen in Westdeutschland und dem größten in Rheinland-Pfalz, wird durch die NI nicht akzeptiert.
Dies wäre neben dem zu erwartenden Schaden für das Nationale Naturerbe, das europäische FFH- und Vogelschutzgebiet und die angrenzenden Naturschutzgebiete auch wirtschaftlich nicht sinnvoll, da unmittelbar benachbart große Industriegebiete an der B 54 in überreichlichem Maße zur Verfügung stehen (Siegerland Flughafen/Burbach). „Der Wachstumswahn muss aufhören, auch in Emmerzhausen. Anstatt immer wieder neue Industrie- und Gewerbegebiete zu planen, ständig weitere Flächen zu versiegeln, Lebensräume zu zerstören und damit den Artenrückgang und das Insektensterben noch weiter zu fördern und das Klima aufzuheizen, sollten interkommunale Kooperationen über Landes- und Gemeindegrenzen hinaus vereinbart werden“, fordert die Naturschutzinitiative.
Man müsse nicht alles industriell und gewerblich nutzen. Natur, Menschen und Wildtiere bräuchten auch ungestörte Flächen, von denen es kaum noch welche gebe. Diesen Zweck erfüllten gerade die Nationalen Naturerbeflächen. Dazu passe es sehr gut, das ehemalige Lager als Kulturdenkmal auszuweisen. Naturschutzinitiative habe immer erklärt, dass sie sich hier eine naturverträgliche Nutzung mit kleinen Handwerksbetrieben, Start-up Unternehmen, einem Kultur- und Informationszentrum und sanftem Tourismus gut vorstellen können. Auf alle diese Vorschläge ist die Gemeinde Emmerzhausen bisher leider nicht eingegangen. Stattdessen betreibe sie „Industriepolitik von vorgestern“.
Abschließend schreibt die Naturschutzinitiative: „Wir werden die Industrialisierung des Stegskopfes, gleich in welcher Form, nicht klaglos hinnehmen. Natur-, Landschafts- und Klimaschutz sind auf dem Dach des Westerwaldes nicht verhandelbar, denn unsere Lebensgrundlage ist Natur, nicht Beton.“ (PM)
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