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Nachricht vom 01.02.2021    

Forderung von Kirchener Schulleiter: Gesundheitsschutz jetzt massiv ausbauen

Von Daniel-David Pirker

Öffnungen der Grundschulen ab 1. Februar - davon ist die Landesregierung mittlerweile abgerückt. Der Leiter der Kirchener Michaelschule Lamowski hatte zuvor die ursprüngliche Entscheidung massiv kritisiert. Ist der Rückzieher der Ampelkoalition nun Grund zur Entspannung für den Gewerkschaftler? Definitiv nicht!

Lars Lamowski ist Leiter der Kirchener Grundschule und stellvertretender Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). (Fotos: VBE, ddp)

Kirchen/Region. Versetzung gefährdet. Müsste der Leiter der Kirchener Grundschule der Landesregierung ein Zeugnis ausstellen, käme die Schulpolitik der Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz schlecht weg.

Lars Lamowski hat es als Landes-Vize des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) mittlerweile zu einer gewissen Bekanntheit in ganz Deutschland gebracht – ist gefragter Gesprächspartner für Medien, wenn es darum geht, zu erklären, was die Politik in Sachen Corona und Schule falsch macht. Er und der VBE hatten heftig das Ausscheren der Landesregierung aus den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz kritisiert. Denn bis vor wenigen Tagen stand eigentlich fest: Die Grundschulen werden in Rheinland-Pfalz unter Aussetzung der Präsenzpflicht wieder geöffnet ab Montag, den 1. Februar. Und zwar entgegen der Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz, die Schließungen bis zum 14. Februar vorgesehen hatte. Der Unterricht hätte im Wechselmodell stattfinden sollen.

Doch dann der große Rückzieher: Nachdem Baden-Württemberg seinen gleichen Beschluss zurückgenommen hatte, folgte die Regierung Dreyer dem Nachbarland. Schulen sollen nun doch geschlossen bleiben bis mindestens Mitte Februar. Begründung: die erhöhte Gefahr durch die Virus-Mutation.

Stimmung im Lehrerkollegium angespannt

Für den Gewerkschaftler und Grundschulleiter Lamowski sei das vorherige Ausscheren von Rheinland-Pfalz aus dem gemeinsamen Beschluss mit den anderen Ländern dem Wahlkampf geschuldet gewesen, und zwar auf Kosten von Schülern und Lehrern. Kinder bräuchten eigentlich Kontinuität, so Lamowski. „Dieses ständige Hin-und-Her macht auch was mit den Kindern.“ Und die Stimmung unter den Lehrer-Kollegen, die der Pandemie unglaublich engagiert gegenübergetreten seien: angespannt. Die Situation werde als belastend empfunden.

Selbst Lehrkräfte, die offiziell in Teilzeit arbeiten, säßen teilweise von morgens bis abends vor dem PC-Bildschirm. Arbeitspläne auf die entsprechende Plattform hochzuladen, funktioniere meist nur spätnachts oder früh am Morgen. Erschwerend kommt für die Kirchener Michaelschule hinzu: Seit neun Monaten hat die Einrichtung auf dem Molzberg Breitband „vor der Tür“, doch aufgrund der bürokratischen Hürden könne die schnelle Internetanbindung nicht nach innen verlegt werden.

Doch wie Schüler und Lehrer vor Ansteckungen schützen? Die Landesregierung setzte hier vor allem auf regelmäßiges Lüften. Zudem hatte sie ein Förderprogramm in Höhe von 6 Millionen Euro ins Leben gerufen für die Anschaffung von Luftfiltergeräten. Der Haken: Die Förderung greift nur für Räume, die nicht gelüftet werden können, also etwa Kellerräume. So gut wie alle Klassenzimmer sind also ausgenommen.

