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Nachricht vom 01.10.2010    

Clement: Freude an der Zukunft entwickeln

"Verantwortung in Zeiten des Umbruchs - Was jetzt zu tun ist", unter diesem Motto stand ein Vortragsabend mit dem einstigen Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und ehemaligen Ministerpräsidenten von NRW, Wolfgang Clement, zu dem die Westerwald Bank eingeladen hatte. Rund 700 Personen füllten das Kulturwerk Wissen und folgten dem Vortrag und der Podiumsdiskussion. Schlagwortartig ging Clement auf die drängenden Probleme der Zeit ein und forderte von den Deutschen ein Umdenken. Mehr Eigenverantwortung, weniger Staat und ein klares Bekenntnis zu Europa mit dem Innovationsmotor Deutschland standen im Fokus.

Einst Superminister für Wirtschaft und Arbeit unter Rot-Grün und auch NRW-Ministerpräsident, Wolfgang Clement fordert von den Deutschen mehr Eigenverantwortung. Fotos: Helga Wienand

Wissen. Rund 700 Personen waren der Einladung der Westerwald Bank gefolgt und ins Kulturwerk Wissen gekommen, um Wolfgang Clement zu hören. Es waren aus dem Verbreitungsgebiet der Bank Busse eingesetzt worden und die Freude über das große Interesse drückte Vorstandssprecher Wilhelm Höser aus. „Wir wollen eine offene Diskussion zu Fragen der Zeit zulassen, und auch Persönlichkeiten zur Diskussion stellen, die nicht parteienorientiert sind“, sagte Höser. Er erinnerte im Grußwort an die Krise, die nun anders verlaufe, als man gedacht habe. "Aber man darf die Augen vor den sich abzeichnenden Problemen nicht verschließen, wir wollen die Herausforderungen der Zeit an diesem Abend diskutieren und mit Wolfgang Clement haben wir einen spannenden Partner gefunden", so Höser.
Der einstige Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (2002 bis 2005) und Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen begann mit Humor den Einstieg ins Thema. "Verantwortung in Zeiten des Umbruchs - Was jetzt zu tun ist", so war der Abend überschrieben. "Ich bin froh bei einer Bank zu Gast zu sein, wo man sich ohne Probleme sehen lassen kann", so Clement. Die Bedeutung der kleinen Banken werde auch in Europa erkannt und Deutschland fahre mit dem System der Genossenschaftsbanken und Sparkassen gut. Dass mit öffentlichen Geldern an den internationalen Finanzmärkten wieder gezockt werde, kritisierte Clement, und er wetterte auf die Boni-Regelungen der Banken. "Die Politik ist gefordert, hier Ordnungsrahmen zu setzen, darf aber nicht die Kontrolle übernehmen, da sind die Bankvorstände gefragt", so Clement. Im Vortrag ging er unter anderem auf die Jugendarbeitslosigkeit als Kernproblem moderner Gesellschaften ein. Erfreulich sei die sinkende Arbeitslosenquote in Deutschland, unerwähnt blieb der rasante Anstieg der Menschen, die im Niedriglohnsektor ihr Auskommen suchen müssen und in mehreren Jobs arbeiten (müssen).
Clement führte aus, dass Deutschland Jahrzehnte über seine Verhältnisse gelebt habe und nun müsse man zur Kenntnis nehmen, dass der demografische Wandel sehr schnell gehe. Die Antworten der Politik reichten da nicht aus, das Land müsse seine Mitte wiederfinden. Eigeninitiave und Eigenverantwortung seien gefragt, nicht der Ruf nach dem Staat. Er hielt ein Plädoyer für die Erhöhung des Renteneintrittsalters und forderte ein Umdenken, vor allem von den Unternehmen. "Warum soll jemand nicht bis 70 arbeiten, wenn er fit und gesund ist", fragte er.
Zur 5 Euro-Erhöhung der Hartz-IV Regelsätze gab es keinen Kommentar, Clement möchte das Geld in die Zukunft der Kinder investieren. "Wir dürfen nicht zulassen, dass ein Kind in diesem Land ohne Schulabschluss bleibt", so Clement. Ein klares Ja zur Kernernergie sprach der einstige Superminister aus und glaubt, dass die Entscheidung der Regierung zur Laufzeitverlängerung richtig ist. Man müsse auch laut darüber nachdenken, dass die Ordnung des Staates einen Umbau brauche. "Wir brauchen keine 16 Bundesländer, von denen elf nicht in der Lage sind, die eigenen Probleme zu lösen", sagte Clement. Schlagwortartig brachte er weitere Forderungen auf den Punkt, so unter anderem die Abschaffung des öffentlichen Dienstes für Lehrer und Hochschulen. Die Deutschen seien zu pessimistisch, es fehle der Gesellschaft an Orientierung und an Visionen. Selbstveranwortung und Eigeninitiative seien gefragt. Die Deutschen müssten wieder Freude an der Zukunft entwickeln, forderte der 70-Jährige.
In der Podiumsdiskussion mit Christian Opitz von WW-TV gab es natürlich auch das Thema Thilo Sarrazzin. Clement hält Sarrazin für einen guten Finanzwissenschaftler, er habe Probleme aufgegriffen, die da seien. Es gebe in der Politik auch Betonköpfe, die vieles nicht verstehen. "Ich habe da in NRW auch Fehler gemacht", räumte Clement mit Blick auf existierende Parallelgesellschaften ein. "Wir dürfen nicht über das Thema Integration nur diskutieren, sondern wir müssen jetzt endlich handeln", so die Forderung.
Clement wünscht sich die Vereingten Staaten von Europa mit Nachdruck. Denn sonst werde die Welt von Amerika und China gestaltet. Noch genieße Deutschland ein hohes Ansehen in der Welt und man müsse jetzt endlich die Bremsen im eigenen Land lösen, damit es auch so bleibe. „Deutschland muss Innovationsmotor in Europa bleiben“, sagte Clement unter großem Beifall. Im Anschluss wurde aber auch im Publikum lebhaft diskutiert und heftig kritisiert, das Politiker anscheinend kein Gedächtnis besitzen und für ihre Fehlentscheidungen keinerlei Verantwortung tragen müssen. Denn letztlich habe ja auch ein ehemaliger Minister Clement zum Desaster und zur Krise beigetragen. "Die haben alle ihre Pfründe sicher, und wir sollen jetzt die Karre aus dem Dreck ziehen", so ein Inhaber eines mittelständischen Unternehmens. Kritisiert wurde auch im Publikum auch das Abwälzen der Verantwortung der Politik auf den Bürger, indem immer mehr Eigenverantwortung ins Zentrum gerückt werde. "Der Bürger wird verantwortlich gemacht und muss für die Fehler der Politiker bezahlen", so ein Kommentar. (hw)



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