Vorerst keine Impfung für Lehrpersonal aus Risikogruppen

Und wie sieht es mit Masken für das Lehrpersonal aus? Laut Lamowski wurde mangelhafte Ware ohne CE-Siegel geliefert. „Es hieß dann sogar, wir sollten die lieber wieder entsorgen.“ Seit einigen Tagen gebe es nun die Zusage, dass nachgeliefert werde – allerdings wieder nur für Lehrkräfte, die Kindern in besonderen Situationen sehr nah kommen müssen, etwa bei Erster Hilfe. Zudem müsste aktiv nachbestellt werden. „Wenn man Schulen schon aufmachen will, muss man sicherstellen, dass sie regelmäßig automatisch beliefert werden, und zwar ohne zusätzliche Anträge“, fordert der VBE-Vize.



Vor dem Hintergrund ist es Lamowski wichtig zu betonen, dass Schule mehr sei als Lehrinnen und Lehrer. An seiner Grundschule (inklusive der Herkersdorfer Außenstelle) arbeiten beispielsweise 23 Lehrkräfte. Doch insgesamt werden knapp 60 Mitarbeiter beschäftigt, darunter unter anderem pädagogische Fachkräfte oder Sekretärinnen und Hausmeister. Hinzu kommt: Lehrer und Fachkräfte, die zur Risikogruppe gehören, werden sich vorerst nicht für Impfungen anmelden können.

Insgesamt sind an dem Standort auf dem Molzberg sowie an der Herkersdorfer Außenstelle knapp 60 Mitarbeiter beschäftigt.

Also sollten Schulen so lange wie möglich geschlossen bleiben? Auf keinen Fall, findet Lamowski. Fernunterricht könne nie die gleiche Qualität erreichen wie der Präsenzunterricht – auch wenn es durchaus Schüler gebe, die aufgrund der eingeschränkten Ablenkbarkeit sogar profitieren. Doch gerade Kinder aus sozial schwächeren Schichten leiden in besonderem Maß an geschlossenen Schulen, ist sich Lamowski bewusst. Aber diese gefährdete Gruppe hole man gezielt in die Notbetreuung, um den schlimmsten Effekten vorzubeugen. Dabei gehe seine Einrichtung wie auch die anderen Grundschulen im Land gewissenhaft vor, unter Beachtung entsprechender Schutzmaßnahmen.

Schulleiter hat Hoffnung nicht aufgegeben

Und für den Schulleiter ist klar: Die kommenden zwei weiteren Wochen ohne Präsenzunterricht würden keinem Schüler schaden. Durch das Zurücknehmen des Öffnungs-Beschlusses hätte das Land nun die Chance, Schutzmaßnahmen für alle Beteiligten vorzubereiten.

Tatsächlich hatte die Regierung bereits einen Plan vorgestellt, als sie die ursprünglich angedachte Öffnung (im Wechselunterrichtmodell) öffentlich erläuterte. Aus Sicht von Lamowski wurde dies allerdings nicht ausreichend durchdacht und mit den Praktikern vor Ort erörtert.

Damals hatte die Landesregierung auf 48 Millionen Euro im Nachtragshaushalt verwiesen, die für Vertretungsbedarfe zur Verfügung stünden. Außerdem wurde unter anderem die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern angekündigt. Damals hieß es in dem entsprechenden Pressetext: „Gemeinsam mit den Volkshochschulen werden wir bereits ab dem Frühjahr Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen am Nachmittag in Deutsch und Mathematik unterstützen. Dafür setzen wir 1 Million Euro für etwa 1.700 Kurse ein.“

Allerdings bestünde laut dem VBE-Vize bereits jetzt schon erheblicher Lehrermangel. Das Land wolle vermeiden, in Planstellen für ausgebildete Fachkräfte zu investieren: „Wir brauchen aber jetzt grundständig ausgebildete Lehrkräfte, die Kinder in dieser Situation zusätzlich unterstützen.“

Seine grundsätzliche Einschätzung der angekündigten Maßnahmen: „Das reicht angesichts der gefährlichen Virus-Mutation nicht aus.“ Für die kommenden Wochen hat der Schulleiter zumindest die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Landesregierung endlich damit beginnt, den Gesundheitsschutz hochzufahren. (ddp)


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